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Das Loch in mir stopfen

Wer mir auf Instagram folgt hat vielleicht mitbekommen, dass ich derzeit das Wildfit Programm (Öffnet in neuem Fenster) mache. Es ist ein Programm, in dem man seine Beziehung zu Essen und Ernährung grundlegend auf den Kopf stellt und im Laufe von 12 Wochen zur ureigentlichen, natürlichen Ernährung zurückgeht. Im Moment befinde ich mich in Woche 7 im Frühling. Es ist vermutlich die schwierigste Phase, denn es ist die, in der die wenigsten Nahrungsmittel erlaubt sind. Die aber den höchsten Effekt haben wir. Wann der eintritt... ich warte noch... 

Ich habe bereits 4 Wochen keinen Zucker mehr gegessen. 3 Wochen ohne Kohlenhydrate und jetzt begebe ich mich in Woche 3 ohne Kaffee, ohne Obst und ohne Hülsenfrüchte. Dass das überhaupt möglich ist, hätte ich nie gedacht. Ich will gar nicht so sehr in das Wieso und Weshalb und wie kann man nur einsteigen. Dafür ist das Programm da, ich bin hier kein Sprachrohr dafür. Aber ich weiß, dass es gut für mich ist und vermutlich das beste, was ich hinsichtlich Ernährung je gemacht habe. 

Wie das aber so ist mit einer Challenge bzw. wenn man sich mit etwas beschäftigt, hat das so seine Auswirkungen auf alle anderen Lebensbereiche. Denn natürlich gibt es die Menschen, die bereits die großen Effekte spüren. Die sozusagen "schon da sind". Und das ist für mich schwierig, denn ich merke, ich lande in meinem alten Glaubenssatz: "Das funktioniert bei mir nicht. Das ist für mich nicht möglich." oder einfacher auf Englisch: "It's not available to me."

Ich habe da heute drüber nachgedacht. Und festgestellt, dass ich den schon immer mit mir herumtrage. Da gab es immer Menschen in meinem Leben, die alles zu haben schienen, was ich nicht hatte und nie haben würde. 

Da war die Freundin, die damals Verwandte im Westen hatte. Und immer irgendwelche tollen Spielzeuge von drüben hatte. Barbies. Hörspielkassetten. Mickey Mouse Pullis. Ich hatte das nicht. Dann war da später die Freundin, die gefühlt alles bekam, was sie wollte, weil ihre Eltern viel Geld hatten. Nicht zu erwähnen die Noten, die diese Freundinnen immer in der Schule einfuhren ohne irgendwas dafür tun zu müssen. Das Glück hatte ich nicht. Es gab die Freundin, die so viel kreativer war als ich, die ein bisschen wie Pippi Langstrumpf aufgewachsen war in einem riesigen Haus mit Garten. Ich war ein Plattenkind. Da war die Freundin, die volles Bafög bekam, während ich nach ein paar verkackten Prüfungen zusehen musste, wo mein Geld herkam. Da ist die Freundin, die Künstlerin ist. Erfolgreich in einem Bereich, in dem ich es "nicht schaffe". Die Freundin, die scheinbar die perfekte Beziehung lebt. Und wenn ich so weiter mache, wird da immer die Freundin sein, die... 

Wenn ich so weitermache, werde ich nicht nicht das erreichen, was ich erreichen will. Ich werde auch nie sehen, was ich bereits erreicht habe. Ich werde meine eigene Kreativität nicht sehen, meine Schreibfreude nicht wahrnehmen. Ich werde meinen Humor nicht leben und meine Kinder nicht in ihrem vollen Potenzial leuchten sehen. Ich werde nicht erkennen, dass immer das, was ich brauche, genau vor meiner Nase ist. Dass ich immer, wenn es drauf ankam, die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich werde nie sehen, wie erfolgreich ich darin bin mein Leben mit all seinen kleinen und großen Hürden meistere. Ich werde nicht anerkennen, wie wertvoll ich für andere bin. 

Und im Wildfit Programm übersehe ich, dass ich bereits sämtliche Giftstoffe aus meinem Körper gespült habe. Ich werde nicht wahrnehmen, dass ich bereits ohne Kaffee und Zucker wunderbar durch den Tag komme. Dass ich durch das viele Trinken von Wasser meine Blase soweit trainiert habe, dass ich eben NICHT mehr hundert Mal am Tag aufs WC muss (was mich immer davon abgehalten hat viel zu trinken). Ich werde auch nicht checken, dass meine Extrasystolen weg sind und mein unregelmäßiger Herzschlag sich komplett normalisiert hat. Ich werde auch nicht spüren, dass meine Haut viel weicher ist und ich bereits Bauchfett verloren habe. 

Wir fokussieren uns immer so sehr an dem, was wir nicht haben. Schauen auf das, was nicht da ist. Und übersehen dabei, was wir eigentlich alles haben. Klar, die klassische Dankbarkeitspraxis spielt hier auch mit hinein. Wenn wir es schaffen dankbar zu sein für das, was wir haben, hat das wesentliche Effekte auf unser Wohlbefinden. Dazu gibt es mittlerweile genügend Studien. Dennoch ist das nicht so einfach. Ich spreche da aus Erfahrung. Ich habe lange Zeit geschimpft, denn es wollte mir nicht gelingen. Wenn man am Boden ist, sieht man nicht, dass man wenigstens einen Boden hat, auf dem man liegen kann und dass es zumindest nicht weiter runter geht im Moment. Aber wenn ich ehrlich bin, dann wollte ich das auch nicht sehen. Ich wollte, dass man mich bemitleidet. Ich wollte, dass die anderen sehen, wie schwer ich es habe und mir sagen, warum es mir nicht gelingt da rauszufinden. Ich wollte, dass mir jemand Schritt für Schritt sagt, was ich tun muss, damit ich ein gewisses Ergebnis erreiche. Aber diese Ergebnisse waren groß und die Zwischenerfolge, die konnte und wollte ich nicht wahrnehmen. Ja, aber... So eine Standardantwort, wenn man so so so unzufrieden ist selbst mit dem eigenen Progress. 

Ich bin dankbar, dass mir das heute wieder so klar vor Augen geführt wurde. Als ich mich gefragt habe: "Warum habe ich dauernd Hunger, wenn ich doch dauernd esse?" Weil ich, auch wenn ich satt und voll bin versuche etwas in mir zu stopfen. Das Loch, das die Unzufriedenheit in mir hinterlässt. Das will ich stopfen. Aber das geht nicht mit Essen und nicht mit Geld und auch nicht mit Liebe. Das geht nur, wenn ich sehe. Wahrnehme. Annehme. Spüre. Innehalte und pausiere und sage: Danke! 

Danke Euch fürs Lesen! 

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