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Bundesligist ließ 12-Jährige in einer WG wohnen

Die 19. Ausgabe vom TROPS-Newsletter

Liebe:r Leser:in von TROPS!

Der Newsletter ist zurück aus der – deutlich verlängerten – Sommerpause. 🥳

Ich freue mich sehr, dass du noch dabei bist und werde die Zeitabstände jetzt wieder kürzer halten!

Die letzten Monate habe ich erneut zu den Bedingungen im Nachwuchsfußball recherchiert. In dieser TROPS-Ausgabe möchte ich dir eine kurze Zusammenfassung geben. Dazu findest du Links und das Video der Ausgabe darf natürlich auch nicht fehlen! ✌️

Worum geht's?

  • Der 1. FC Union Berlin ist ein Fußballverein, zu Hause im Stadtteil Köpenick, und spielt in der Bundesliga. Er hat wie alle Vereine der ersten und zweiten Bundesliga ein sogenanntes Nachwuchsleistungszentrum (NLZ). Hier trainieren und spielen Kinder und Jugendliche (Foto: ARD Kontraste) von der U8 bis zur U19. ⚽️

  • Der Verein hat viel versucht, um die besten Spieler zu bekommen. Unsere Recherche für Ippen Investigativ und das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ zeigt: Der Verein hat 12-Jährige in einer WG untergebracht – Eltern nennen die Bedingungen im Nachhinein „katastrophal“. Ein Dokument zeigt außerdem, wie Kinder mit Geld gelockt werden.

  • In der WG ließ der Verein einen 27-jährigen Sportpsychologen als Betreuer wohnen. Kinder und Eltern berichten, er sei oft nicht zu Hause gewesen, die Kinder hätten häufig selbst kochen müssen. Ein Vater erinnert sich an Anrufe vom Sohn. „Papa, wie funktioniert ein Wasserkocher?“

  • Uns liegt außerdem eine „Fördervereinbarung“ von Union vor. Einem damals 12-Jährigen wurde eine monatliche Summe Geld versprochen. Nach drei Jahren sollen 3000 Euro ausgezahlt werden, wenn danach ein „Fördervertrag“ unterschrieben werde. Am Ende wurde der Junge rausgeworfen, das Geld hat die Familie nie bekommen. Die „Vereinbarung“ kannst du dir hier angucken. (Öffnet in neuem Fenster)

  • Die Hoffnung auf einen nächsten Star ist groß. Doch eine neue Studie von Sportwissenschaftler Arne Güllich zeigt: Je früher ein Junge ins Nachwuchsleistungszentrum aufgenommen wird, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er später Fußballprofi wird.

  • Der Verein (Foto: ARD Kontraste) hält die Schilderungen der Eltern für „unglaubwürdig“. Er schreibt außerdem auf Anfrage, das Konzept sehe „Unterstützung in allen Lebensphasen und Erziehung zur altersgerechten Selbständigkeit vor. Bei der Wohnung handelte es sich um einen Erstbezug mit hohem Wohnstandard.“ Die „Vereinbarung“ sei eine „vereinsseitige Unterstützung und ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber dem Spieler“. Sie würde nur selten Anwendung finden.

Die Recherche

Gemeinsam mit „Kontraste“ haben wir von Ippen Investigativ über mehrere Monate mit Spielern, Eltern, Mitspielern und ehemaligen Mitarbeitern des Vereins gesprochen. Dazu liegen uns zahlreiche Chatnachrichten, Videos aus der WG und Vertragsunterlagen vor.

Entstanden sind sowohl ein sehr ausführlicher Text als auch ein TV-Beitrag, der vergangene Woche in der ARD gelaufen ist. 📺

Hier geht es zum Artikel: (Öffnet in neuem Fenster)

https://www.buzzfeed.de/recherchen/katastrophale-betreuung-union-berlin-liess-zwoelfjaehrige-in-wg-wohnen-zr-91138052.html (Öffnet in neuem Fenster)

Und hier findest du den TV-Beitrag von „Kontraste“: (Öffnet in neuem Fenster)

https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/kontraste/videosextern/wie-kinder-zu-profis-gemacht-werden-sollen-und-was-dabei-schieflaufen-kann-104.html (Öffnet in neuem Fenster)

Und: Diese Recherche folgt auf eine Veröffentlichung von uns bei BuzzFeed News Deutschland (heute: Ippen Investigativ) und der Märkischen Allgemeinen Zeitung im Frühjahr. Damals hatten wir darüber berichtet, dass mehrere Jugendliche und deren Eltern dem Verein vorwerfen, minderjährige Spieler schlecht zu behandeln und vor allem Kinder mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund zu benachteiligen (Öffnet in neuem Fenster).

Und jetzt?

  • Nach dem Lesen wirst du dich vielleicht fragen, wieso die Eltern ihre Kinder so lange in der WG gelassen haben, wenn sie die Betreuung als so schlecht wahrgenommen haben. Das haben wir sie auch gefragt. 

  • Sie sagten: Die Kinder wollten unbedingt ihren Traum von einer Fußballkarriere verwirklichen, sie wollten ihnen dabei nicht im Weg stehen. Der Verein hat immer wieder Verbesserungen versprochen. Und letztlich sind die Eltern und Kinder abhängig von dem Wohlwollen des Vereins

  • Ich habe über die Recherche mit dem Nachwuchs-Leiter eines anderen Bundesligisten gesprochen. Er sagte, dass es verantwortungslos von Vereinen sei, die Träume der Jungen und finanzielle Hoffnungen der Eltern auszunutzen.

  • Es klingt vielleicht etwas simpel, aber letztlich ist Fußball ein riesiges Geschäft, alle hoffen auf den nächsten Star. Und da ist der 1. FC Union kein Einzelfall, das wird in vielen Vereinen genauso laufen. Die Vereine, die Eltern – und auch der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga setzen keine ausreichenden Grenzen. Am Ende leiden in vielen Fällen die Kinder.

  • Der Sportwissenschaftler Güllich forscht seit vielen Jahren zu dem Thema, er sagt: Für die vielen Spieler, die es nicht nach oben schaffen, sei die Ausmusterung eine Katastrophe. Über 50 Prozent der Jugendlichen hätten psychische Belastungen, die klinisch relevant sind. „Der Lebenstraum zerplatzt. Das ganze bisherige Leben gibt es nicht mehr. Die eigene Identität geht verloren“, sagt Güllich.

  • Ich möchte zu dem Thema gerne weiterrecherchieren. Wenn du also Interessantes dazu weißt oder Leute kennst, die vielleicht mit mir darüber reden würden, freue ich mich über eine kurze Info. 🙌

Das Video der Ausgabe 📺

Wahrscheinlich kennst du das auch: Sobald irgendwie ein Luftballon herumliegt, schlägt jemand gegen und die nächste versucht, dass der Ball nicht auf den Boden kommt. Nun: Dafür gibt es eine Weltmeisterschaft! 🎈

Deutschland ist sogar Vize-Weltmeister geworden, im Finale gewann Peru. Die Regeln sind sehr klar, es sieht großartig aus und man bekommt selbst Lust auf diesen Sport. Hier ein kurzer Ausschnitt vom Guardian:

https://www.youtube.com/watch?v=Iiigz06_lvM (Öffnet in neuem Fenster)

Wenn du jetzt Lust auf noch mehr Balloon World Cup hast, dann kannst du hier das ganze Finale, über 20 Minuten lang, angucken. (Öffnet in neuem Fenster)

So, das war die Nummer 19 von TROPS! Kennst du noch Leute, für die der Newsletter spannend wäre? Dann kannst du ihn gerne weiterleiten.

Einige TROPS-Leser:innen haben mir in den vergangenen Wochen spannende Texte oder andere Beiträge geschickt. Das werde ich hier alles noch aufarbeiten und euch empfehlen. Wenn du auch Anregungen für Themen hast, antworte mir einfach auf diese E-Mail oder an mail(at)laurenzschreiner.de. Danke!

Ich freue mich auf jeden Fall, dass du mit dabei bist und den Newsletter liest.✌️

Herzlichen Gruß  
dein Laurenz