Was schreibe ich eigentlich: Sachbuch, Ratgeber oder Fachbuch?
Insiderwissen für Abonnent*innen
Liebe Schreibbegeisterte oder einfach am Thema Interessierte,
heute geht es bei "Let me edutain you!" um etwas Orientierung im Dschungel der Begrifflichkeiten Sachbuch, Ratgeber oder Fachbuch.
Tatort: Die Buchhandlung
Ich lade dich heute zu einer Feldrecherche in einer großen gutsortierten Buchhandlung deines Vertrauens ein.
Gehen wir davon aus, dass du schon ein erstes Thema für dein geplantes Sachbuch im Kopf hast. Sicher noch völlig unstrukturiert, noch sehr roh…aber das macht nichts.
Mach diese kleine Übung, denn sie wird dir einen Aha-Effekt für DEIN spezielles Buchprojekt bringen…
Frag die Buchhändler*in nach dem großen Oberthema deines Sachbuches und höre ganz genau zu, welche Fragen sie dir stellt oder welche ähnlichen Bücher sie dir empfiehlt!
Ein Beispiel:
Nehmen wir an, du hast gerade ein Haus gebaut und möchtest nun den Garten gestalten - am besten als einen insektenfreundlichen Naturgarten.
Gute Buchhändler besitzen nicht nur eine sehr gute Waren- sondern auch Menschenkenntnis. Aber Hellsehen können sie nicht – deshalb kommt mit Sicherheit die Nachfrage:
„Was möchten Sie denn genau machen? Wobei soll Ihnen das Buch weiterhelfen?“
Wo holt dich das Buch als Leser*in ab?
1. Möchtest du eher ein unterhaltsames Sachbuch, welches dir vielleicht erstmal Lust auf Gartenarbeit macht, die Vorteile eines Naturgartens erklärt? Vielleicht ein autobiografisches humorvolles Buch einer Familie, die genau vor dem Problem stand und es gelöst hat - mit vielen Anekdoten über ihren Kampf mit Wühlmäusen, Schnecken oder was dir sonst noch einfällt?
2. Oder bist Du der praktische Typ, der einen Ratgeber lesen möchte, mit dem du schon morgen Schritt für Schritt anfangen kannst und mit Listen für Pflanzenempfehlungen in die nächste Gärtnerei ziehst. Ein Ratgeber zu Permakultur im Naturgarten oder zu klimafesten, artenreichen Naturgärten?
3. Vielleicht bist Du aber auch Gartenarchitekt*in und interessierst dich speziell für ein Buch zum „Entwerfen und Gestalten in der Landschaftsarchitektur“?
Es hängt also von einigen Faktoren ab, in welches Regal die Buchhändlerin greift und ob ihre Empfehlung für dich ins Schwarze trifft…
Und daraus folgen einige Fragen für dein Sachbuch-Projekt:
1. Wer ist deine Zielgruppe?
2. Welche Zutaten für die Leser*innen sollen überhaupt in dein Sachbuch – Thema zielgruppenspezifischer Inhalt ?
3. Welcher Schreibstil und welche „Leseransprache“ wären passend?
4. Welches ist der “richtige” Platz für dein Buch im Regal?
Und nun das versprochene Insiderwissen im Detail:
(Der Artikel bleibt noch einige Zeit kostenlos verfügbar und verschwindet dann hinter einer Pay-Wall für Abbonnent*innen)
1. Was ist die Definition eines Non-Fiction Buches, eines Sachbuches?
Wenn ich selbst als „Sachbuch-Autorin“ bezeichnet werde, dann fühle ich mich nur zum Teil korrekt definiert, weil es in diesem Bereich eine etwas kunterbunt zusammengewürfelte Mischung gibt.
Als Biologin liegt mir Klassifizierung. Also her mit Brehms Tierleben oder mit dem Linné für Sachbuch-Autorinnen!
In den Regalen finden wir im übertragenen Sinne Dutzende von „Arten“: Biografen, Tagebuch- und Memoir-Schreiberinnen, Verfasser*innen politischer Schriften, Historiker*innen, schreibende Expert*innen jeglichem Fachs, Anthologie-Spezialisten, Kochbuch-Zusammensteller und Ernährungsbuch-Schreiberinnen, Wellness- & Achtsamkeits-Gurus, Witzesammler usw. usw. - und natürlich die bücherschreibenden Journalist*innen wie mich, die optimalerweise auch noch einen wissenschaftlichen Background haben.
Schauen wir in die Literaturwissenschaft , wo gern gestritten wird – um kleinste Nuancen. Ich empfehle dir „Die kleine Literaturgeschichte des Sachbuches“ (Öffnet in neuem Fenster) ,in der Sachbuchautoren bis 1967 über ihr Metier geschrieben haben (und hier muss ich nicht einmal gendern ).
Wichtigstes prägnantes Zitat für die eiligen Leser*innen:
„Ein Sachbuch ist ….die Darstellung einer Sache mit literarischen Mitteln.“
Es geht also darum, dass du über deine Sache schreibst (deine Expertise) und dies in deinem unverwechselbaren Stil – zum Beispiel in deiner speziellen Art des Storytellings – also kurz: deiner Methode, wie du deine Informationen durch den Einsatz von Geschichten erzählst.
Ein guter Geschichtenerzähler*in holt sein Zuhörer immer auf Augenhöhe an, vermittelt Empathie und zeigt immer, dass er dich und deine Situation gut kennt.
Als Wissenschaftsjournalistin steht bei mir beim Nonfiction-schreiben das Motiv der Genauigkeit und wissenschaftlichen Faktentreue im Vordergrund. Ich bewege mich als Mikrobiologin auch in einer Community, die den „Leitlinien der guten Wissenschaftskommunikation“ (Öffnet in neuem Fenster) folgt.
Das Sachbuch-Schreiben erlaubt es mir, mich detaillierter und länger in eine Thematik einzuarbeiten, als das in Schnelligkeit von aktuellen Ereignissen getriebenen Pressestelle der Fall ist. Beim Bücherschreiben habe ich viel mehr Zeit und Muße für Recherchen, Lektüre von passenden Fachbüchern, Interviews von Expert*innen.
Das was ich sehr gern unter “echten” Sachbüchern verstanden wissen möchte, sind z.B. schon frühe bekannte Werke wie Kruifs „Mikrobenjäger“ - eine Frühgeschichte der Bakteriologie oder „Brot“ Jacobs Entwicklungsgeschichte des Brotes durch die Jahrtausende – oder auch Rachel Carsons „Der stumme Frühling“ – ein großartiges Werk über die Selbstvergiftung der industriellen Massenwelt, in dem sich wissenschaftliches Expertenwissen mit schriftstellerischer Meisterschaft verbindet. Oder auch neuere sehr erfolgreiche Bücher wie z.B. “I contain multitudes /Winzige Gefährten” von Ed Young oder von Stefan Klein z.B. “Die Glücksformel”.
Echte Sachbücher beinhalten:
die Darstellung einer wissenschaftlichen, technischen oder verwandten Entwicklung,
in einer allgemeinverständlichen,
und schriftstellerisch gekonnten Form.
„Der Realitätsgehalt des echten Sachbuches soll nicht Rahmen, nicht Hintergrund, nicht Teil eines solchen Buches sein, sondern sein absoluter Gehalt.“
(Jürgen Thorwald; aus Literaturgeschichte des Sachbuches)
Ein Roman nach Tatsachen ist also auch kein Sachbuch.
Der BUCHREPORT hat ebenfalls eine eigene Vorstellung, was bei deiner eigenen „Darstellung der Sache” im Vordergrund stehen sollte.
Wie die Bestsellerlisten erhoben werdenLink (Öffnet in neuem Fenster)
Hardcover und Paperback
“Bearbeitungen von Sachthemen werden auf den Sachbuch-Bestsellerlisten veröffentlicht, sofern Informations- und Wissensvermittlung klar ersichtlich im Vordergrund steht.”
Taschenbuch:
“Im Sachbuch-Segment werden auch humoristisch überspitzte Berichte, skurrile Zusammenstellungen sowie allgemeine Ratgeber berücksichtigt, jedoch keine Reiseführer, Schul- und Lehrbücher.”
Es geht also in erster Linie um die Weitergabe deines Wissens. Wie du das Buch umsetzt - witzig, in Sächsisch oder Ostfriesisch - ist völlig egal. Solange sich dein Buch genug verkauft, wirst du auf der Spiegel-Liste erscheinen.
An dieser Stelle beschäftigen wir uns noch einmal mit dem wichtigen Thema Verkaufen und dem richtigen Regal.
2. Verlage und ihre Warengruppen
Verlage wollen ganz genau wissen, wo sie dein Buch – im Marketing-Deutsch „positionieren“ – können.
Der Börsenverein des deutschen Buchhandels definiert dafür sogenannte Warengruppen.
Dieser folgende Überblick über die Warengruppen, kann dir helfen, beim Schreiben aufs Wesentliche zu achten.
Was ist ein Sachbuch, Non-Fiction Buch? Genre und Merkmale:
Warengruppe 9: wissensorientiert, mit primär privatem Nutzwert“
Inhalt: Aktuelle Wissensthemen, Information
Zielgruppe: Laienpublikum, das sich in ein Thema einlesen will
Schreibstil: allgemeinverständlich, Fachwörter solltest Du erklären
Beispiele:
Giulia Enders: „Darm mit Charme“
Doris Dörrie: “Lesen, Schreiben, Atmen”
Was ist ein Ratgeber? Genre und Merkmale
Warengruppe 4: „handlungs- oder nutzenorientiert für den privaten Bereich“
Inhalt: Hilfe zu einem ganz konkreten Thema
Zielgruppe: Laienpublikum, das Rat such und danach handeln möchte
Schreibstil: verständlich, Fachwörter solltest Du erklären
Beispiele:
Dagmar von Cramm: “Iss Deinen Darm gesund”
Gabriele L. Rico: “Garantiert schreiben lernen”
Was ist ein Fachbuch? Genre und Merkmale
Warengruppe 5-7: „handlungs- bzw. wissensorientiert mit primär beruflichen oder akademischen Nutzwert“
Inhalt: berufliches oder akademisches Wissen
Zielgruppe: Fachleute, Akademiker*innen, die sich informieren und Gelerntes im Beruf umsetzten möchten,
Schreibstil: „Fachchinesisch“ :-), gerne trotzdem gut lesbar
Beispiele:
Rainer Schmid: “Allergie und Mikrobiota. Systemisches Krankheitsverständnis”
Wolf Schneider: “Deutsch für Profis: Wege zum guten Stil”
Fazit für Dich:
Die alles entscheidende Frage Zu welchem Genre soll dein Buchprojekt gehören?
Eine kleine to-do Liste:
1. Mach dir im Vorfeld Gedanken zu deinem geplanten Buch!
2. Entscheide dich für eine Warengruppe!
3. Stimme Zielgruppe, Inhalt und den Schreibstil darauf ab!
4. Schreib ein erstes Konzept!
Schreib mir gern, ob Dir der Artikel geholfen hat!
Verrätst Du mir, was für ein Buch du schreiben möchtest? Oder weißt du noch gar nicht, worüber du schreiben möchtest.
Dann ist der nächste „Let me edutain me!“ –Newsletter unbedingt etwas für Dich.
Beim nächsten Mal?
Dann geht es darum, DEIN spezielles Thema des Sachbuches zu finden, welches nur DU als Autor*in schreiben kannst.
Dann schreibt mir auch sehr gerne …ich arrangiere wie gesagt für euch Im Dezember ein virtuelles Community-Treffen, wo wir uns wunderbar dazu austauschen können. In Planung ist der Freitag (8. Dezember um 18:30 Uhr
Anmeldung zum Kick-off bitte wieder einfach unter susanne_thiele@gmx.de, dann kann ich den Termin besser planen.
WICHTIG:
Die Sachbuchwerkstatt ist mittlerweile umgezogen und ihr könnt mir im neuen LET Me EDUTAIN YOU- Newsletter folgen unter:
Anmeldung Let me edutain you | Die Sachbuchwerkstatt (Öffnet in neuem Fenster)
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PS: Ich freue mich, wenn euch dieser Newsletter zusagt. Empfehlt ihn sehr gerne weiter über diesen Link zur Anmeldung (Öffnet in neuem Fenster).
Grüße aus dem Mikrobenzirkus
Eure Susanne (Thiele)