12 Denkanstöße, wie Du weniger Zeit auf Social Media verbringst (Teil 1)
25 volle Tage haben Deutsche im Jahr 2023 im Schnitt auf Social Media (Öffnet in neuem Fenster) verbracht. Fast einen ganzen Monat. Was das für jeden Tag bedeutet: 99 Minuten. 1,5 Stunden, die wir jeden Tag nicht für andere Dinge verwenden können.
Süß. Wenn ich in meine Bildschirmzeitanalyse der ersten drei Monate des Jahres schaue, dann stehen da ehrlich gesagt ganz andere Zahlen. Zahlen, die ich vor mit selbst lange gerechtfertigt habe mit “aber das gehört zu meinem Beruf!”. Ja, das tut es - aber meinen Beruf übe ich in erster Linie am Schreibtisch an meinem PC aus, nicht an meinem Handy, so ehrlich muss man ja auch sein. Ich habe mich sehr gestresst gefühlt und mich immer gefragt warum - ich mache doch einen Job, der mir super viel Spaß macht und den ich mir genauso gewünscht habe?! Ja. Aber ich mache ihn rund um die Uhr - und dann sorgt auch der schönste Job für Überlastung.
Also habe ich die Notbremse gezogen und habe Anfang April ziemlich kurzentschlossen verkündet: Ich mache eine Contentpause. Ich produziere keine Reels, Karusselposts und Co mehr und hinterfrage meine Präsenz auf Instagram einmal grundsätzlich. Die Resonanz darauf war groß und sehr einhellig: Mir haben so viele geschrieben, dass die App sie stresst und in so vieler Hinsicht überfordert - und dass sie auch weniger Zeit dort verbringen wollen.
Nach zwei Wochen Content-Abstinenz wurde mir klar: der Content ist nur ein Teil des Problems, mein Scrollen auf der App gehört auch dazu. Heute möchte ich damit anfangen, die Gedanken und Impulse mit dir zu teilen, die mir WIRKLICH geholfen haben, weniger Zeit auf Instagram zu verbringen. Denn ich merke bei mir selbst: Sich einfach vorzunehmen, weniger zu scrollen, funktioniert nicht. Oder nur für ein paar Tage, bevor man dann wieder in das alte Nutzungsverhalten zurückkehrt. Wir müssen etwas tiefer eintauchen in die Funktionsweisen dieser App, um eine ungesunde Gewohnheit durch eine gesündere Routine zu ersetzen.
Ich habe hier ja schon ganz zu Beginn meiner “Smartphone-Diät” über meine Gedanken geschrieben (Öffnet in neuem Fenster) und gezeigt, wie das Buch “Verbunden” von Anna Miller mir den initialen Impuls gegeben hat, mich mit meinem Smartphone- und Social Media-Verhalten auseinanderzusetzen. Der zweite Teil zum heutigen Beitrag erscheint am 8. Juni.
Zum Beitrag gehört auch heute wieder ein Audio, damit ihr den Text auch hören könnt. Wenn ihr “The Happy Worklife” bei Spotify sucht und euch dort mit eurem Steady-Mitglieder-Login anmeldet, bekommt ihr neue “Folgen” auch dort automatisch angezeigt.
Inhalt
Impuls 1: Was suche ich hier eigentlich?
Impuls 2: Was will ich hier machen?
Impuls 3: What’s in it for me?
Impuls 4: Über “Normalität” in sozialen Medien
Impuls 5: Kannst du dich auch NICHT vergleichen?
Impuls 6: Das Kratzen an der Oberfläche
(…to be continued!)
Die folgenden zwölf Impulse sind als aufeinander aufbauende Anleitung gedacht, mit der du dir die relevanten Fragen stellen kannst, um deine Social Media Nutzung zu verändern. Ich bin überzeugt davon, dass ein tieferes Verständnis der Wirkmechanismen und der eigenen Motivation hier viel mehr hilft, als sture Regeln, die man sich selbst auferlegt.
🤳🏻 Impuls 1: Was suche ich hier eigentlich?
Ich habe im ersten Teil schon geschrieben, dass ich mir ein Hintergrundbild fürs Handy gemacht habe, auf dem die Frage steht: Wonach suchst du? Denn wenn wir die App aufmachen (Was wir ja ganz oft völlig im Autopilot tun und es gar nicht wirklich realisieren!), dann suchen wir immer nach irgendetwas. Ablenkung, Unterhaltung, Inspiration, Austausch, Verbundenheit - wonach suchst du?
Sich bewusst zu werden, warum man gerade auf das bunte Instagram-Symbol getippt hat und was man nun hofft, dort zu finden, ist wahnsinnig wichtig. Denn nur so kannst du zwei wichtige Fragen beantworten: Findest du dort, was du suchst? Hättest du das auch woanders, im echten Leben, finden können?
🤳🏻 Impuls 2: Was will ich hier machen?
Wir konsumieren auf Social Media ja nicht nur, wir “senden” oft auch. Oder: einige tun das. Auch hier macht es Sinn, sich einmal zu fragen, WARUM man das tut. Was möchtest du sagen? Welches Bild von dir möchtest du zeigen? Nach welchen Kriterien suchst du Bilder und Videos aus, die du hier zeigst?
Gibt es für deine Message vielleicht auch noch einen anderen Kanal? Warum wählst du Instagram?
🤳🏻 Impuls 3: What’s in it for me?
Was habe ich davon? Wenn du auf Instagram Inhalte teilst oder konsumierst - was kommt am Ende für dich dabei herum? Du investierst schließlich einen Teil deiner (täglichen) Zeit - bekommst du dafür auch etwas zurück? Und: passt das, was du zurückbekommst zu dem, was du hineinsteckst?
An dieser Stelle macht es Sinn eine Input/Output-Liste zu erstellen, bei der du auf der einen Seite notierst, was du in die App hineingibst - wie viel Zeit, welches Wissen, wieviel emotionale Arbeit (um z.B. mit schwierigen Kommentaren umzugehen). Auf der anderen Seite hältst du fest, was die App für dich tut und was sie dir gibt: Reichweite, Inspiration, Kontakte zu Menschen. Ich weiß, dass die letzten beiden schwer zu messen sind, aber versuch’ es!
Hier ist ein pragmatischer Tipp, wie du das tun kannst: Vielleicht hast du auf Impuls 1 und Impuls 3 mit “Inspiration” geantwortet - wie macht man das nun messbar? Denke einmal an die letzten vier Wochen zurück: Wie oft hast du in deinem echten Leben etwas umgesetzt, dass du auf Instagram gesehen hast? Wie viele “Insta-Bekannte” haben es aus der App raus in dein echtes Leben geschafft?
Impuls 4: Über “Normalität” in sozialen Medien
Ob wir wollen oder nicht: das, was wir jeden Tag um uns herum sehen, verändert unsere Vorstellung von "normal”. Nicht von jetzt auf gleich, aber langsam und stetig. Auf diesem subtilen Weg schleichen sich Glaubenssätze und Überzeugungen in unsere Gedanken, die dann unseren Alltag und unsere Entscheidungen beeinflussen.
Das, was wir in sozialen Medien sehen, ist aber in keiner Hinsicht normal. Es ist kuratiert, gefiltert und vor allem nur eine winzige Momentaufnahme eines kleinen Ausschnittes. Wenn du meine Insta-Story aus der Küche siehst, siehst du eine ordentliche Küche und schließt daraus auf den Rest meines Zuhauses. Dass der Vorgarten und Garten wie ein Dschungel aussehen, siehst du nicht. Und den Status meiner Küche eine Stunde später siehst du auch nicht.
Ich habe vor einer Weile auf Threads einen Beitrag geteilt, den ich wirklich “mind-blowing” fand, in dem sinngemäß gesagt wurde: die größte Normalitätsverzerrung in den sozialen Medien ist, dass wir dort niemals Menschen am Handy sehen. Let that sink in.
Also: Egal wie kritisch und reflektiert wir die Inhalte in den sozialen Medien konsumieren - in der großen Masse verändern sie unsere Wahrnehmung, was “normal” ist und “was alle machen” - und zwar auf eine so unbewusste und subtile Art und Weise, dass es uns selbst nicht auffällt.
Impuls 5: Kannst du dich auch NICHT vergleichen?
Ich weiß nicht, wie viele Posts ich in den letzten Jahren auf Instagram schon gesehen habe, die den Grundtenor “Vergleichen ist schlecht, also vergleich dich nicht” hatten. Und dann fühlt man sich selbst sofort schlecht, weil man natürlich einer dieser willensschwachen Menschen ist, die sich irgendwo irgendwie DOCH vergleichen.
Ich glaube, wir können gar nicht anders. Wenn wir uns in einer sozialen Gruppe bewegen (und das ist dein Instagram-Feed letztlich auch), dann ordnen wir uns ein. Wir schauen nach links und rechts und versuchen, unseren Platz zu finden. Das ist nicht unbedingt nur etwas Schlechtes - denn das kann durchaus auch dazu führen, dass man die eigenen Überzeugungen und Ansichten schärft, und sich über die eigene Haltung bewusster wird.
Was ich aber sagen will: Sich auf Instagram NICHT zu vergleichen, ist unmöglich. Was wir sehen, macht etwas mit uns. “Ja, aber dann muss man halt einfach den eigenen Feed so zusammenstellen, dass es passt!” - ja, guter Punkt. Das klappt aber mit automatisch eingespielter Werbung und beworbenen/vorgeschlagenen Posts nur noch begrenzt. Und das bedeutet: du bestimmst nur zu 70%, was du siehst und mit wem du dich vergleichst, den Rest sucht Instagram aus.
Impuls 6: Das Kratzen an der Oberfläche
Instagram erzwingt Oberflächlichkeit. Zum einen, weil Videocontent nur dann funktioniert, wenn er kurz, knackig und möglichst “snackable” ist. Deshalb haben Videos “Hooks”, die dir das Blaue vom Himmel herunter versprechen und hinterher doch inhaltlich nichts Besonderes liefern. Denn wie viel Input passen in 90 Sekunden? Zehn Sätze vielleicht?
Oberflächlichkeit wird auch gefördert, weil es um den “kleinsten gemeinsamen Nenner” geht, wenn ein Post viele Likes bekommen soll. Oder um den größtmöglichen Aufreger, wenn ein Beitrag viele Kommentare bekommen soll. Dinge, denen alle zustimmen können oder Dinge, die möglichst kontrovers sind, funktionieren gut - und beide kratzen inhaltlich trotzdem nur an der Oberfläche.
Wir gewöhnen uns leider an den “Tiefegrad” dessen, was wir täglich sehen - und intensiver in ein Thema einzutauchen wird langsam immer anstrengender. Welche Themen sprechen dich auf Instagram an - wofür interessierst du dich? Kannst du vielleicht dazu auch über ein anderes Medium/ eine andere Plattform längeren Content konsumieren, der mehr in die Tiefe und in Details geht?
So wie hier - schließlich hast du dich hier ja auch dazu entschieden, einmal pro Woche einen längeren Text zum Zeitmanagement zu lesen. Würde dich das vielleicht auch bei anderen Themen zufriedener machen?
Nimm’ dir doch in der nächsten Woche einmal Zeit und gehe die Impulse noch einmal mit einem Zettel und einem Stift durch - und halte deine ganz persönlichen Antworten fest. Mir hat dieser Reflexionsprozess sehr geholfen, das Gefühl von absoluter Überforderung durch die Plattform auseinanderzunehmen, zu analysieren und schließlich für mich gute Entscheidungen zu treffen.
Hier geht es zum Downloadbereich (Öffnet in neuem Fenster): Du findest hier alle bisher veröffentlichten PDFs thematisch sortiert zum Herunterladen. Die Dokumente liegen in “pcloud”, das ist ein Anbieter der ähnlich funktioniert wie Dropbox. Du musst nichts installieren und kein Passwort eingeben, der Link gibt die Datei frei.
Ich wünsche Dir ein schönes & erholsames Wochenende mit ganz viel Zeit!
Liebe Grüße - wir lesen uns in sieben Tagen wieder,