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Willkommen im Fempire.

Es gibt kein feministisches Leben im falschen. Das zu erkennen, spart eine große Menge Grübelei sowie überflüssige Texte, in denen sich Autor_innen durch Fragen quälen müssen wie „Ist es feministisch, sich Botox zu spritzen?“, „Kann ich Feministin sein und den Namen meines Partners annehmen?“, „Sollten Feminist_innen vegan leben?“. Es gibt (zum Glück) keinen Selbsttest im Internet dafür, ob eine Person sich über ihr Verhalten als Feminis_in qualifiziert, keinen Vertrag mit dem Fempire, den man unterzeichnet und keinen Zeitpunkt, an dem man genug Bücher gelesen hat, um sich fortan offiziell als Feminist_in ausgeben zu dürfen. Wer dazu lernen möchte, kann das über Gespräche, TikTok, Vorlesungen oder das schnöde Leben tun. Dieser Newsletter setzt übrigens auch nichts voraus außer ein bisschen Interesse.

Aber natürlich lohnt es sich, genauer hinzuschauen und zu versuchen, die Nuancen zu erkennen und sich vor allem darauf zu besinnen, dass Feminismus eine politische Praxis ist und etwas, das gemeinschaftlich ausgeübt wird. Das unterscheidet Feminismus von reiner Selbstverwirklichung und der Lust an unabhängigen, selbstbestimmten Entscheidungen. In der verkürzten Erzählung des Mainstream-Feminismus ist jedoch in den letzten Jahren immer wieder das Missverständnis aufgetreten, dass all das, was eine Frau entscheidet, feministisch sei.

„Ich bin Feministin, weil ich mich für Karriere entschieden habe und aus den alten Rollenmustern für Frauen ausbreche.“

„Ich bin Feministin, weil ich mich von den Erwartungen löse, heute auf jeden Fall finanziell unabhängig zu sein und stattdessen dafür entscheide, Hausfrau zu sein.“

Na, ihr merkt es vermutlich selbst. Das führt Feminismus relativ schnell ad absurdum. So kann man dann wirklich jede Entscheidung mit einer feministischen Haltung in Verbindung bringen. Genau dieser Denkfehler passiert ja auch bei der Geschlechterquote für Führungsgremien. Denn nur weil plötzlich Frauen oder Minderheiten mit-entscheiden, müssen nicht notwendigerweise ihre Entscheidungen Diskriminierung abbauen und das Tor zum Paradies aufstoßen. Ich hatte hier vor einigen Wochen beim SZ-Magazin (Öffnet in neuem Fenster) mal ausführlicher darüber geschrieben, warum Repräsentation allein nicht die Lösung für Gerechtigkeit ist.

„Der Fehler, der die Idee einer Geschlechterquote als feministische Idee  schwächt, ist, dass andere konkrete politische Ziele ihr nachgeordnet  sind und in der aktuellen Debatte um die Quote nicht einmal genannt  werden. Es ist völlig unklar, was mehr Frauen in Führungspositionen  erreichen sollen. Was sie erreichen will, entscheidet jede Frau, die  durch die Quote Zugang zu einer Position bekommen wird, für sich allein.  Das ist ihr Recht, diese Freiheit soll sie haben. Doch nur weil eine  Frau etwas tut und entscheidet, handelt sie noch lange nicht  feministisch, noch lange nicht im Sinne einer substanziellen Repräsentation.“

Ist es feministisch, sich mit anderen Frauen zusammenzutun? 

Das kommt darauf an und das Szenario lässt sich relativ leicht durchspielen: Wenn Frauen beispielsweise gemeinsam ein Unternehmen gründen und ihren Mitarbeiter_innen schlechte Löhne zahlen und die Büroräume von Zeitarbeiter_innen gereinigt werden, dann ist dieses Unternehmen von einer feministischen Haltung sehr weit entfernt. Gut herausgearbeitet wird diese Problematik in diesem NYT-Artikel über den Frauen-Club „The Wing“: The Wing Is a Women’s Utopia. Unless You Work There. (Öffnet in neuem Fenster)

Ähnlich ist es in Frauennetzwerken, die einander helfen wollen, sich in der Berufswelt durchzusetzen. Im Vordergrund dieser Netzwerk steht in der Regel der individuelle Erfolg und auf Treffen geht es eher darum, wie man für sich selbst ein besseres Gehalt verhandelt, aber eher selten darum, was man gemeinsam dafür bewegen kann, dass der Mindestlohn erhöht wird, ob man die eigenen Babysitter_innen oder Haushaltshilfen eigentlich fair bezahlt geschweige denn, wie das Netzwerk dazu beitragen kann, dass die Bildung- und Berufswelt inklusiv werden, statt nur darüber zu reden, dass Diversität wichtig sei. Die Journalistin Beate Hausbichler schreibt dazu in ihrem Buch „Der verkaufte Feminismus“ (Öffnet in neuem Fenster): „Die Arbeit am eigenen beruflichen Aufstieg macht die Welt nicht gerechter.“

In der Summe mag es den Gender-Pay-Gap minimal reduzieren, wenn Frauen individuell bessere Gehälter aushandeln, aber der große Pay-Gap zwischen den Geschlechtern hängt an diskriminierenden Strukturen, die dazu führen, dass überwiegend Frauen in Teilzeit-Stellen arbeiten und die Löhne in Berufsgruppen wie der Altenpflege (Öffnet in neuem Fenster) oder Kleinkindpädagogik zu niedrig sind. Eine Erzieherin, die in einer Gehaltstabelle eingestuft wird, hat von Verhandlungstipps gar nichts.

Feministische Netzwerke sind also etwas anderes als Karriere-Netzwerke für Frauen. Dennoch fällt mir ein Beispiel ein – ein fiktives – das zeigt, dass Karriere-Frauen sich feministisch vernetzen könnten. In der US-Serie „The Good Fight“ (Öffnet in neuem Fenster), die sich um den Arbeitsalltag von Anwält_innen in einer Großkanzlei dreht und dabei immer wieder aktuelle politische Themen in die verhandelten Fälle einwebt, schließen sich einflussreiche Frauen zu einer geheimen Gruppe zusammen, die gemeinsam planen, wie man bei der nächsten Präsidentschaftswahl eine Wiederwahl von Donald Trump verhindern könnte. Trumps Politik stand weniger Frauen-Karrieren im Weg stand, sondern hat sich unter anderem drastisch auf rassistisch diskriminierte Menschen ausgewirkt. Ja, das ist leider nur ein popkulturelles Beispiel und es fällt es mir schwer, mir vorzustellen, hier würden sich Manager_innen zusammentun, die das Elend der Menschen in Moria zu einem Bundestagswahlkampfthema machen würden.

Feministische Themen sind in den letzten Jahren sichtbarer geworden, vielfältiger und mehr Menschen verorten sich als Feminist_in. Die wichtige Frage dabei ist, wie sich die Aufmerksamkeit übersetzen lässt in politische Veränderung, von der möglichst viele Menschen profitieren, die derzeit von den unterschiedlichen Diskriminierungsformen wie Sexismus, Transfeindlichkeit, Ableismus oder Rassismus betroffen sind, die feministische Bewegungen versuchen zu reduzieren und irgendwann zu beseitigen.

Die österreichische Journalistin Beate Hausbichler hat darüber gerade in ihrem Buch „Der verkaufte Feminismus“ (Öffnet in neuem Fenster) diese Frage anhand unterschiedlicher Themen analysiert. Es ist eine sehr gute Lektüre für alle ist, die genug haben von Pink-Washing, Karriere-Feminismus und echte Veränderung mit anstoßen möchten.

Ich habe Beate einige Fragen zu ihrem Buch gestellt und ihre Antworten könnt ihr hier exklusiv im Newsletter lesen.

„Auch ,Body Positivy‘ kann zu mühsamer Körperarbeit und Arbeit an sich selbst werden“ 

Du beschreibst in deinem Buch ein Auseinanderklaffen von feministischem Diskurs und politischer Wirklichkeit. Während feministische Positionen anschlussfähiger geworden seien, sichtbarer, hipper, habe sich politisch kaum etwas verändert. Wie ist diese Entwicklung zu erklären?

Beate Hausbichler: „Große, verheißungsvolle Begriffe wie Autonomie und Selbstverwirklichung waren für den Konsumkapitalismus schon immer interessant. Konsum ist identitätsstiftend und vermittelt uns das Gefühl, die Wahl zu haben. Unternehmen haben sich schon in den 1970er- und 1980er-Jahren bei Produkten, die auf Frauen zugeschnitten wurden, das Vokabular der Frauenbewegung einverleibt. Sei es bei Zigaretten- oder bei Waschmittelwerbung, über deren Leistungsstärke direkt die Schneise zur einer ,Befreiung‘ von zeitraubender Hausarbeit geschlagen wurde. In den vergangenen Jahren wurde nochmal explizit auf Feminismus in der Werbung fokussiert. Feminismus wird als Assoziation zu einer möglichst freien Gestaltung des eigenen Lebens genutzt – und das lässt sich wiederum hervorragend mit den herrschenden neoliberalen Praktiken verbinden. Es ist gilt als großes Versagen, über das eigene Leben nicht bestimmen zu können. Es ist diese Erzählung der maximalen Handlungsfähigkeit, die Feminismus derzeit für kommerzielle Zwecke so interessant macht – allerdings zu dem Preis, dass es eine stark verkürzte und individualisierte Erzählung von Feminismus ist.“

Warum sollte es Feminist_innen nicht freuen, dass große Unternehmen mit Gleichberechtigung werben?

„Weil sie keine politischen Interessen verfolgen, sondern ökonomische. Insofern können wir den von Gleichberechtigung angehauchten Botschaften von Unternehmen nicht trauen, sie sind nur das Mittel zu einem anderen Zweck. Und insofern hat Feminismus damit keine Lobby, die nachhaltig ist. Und Firmen sind freilich nicht vertrauenswürdig in ihrem Interesse für Gleichberechtigung. Nehmen wir die derzeit oft so feministisch anmutende Werbung für Binden, Tampons oder Slipeinlagen. Es geht dabei meistens um das Bild, ,trotz‘ der Menstruation zu funktionieren, einsatzfähig, fit zu sein. Für den Job, für Sport, immer gut gelaunt sein. Trotz des feministischen Anstrichs geht es also darum, immer zu funktionieren und sich wohlzufühlen. Doch wer sagt, dass sich Frauen ohne eine Slipeinlage nicht wohl fühlen? Die übertriebenen Anforderungen an ,Damenhygiene‘, wie das so schön heißt, werden von Unternehmen, die diese verkaufen, natürlich nie hinterfragt werden, weil sich nur mit diesen Anforderungen Produkte verkaufen lassen. Es ist also immer nur ein sehr kleiner Ausschnitt, den sich Unternehmen von feministischen Ideen nehmen. Alles andere, was den Kauf ihrer Produkte bremsen könnte, wird außen vorgelassen.“

Aus deiner Sicht ist „Body-Positivity“, die von Influencer_innen propagiert wird, keine feministische Errungenschaft, sondern übt neuen Druck aus. Wie könnte eine feministische Strategie aussehen, damit mehr Menschen sich in ihren Körpern wohlfühlen können?

„Auch mit ,Body-Positivity‘ wird versucht Geld zu verdienen, was auch naheliegend ist aus Sicht von Unternehmen und vieler Influencer*innen: Wer seinen Körper liebt, ist auch eher bereit Geld für ihn auszugeben. Für Unterwäsche, Cremen oder was auch immer. Hinzukommt, dass an dieser Aufforderung zur Selbstliebe wieder eine große Industrie hängt, die eng mit der Positiven Psychologie zusammenhängt. Coachings, Bücher und unzählige Magazine erklären uns, wie wir uns endlich mögen, so wie wir sind. Doch auch hier spielt der Körper, vor allem der von Frauen, eine enorm große Rolle, genauso, wie wenn es ständig um die perfekte Figur geht. Auch ,Body Positivy‘ kann zu mühsamer Körperarbeit und Arbeit an sich selbst werden. Erst wenn der Frauenkörper endlich in Ruhe gelassen wird, sehe ich Chancen, sich darin wohler zu fühlen. Insofern erscheint mir die Idee von ,Body Neutrality‘ als der bessere Weg: Körper sollten uns endlich wurscht sein. Ich denke, der ganze Wohlfühldiskurs um den Körper – von Yoga bis zum Fitnesstracking – wird uns hier nicht weiterbringen. Auch wenn all das inzwischen hin und wieder von diverseren Körper beworben wird.“

Soziale Netzwerke haben eine breite feministische Vernetzung ermöglicht und neue Zugänge zu den Themen geschaffen. Du forderst zu einem kritischen Umgang mit den digitalen Medien auf, da beispielsweise die Beliebtheit feministischer Botschaften teils ein „Selbstzweck“ sei. Siehst du Möglichkeiten, sich den Logiken sozialer Netzwerke zu widersetzen und wie könnte das für feministische Bewegungen aussehen? Kann man soziale Netzwerke dennoch politisch nutzen?

„Natürlich kann man sie für politische Zwecke nutzen, das hat #MeToo ohne Zweifel bewiesen. Aber wir müssen uns auch die Nebeneffekte ansehen – und die haben es in sich. Scharen von Menschen, die sich im Netz feministisch äußern, werden dort fertiggemacht. Und das hat mit der Architektur der sozialen Netzwerke zu tun und nicht nur mit einzelnen frauenfeindlichen Charakteren, die auch in sozialen Medien unterwegs sind. Die Logik der sozialen Medien ist, dass man maximal kantig und grob miteinander umgeht, wodurch wir einen Haufen destruktiver Diskurse produzieren, die uns keinen Schritt weiterbringen. Was es aber bringt ist Aufmerksamkeit für jene, die diese Logik und eine Sprache beherrschen, die maximal provokant ist und so Aufmerksamkeit generiert. Wir müssen in sozialen Medien auch eine möglichst klare Identität von uns entwerfen, wir müssen uns selbst sozusagen verknappen und wir können beobachten, dass das eine seltsame Treue zu seinem digitalen Ich generiert und man ist versucht, diese Netz-Ich quasi als Marke zu schützen. Das sind Marktlogiken, die nach und nach in unser Handeln innerhalb sozialer Netzwerke gesickert ist.“

Machen Feminist_innen im Netz die gleichen Fehler?

„Auch in feministischen Blasen herrscht oft eine Stimmung von ,entweder ihr seid für oder gegen uns‘, in der es keine Möglichkeit der Abwägung gibt. Es geht leider oft nur mehr um moralische Überlegenheit. Und schließlich pfeffern wir auch noch enorm viel Zeit und Inhalt in soziale Plattformen. Das alles schenken wir riesigen Tech-Konzernen, die sich das so richtig vergolden lassen. Vor allem durch personalisierte Werbung, und mit unseren Inhalten helfen wir mit, diese zu perfektionieren.“

Feministische Themen sind Teil einer Aufmerksamkeitsökonomie, in der Redaktionen mit antifeministischen Texten Aufregung provozieren. Sollten Feminist_innen solche Texte unkommentiert lassen? Wie kann man umgehen mit antifeministischem Click-Baiting?

„Die Frage, ob wir antifeministische Texte unkommentiert einfach stehen lassen sollen konnte ich für mich auch noch nicht beantworten. Auf jenen Fall sollten Antworten nicht mit den gleichen Mitteln gegeben werden, wie die antifeministischen Provokationen. Wenn jemand pauschalisiert, ist es witzlos mit Pauschalisierungen wie ,eh klar, das kommt wiedermal von einem weißen Mann‘ zu kontern. Ich halte es für wichtig, sich nicht für Pseudodebatten einspannen zu lassen. Wenn man merkt, es gibt absolut keine inhaltliche Argumentation – außer Sexismus und Misogynie – macht es wenig Sinn zu kontern. Debatten, die keine sind, sondern lediglich inszenierte Schaukämpfe sein sollen, erkannt man meistens ganz gut. Wenn es allerdings Argumente gegen konkrete gleichstellungspolitische und feministische Ideen sind, die immer wieder zu hören sind, ist es wichtig, sich mit ihnen zu befassen. Und das auf eine möglichst differenzierte Art und Weise.“

Ein Kapitel ihres Buches widmet sich der Kritik an Frauennetzwerken. Du sagst, dass diese die Bereitschaft zur Selbstausbeutung und Selbstoptimierung sogar erhöhen könnten. In welche Falle sind diese Netzwerke, die Frauen eigentlich stärken möchten, getappt?

„Es gibt für junge Menschen überall das Versprechen, dass sie mit persönlichem Einsatz, Erfahrung und Kompetenzen die besten Chancen auf einen halbwegs gut bezahlten Job bekommen könnten. Doch für ihren Einsatz gibt es erstmal nichts: Keine Bezahlung in unzählige Praktika und die Vernetzung, die für den Job angeblich das Wichtigste ist, muss auch unbezahlt passieren. Wird dieses Versprechen nicht eingelöst, kann man niemanden als sich selbst als Verantwortlichen ausmachen. Diese Mechanismen machen auch vor Netzwerken nicht halt, in denen vorwiegend Frauen sind – warum sollten sie? Gerade für Frauen ist es wichtig, sich einen Vorteil zu verschaffen, das ist verständlich. Aber damit sind wir mitten im Dilemma: Auch Frauennetzwerke passen sich einer auf Konkurrenz basierenden Gesellschaft an. Das ist nur vernünftiges Karrieredenken, aber keine feministische Agenda.“

Wird in diesen Netzwerken wenigstens Solidarität gelebt?

„Es wird in Netzwerken, die sich auch als feministisch verstehen, viel von Solidarität gesprochen. Doch Solidarität und eine berufliche Karriere, in denen man sich gegenüber anderen durchsetzen muss, sind Widersprüche, die diese Netzwerke gerne ausblenden. Und es tun sich weiter Widersprüche auf: Nehmen wir an, mir wird in einem Frauennetzwerk die ,Räuberinnenleiter‘ gemacht, unter anderem von einer Mitstreiterin, die in einer PR-Agentur arbeitet und die öffentliche Kommunikation für einen notorischen Sexisten übernimmt, der sich öffentlich oft und gern frauenfeindlich äußert. Geht sich das aus? Sollte mir das zugunsten der eignen Jobchancen egal sein? Die viel beschworene Solidarität in Frauennetzwerken wird es schon geben, es ist aber nicht notwendigerweise eine feministische Solidarität.

Women-Only-Karrienetzwerke sagen oft auch offen: Warum sollte es nur Old-Boys-Netzwerke geben? Wenn wir aber diese imitieren und ein weibliches Buddy-System schaffen, in dem man sich für jemanden ins Zeug wirft, weil einem selbst geholfen wurde, dann ist das ein selbstreferenzielles System, in dem das große Ganze aus dem Blick gerät.“

Versuchen diese Netzwerke nicht auch, die sexistische Diskriminierung der Berufswelt auszugleichen?

„Mir ist bewusst, dass ich selbst die Freiheit habe, mich nicht vernetzen zu müssen, wenn ich nicht will. Ich hab eine feste Anstellung und bin nicht darauf angewiesen, dass mich jemand weiterempfiehlt oder ähnliches. Aber gerade wenn man diese Möglichkeit hat, finde ich es wichtig, auf die gewachsenen Abhängigkeiten hinzuweisen und wie prekäre Arbeitsverhältnisse auch politische Ideen korrumpieren können. Deshalb ist es so wichtig, auch untereinander über Geld, Arbeitsverträge und Möglichkeiten zu reden, die man hat oder eben nicht hat.“

Sollten Feminist*innen klassische Karrieren verweigern? Und wenn ja, was können sie stattdessen tun?

„Mir geht es nicht darum, Einzelnen zu sagen, was sie tun sollten oder ob sie ,feministisch genug‘ sind. Das interessiert mich nicht und ich finde es auch wenig sinnvoll, weil wir damit ,Feminismus‘ erst recht wieder auf ein Label reduzieren, über das manche meinen, bestimmen zu können. Ich beanspruche nicht zu wissen, wie wir es richtig machen können. Ich möchte nur den Blick dafür schärfen, wie eng inzwischen Feminismus mit individuellem Erfolg verknüpft ist und dass damit eine sehr liberale Fassung von Feminismus gerade besonders präsent ist. Es geht mir nicht um individuelle Entscheidungen oder wie sich jemand nennt, sondern um die Effekte von einflussreichen Diskursen – und der aktuelle populäre Diskurs um Feminismus schwächt die Idee von Feminismus als systemkritische Bewegung. Das ist das Problem.“

Die Pandemie macht es gerade schwer, sich mit Menschen zu treffen und es ist mehr als verständlich, dass viele gerade darauf fokussiert sind, irgendwie selbst in ihrem Alltag klarzukommen, aber ich hoffe, dass die Lust, sich für politische Verbesserungen einzusetzen, von denen mehr Menschen etwas haben, umso größer sein wird, wenn Zeit und Räume dafür wieder vorhanden sind.

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