+++ Flaschenpost #97 +++

Ahoi Abenteurer,

in Sekundenschnelle schätzen wir andere Menschen ein, finden sie vielleicht sympathisch oder kompetent, primitiv oder dämlich. Und selbst Personalchefs, die immerhin einen Lebenslauf mit Fakten und Arbeitsproben heranziehen können, entscheiden laut Studien innerhalb von ein, zwei Minuten nach dem Anblick und der Stimme des Gegenübers über dessen Jobaussichten.

Selbst der Geruch, der ja eher selten im Lebenslauf beschrieben wird, soll dabei eine Rolle spielen. Und der erste Blick soll sogar seit der Steinzeit evolutionsfördernde Wirkung haben und über so manche Ehe sowie den Nachwuchs entscheiden. Allerdings kann man sich bei diesem überaus biochemisch sowie visuell geprägten Urteil schonmal vertun - so ganz bugfrei ist es nicht.

Der so genannte eigene Geschmack läuft immerhin seit der Zeit der Jäger und Sammler wie ein automatischer Scanner in extrem persönlicher Modifikation, die im Early Access vermutlich nur die optimale Fortpflanzung unserer Spezies unterstützen sollte. Aber seit der Erfindung der Freizeit entscheidet er auch über den Nachwuchs im Unterhaltungsbereich und arbeitet als Sensor für Ästhetik auf Hochtouren.

Wenn mir Filme, Musik oder Spiele begegnen, könnte ich erstmal recherchieren. Aber selbst wenn ich mir das für später vornehme, ordne ich sie in null Komma nichts ein, vermutlich wie ein Kleinkind den Löffel bzw. das Smartphone fixierend, mit reichlich Gesichtsakrobatik: Hau bloß ab! Bäh! Geht gar nicht! Ganz nett. Okay cool. Interessant! Wow! Will ich haben! Und so weiter...

Ich urteile also schon in den ersten Sekunden und manchmal rollt der Kopf eines Spiels wie unter einer Guillotine. Aber weil man weiß, dass der Geschmack täuschen kann, beißt man manchmal etwas länger rein, bevor man doch wieder alles ausspuckt. Mein letztes Opfer: Stellar Blade für PS5. Ich fühlte mich wie in einer futuristischen Seifenoper mit Fanservice in High Heels und bekam nach ein, zwei Stunden Fluchtreflexe.

Auf die konnte man zwar in der Steinzeit noch vertrauen, aber so richtig qualifizieren und einordnen kann man Unterhaltungskultur damit nicht. Oder doch? Wie hoch ist die Fehlerquote, wenn man es nach dem ersten Bäh! tapfer weiter versucht, indem man auf die inneren Werte aka die Spielmechanik achtet? Gibt es Begeisterung auf den zweiten Blick? Im Brettspielbereich ist mir das jedenfalls häufiger passiert als mit Videospielen.

Aber nur weil mein Scanner der Ästhetik beim Anblick einer Heldin schrill piept, heißt das noch lange nicht, dass er nicht woanders so harmonisch summen kann, dass am Ende sogar das "perfekte Actionspiel" mit fünf von fünf Sternen dabei herauskommt. Ich empfehle daher die tolle Kritik zu Stellar Blade von Ben bei Eurogamer.de (Öffnet in neuem Fenster), der übrigens schon damals auf den ersten Blick sympathisch und kompetent auf mich wirkte.

Ich bedanke mich für eure Unterstützung, wünsche lange Spielzeit und angenehme Bosse

Jörg Luibl

AKTUELLES

Meta kooperiert mit Microsoft (Öffnet in neuem Fenster): Der Facebook-Konzern wird zukünftig auch Mixed-Reality-Hardware von Drittherstellern anbieten. Zusammen mit Xbox wird eine Limited Edition Meta Quest konzipiert, die Xbox Cloud Gaming unterstützt. Auch Asus und Lenovo entwickeln Quest-Hardware.

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Embracer wird geteilt (Öffnet in neuem Fenster): Nach den Massenentlassungen folgt die Aufspaltung des Publishers in "unabhängige" Firmen. Die Asmodee Group betreut Brettspiele, Coffee Stain & Friends Independent- & Free-to-play-Spiele, Middle-earth Enterprises & Friends widmet sich Triple-A von Tomb Raider bis Kingdom Come Deliverance.

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PlayStation 5 Pro löst Probleme (Öffnet in neuem Fenster): Angeblich soll die um 45% stärkere GPU all jenen Spielen helfen, die eine dynamische Änderung der Auflösung anbieten. Dazu gehören allerdings kaum exklusive Abenteuer von Sony, sondern Spiele wie Star Wars Jedi Survivor, Final Fantasy VII Rebirth sowie Final Fantasy XVI.

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Nintendo kontra Fortnite (Öffnet in neuem Fenster): Zwar wollte Epic Games auch die Heldin der Metroid-Reihe, Samus Aran, in seinen Arenen sehen, aber konnte Nintendo nicht überzeugen. Die Japaner wollten ihre Kopfgeldjägerin nicht auf andere Systeme schicken. Sie dürfte nächstes Jahr in Metroid Prime 4 auf der Switch 2 auftauchen.

THEMEN AN BORD

Double XP#5 (Öffnet in neuem Fenster): Rollenspiel-Geschichte mit Jochen Gebauer

Diesmal geht es um die zweite Hälfte der 90er und die große Vielfalt an Rollenspielen von klassisch, unterirdisch bis offen.

Schatzkiste (Öffnet in neuem Fenster): Hyperion (Roman)

Als ich das erste Mal auf Hyperion traf, ahnte ich noch nicht, wie lange mich diese Space Opera von Dan Simmons begleiten würde.

Game Studies (Öffnet in neuem Fenster): Das Spielen als magische Spirale

Wie kann man Spiele interpretieren? Was geschieht überhaupt beim Spielen? Ist es ein magischer Kreislauf oder eher eine dreifache Spirale?

Erkundung: (Öffnet in neuem Fenster) Angelsachsen, Aliens und die Anfänge der Space Opera

Die erste Space Opera der Literaturgeschichte? Das ist doch? Okay, da muss man etwas tiefer in den Archiven wühlen...und wird überrascht.

Schöne Aussicht (Öffnet in neuem Fenster): Höllenritt von Vance Kovacs

Ich habe großen Respekt vor Künstlern, die mit ihren Zeichnungen die Fantasie anregen. Diesmal geht es um ein Bild von Vance Kovacs.

AUSGUCK

In Arbeit

Auf einen Whisky (Podcast): Space Opera
Breitseite #13 (Kurzkritiken)

Gerade erschienen (mehr dazu in der Vorschau (Öffnet in neuem Fenster)):

Top Spin 2k25 (PC, PS4/5, XBS), 26.4.
Manor Lords (PC), 26.04.

Spiele in Sichtweite (mehr dazu im Kurs (Öffnet in neuem Fenster)):

Indika (PC, PS5, XBS), 02.05., Erkundung (Öffnet in neuem Fenster)
Cryptmaster (PC), 09.05., Erkundung (Öffnet in neuem Fenster)
Homeworld 3 (PC), 13.05.

ZITAT

“Am wenigsten widerstehen kann ich dem Zweifel. Ich bezweifle alles, selbst meinen Zweifel.”

(Karlheinz Deschner, Bissige Aphorismen)