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Spielvertiefung feiert 1. Geburtstag

Ich war gerade vier Wochen arbeitslos, als am 26. Oktober 2021 der erste Artikel hier erschien. Es war eine kurze Erkundung über die Schiffskatzen (Öffnet in neuem Fenster), mit der ich erläutern wollte, was es mit meinen Katzen Okami und Snorri auf sich hat. Darin wollte ich einfach mal betonen, dass die beiden mir tatsächlich geholfen haben, als es mit Corona und vor allem beruflich plötzlich düster aussah.

Wenn einem nach zwanzig Jahren in fester Anstellung der Boden unter den Füßen wegbricht, kann man einfach jede Unterstützung gebrauchen. Denn man kann in solchen Situationen das Vertrauen in grundsätzliche Werte verlieren, kann in Hass und Zynismus versinken. Es gab einige Augenblicke, in denen ich einfach nur alles verflucht habe - vor allem die Spielebranche.

In den ersten Wochen nach der Kündigung war für mich gar nicht denkbar, nochmal kreative Energie für einen Arbeitgeber zu verschwenden. Schon gar nicht als Angestellter unter den Bedingungen des Reichweitenjournalismus, der sich immer mehr Billigarbeitskräfte heranzüchtet, die letztlich wie Bots für Gottkönig Google und die Werbe-Industrie konforme Texte ausspucken.

Natürlich ist es nicht so Schwarz und Weiß wie die letzten Zeilen andeuten, es gibt auch unter SEO-Bedingungen gute Artikel. Aber wenn man sich die Machtverteilung innerhalb der Verlage und die ständige Forderung nach Gewinnmaximierung anschaut, die vom gut verdienenden Management mit klaren Steigerungsvorgaben von oben nach unten an schlecht bezahlte Redakteure durchgeprügelt wird, wird das faule System sichtbar.

Aber das Spiel hat nichts damit zu tun. Und ich habe nicht 20 Jahre meines Lebens umsonst für jemanden, sondern letztlich für meine Leidenschaft gearbeitet. Spätestens als ich Mitte September 2021 vor dem Arbeitsgericht Hamburg mein Recht als Arbeitnehmer eingeklagt hatte, konnte ich einen Schlussstrich ziehen und wieder positiv nach vorne schauen.

Spielvertiefung ist genau in diesen Wochen entstanden, also recht spontan, bis ich mich dann am 17. November als freier Journalist selbständig (Öffnet in neuem Fenster) meldete. In dieser Zeit habe ich gemerkt, was ich alles nicht kann. Ich hab mir viel Rat eingeholt, es gab übrigens auch Angebote für Kooperationen und Investitionen. Aber ich wollte komplett unabhängig sein, wollte mit meinen beschränkten Mitteln eine Webseite aufbauen, die einigermaßen läuft.

Welche Limitierungen und Probleme es gibt, egal ob hinsichtlich der Technik oder Finanzen, wurde ja in den Logbüchern (Öffnet in neuem Fenster) deutlich. Apropos maritime Bezüge: Das Schönste war eigentlich, dass sich auch ohne Masterplan, Statistiken und Algorithmen einiges ineinander fügte, nur weil ich spontan meinen Instinkten folgte. Denn dass mich die Katzen letztlich auch zu den Schiffen führten, gehört bis heute zu den magischen Momenten.

Ich mochte von Anfang an das Schwarzweiß-Foto von Captain A. J. Hailey, der diesen Kater krault - dieses Bild war ein sympathischer Impuls. Und so langsam entwickelte sich daraus bis heute der maritime Bezug. Dazu passte dann die erste Rezension (Öffnet in neuem Fenster) auf dieser Webseite zum Brettspiel Nemo's War.  Klar, ich schreibe von Hamburg aus, mag Häfen und die Seefahrt, aber das war - wie so vieles - gar nicht geplant. Und obwohl ich ungefähr weiß, welchen Kurs (Öffnet in neuem Fenster) ich hier setze, also Verbindungen zwischen Videospielen, Brettspielen, Literatur sowie Geschichte zu suchen und Schätze für Spieler zu bergen, ist das Ziel immer noch unbekannt.

In traurigen Momenten, wenn es mal nicht so läuft und Kündigungen morgens eintrudeln, denke ich an das Ende der Reise. Nach einem Jahr Spielvertiefung habe ich sicher noch keine ruhigen Gewässer erreicht oder gar eine Strömung bis zur Rente. Was mache ich, wenn es nicht reicht? Und gerade die letzten Wochen sorgen mit der ersten Steuererklärung als Selbständiger sowie den auslaufenden Jahresabos für etwas Unruhe. Sobald ich da mehr Gewissheit habe, ziehe ich im letzten Logbuch des Jahres eine Bilanz.

Aber in euphorischen Momenten, wenn ich die Freude und Dankbarkeit der Unterstützer spüre, die aktuell noch bei knapp 900 (Öffnet in neuem Fenster) liegen, sehe ich schon eine neue Webseite mit coolen Funktionen, eine illustrierte Geschichte der Rollenspiele, Seeungeheuer-Miniaturen für Abonnenten und spinne von Spielvertiefung als Printmagazin rum. Tja, an der frischen Luft höre ich dann meinen Opa aus der Ferne, wo immer das sein mag: Junge, mach dir keinen Kopp - du schaffst das, hau rein!

Also: Das ist ein toller erster Geburtstag, den ich ab jetzt einfach mal auf den 1. November vorverlege. Ich kann auf über 300 Beiträge zurückblicken, darunter Erkundungen, Vertiefungen, Rezensionen und Podcasts. Ich weiß, was noch alles fehlt - hallo, Logo! Aber ich freue mich auch über das, was schon da ist. Okami und Snorri haben mir als Maskottchen auf jeden Fall Glück gebracht. Nach einem Jahr Spielvertiefung bin ich stolz auf dieses kleine Magazin und vor allem unfassbar dankbar für alle, die an Bord gekommen sind - egal ob sie noch da sind oder schon wieder unterwegs.

Eure Unterstützung (Öffnet in neuem Fenster) ist der beste Rückenwind!

(Bild: Captain A. J. Hailey aus den 1920er Jahren, gemeinfrei; ihr findet auf Wikipedia (Öffnet in neuem Fenster) eine Sammlung der berühmtesten Schiffskatzen)

Kategorie Erkundung

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