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Reisen

Vom gehassten Übel zur Leidenschaft

Heute verbringe ich fast meine komplette Freizeit irgendwo auf der Welt, merke jedes Jahr auf´s Neue, dass ich eindeutig zu wenige Urlaubstage habe, für die es viel zu viele wunderschöne Orte auf der Welt gibt.

Doch das war nicht immer so!

Als Kind habe ich das Reisen gehasst. Meine Eltern haben mich grundsätzlich vor oder nach den Ferien aus der Schule genommen und das bedeutete immer mehr Arbeit im Nachholen des verpassten Stoffs für mich, die ich nicht haben wollte. Hinzu kam, dass wir keine sonderlich coolen Reiseziele hatten. Lediglich die Lehrer waren angetan von Norwegen, Fehmarn, Mecklenburger Seenplatte oder kannten den Lago Maggiore. Meine Klassenkammeraden dagegen haben nach den Ferien von Urlauben an der Costa Blanca, am Balaton oder auf Mallorca berichtet.

2007 im zarten Alter von irgendwas Anfang 20 bekam ich nun die Zusage auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten zu können. Es war die Flucht aus einem Hyänen-Käfig, wo ich 300 Tage die Spät- oder Nachtschicht schieben durfte. In den 20ern hat man ja auch keine anderen Bedürfnisse als des nachts zu arbeiten!

Jetzt sollte alles anders werden! Doch die Ernüchterung folgte nachdem ich die Route bekam, auf welcher ich für die nächsten 6 Monate schippern musste. Ehrlich - wer denkt bitte nicht an die Karibik, wenn er von einer Kreuzfahrt spricht? Kreuzfahrt ist doch fast schon ein Wort, was es gar nicht mehr alleinstehend ohne Karibik davor gibt. Ich durfte hingegen die Metropolen der Ostsee genießen, was ich definitiv nicht konnte. Dafür war einfach alles zu neu und viel zu schnelllebig. Man lebte von Hafen zu Hafen, Tage und gar Daten waren Schall und Rauch. Zeitverschiebungen, Parties, so viele neue Menschen, keiner beständig. Ich habe damals gelernt, dass ich mich echt schlecht verabschieden kann.

Auch nach mehreren Einsätzen und letztlich auch einer Karibikkreuzfahrt war an Reisefieber nicht zu denken. Ich würde sagen, ich habe versucht die Zeit, außerhalb der Arbeit, so sinnvoll wie möglich zu nutzen. Habe viele Touri-Touren mitgemacht, war manchmal alleine unterwegs, manchmal mit Kollegen.

Privat hat es mich mit meinem besten Kumpel in der Zeit nach New York verschlagen und die Reise lief eigentlich ganz gut. Bis auf den Manko, dass er mir nach der Landung offerierte "ab jetzt musst du reden, ich kann nämlich kein Englisch".

Die Veränderung

Man sagt ja immer, dass es für Frauen zum Frisör geht, wenn sie sich von einem Mann trennen. Für mich ging es 2011 wieder nach New York.

Während der Zeit auf dem Schiff hatte ich keine Ambitionen zum Reisen. Danach fehlte es schlichtweg an Reisebegleitungen und 2011 musste ein Umbruch her. Ein Reiseziel, dass eine Blondine mit offenen Armen empfängt und definitiv auch wieder unversehrt nach Hause schickt.

Es gibt so viele schöne Orte auf der Welt, dass ich keinen 2x sehen wollte bevor ich nicht alle 1x gesehen habe. New York schon gleich nicht. Aber ich fühlte mich mit dem Gedanken sofort sicher genug dort alleine hin zu reisen.

Meine größte Sorge, dass ich unnötig Geld zum Fenster raus werfe, weil mit diesem Plan auch alle Verantwortung an mir hing. Richtiger Flug, passendes Hotel, Zeitzonen bedenken, Formulare ausfüllen, alles im Gepäck haben, etc.

Mein Hotel war gebucht, Zeitverschiebung nicht beachtet, also erst mal direkt eine Nacht zu wenig und über eine teure 0180er Hotline mit hoherenter Umbuchungsgebühr geändert. Vor Ort einmal einen Bauchklatscher gemacht beim Skates fahren (das ist nicht wie Fahrrad fahren - Inlineskates fahren verlernt man!) und mit großen Schwerzen im dreckigsten und dunkelsten Stadtteil von ganz Manhattan panisch in die Bahnstation gestürzt. Ohne zu merken, dass diese Bahn weiter Richtung Kanada fährt.
Wifi an jeder Ecke - daran war nicht zu denken. Man musste mit einer Papierkarte den Weg finden. Im High Line Park mit einem Wildfremden verabredet für´s Museum und einfach mal kurz mit einem neuen MacBook in der Tasche die Zoll-Freigrenze dezent überschritten.

Nach einer Woche mit fast ausschließlich Knäckebrot und Nutella war alles halb so wild. Man hat angefangen über genau diese Stories zu lachen. Man hatte was erlebt und es war klar, dass ich auf Niemanden mehr warten müsse, um auf Reisen zu gehen.

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