Das banale letzte Glas
Mika über das Ende ihres Trinkens
Ich will leben (aber nicht so). Das ist der Paukenschlag, mit dem für mich ein neues Leben beginnt. Ich stehe im Norden Serbiens auf einem Feld und atme schwer die heiße Spätsommerluft. Um mich herum ist alles flach. Die Felder, das Gras, die Büsche. Alles scheint Platz zu machen und sich eng an die heiße Erde zu schmiegen, damit ich den Horizont sehen kann. Ich habe ihn seit Ewigkeiten nicht gesehen. Janko sitzt unter dem kleinen Holzdach vor dem Haus und hilft seiner Mutter beim Kartoffeln schälen. Jankos Vater holt die Zeitung aus dem Dorf. Ich höre Hundebellen. Janko weiß nicht, dass ich auf dem Feld stehe und denke, dass ich leben will (aber nicht so). Janko weiß auch nicht, dass das überhaupt zur Debatte stand. Er weiß nicht, dass es diese Frage gibt, die ich seit Jahren mit mir herumtrage. Er weiß nicht, dass ich ein Geheimnis habe. Er denkt, dass es an meinem Job liegt, wenn ich abends zu müde bin, um ihn noch zu treffen. Ich sage nicht, dass ich betrunken auf dem Sofa sitze. Janko denkt, ich würde einfach gerne trinken. Er weiß nicht, dass ich seit Jahren in einen Kampf verwickelt bin, den ich nicht gewinnen kann. Er weiß nicht, dass ich mehr Trinkpausen gemacht habe als ich zählen kann, mir immer wieder vorgenommen habe, die Mengen zu reduzieren und immer wieder daran gescheitert bin. Er weiß nicht, wie viele Seiten meiner Tagebücher ich mit meinen Gedanken über das Trinken vollgeschrieben habe. Er weiß nicht, dass ich mich schäme.
Er weiß nicht, dass ich mir ein Leben ohne Alkohol nicht mehr vorstellen kann. Niemand weiß das. Ich weiß es ja selbst meistens nicht.
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