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Das war schön!

Ich sitze auf einer Bühne, vor mir fröhliche Menschen und ich lache lauthals.

Guten Abend vom emsländischen Sofa!

Eigentlich wollte ich hier schon gestern sitzen, aber mehrere Polizeieinsätze verhinderten meine Umstiege nach meinem Vortrag in Nürnberg, so dass ich nach Hamburg durchfuhr. Der Tag wurde damit so lang, dass ich bis halb elf heute morgen durgeschlafen habe. Wie ein Stein. Danke an alle, die in Minden, Laatzen, Nürnberg und Aschaffenburg zu meinen Vorträgen und Lesungen gekommen sind. Ihr habt mir mächtig Energie in meine Akkus gepackt.

Screenshot eines Artikels über meinen Vortrag in Minden. (Öffnet in neuem Fenster)

In Minden waren knapp 100 Frauen und ein paar Männer im Raum. Und es war fantastisch! Denn dieser Raum vereinte verschiedene ehrenamtliche Initiativen der AG Frauen im Kreis Minden-Lübbecke, des Netzwerks Mindener Frauen e. V. und der LandFrauen Minden-Lübbecke. Und genau darum geht es! Neue Räume schaffen, gemeinsam die Zukunft im heute gestaltend. Wer mich in den letzten anderthalb Jahren live gesehen hat, weiß, dass ich stets (meist zu Beginn) antifaschistische, feministische und intersektionale Appelle platziere. Da ist bei einigen im Publikum durchaus das große Augenrollen angesagt, manchmal wurde mir sogar gesagt, ich solle nicht “so politisch” werden. In Minden wurde applaudiert! Wow!

Ich sitze auf einer Bühne und lese aus meinem Buch, links neben mir ist der Stadtrat von Laatzen.

In Laatzen wurde meine Lesung als Kick Off zu einem Jahr 2025 genommen, das im Zeichen der Mobilität steht. „Eine veränderte, ressourcenschonende Mobilität ist der Schlüssel, um Laatzen nicht nur nachhaltiger, sondern auch lebenswerter zu gestalten“, betonte Stadtrat Hauke Schröder. Dabei gelte es, die über Jahrhunderte entstandenen Routinen und Mobilitätsnarrative zu hinterfragen und durch gezielte Anreize aufzubrechen.

Aus der Pressemitteilung:

Die Stadt Laatzen setzt in diesem Jahr auf innovative Impulse, um die Mobilitätswende aktiv voranzutreiben. Ein zentraler Baustein ist dabei die Teilnahme an der Europäischen Mobilitätswoche vom 16. bis 22. September 2025. Gemeinsam mit Akteuren der Stadtgesellschaft plant Laatzen eine breite Palette an Aktionen, die zeigen, wie vielfältig und zukunftsorientiert Mobilität gestaltet werden kann. Ziele sind unter anderem die Mobilitätswende als unverzichtbaren Beitrag zu den Klimaschutzzielen zu verankern, Bewusstsein für eine Verhaltensänderung zu schaffen und die eigene Mobilität kritisch zu hinterfragen sowie mehr Sicherheit und Barrierefreiheit auf Schulwegen und im öffentlichen Raum zu gewährleisten. „Mit der Lesung von Katja Diehl mit ‚Raus aus der AUTOkratie – rein in die Mobilität von morgen!‘ laden wir alle Menschen aus Laatzen ein, Teil ihrer Gedanken und Sichtweisen zum Wandel der Mobilität zu werden,“ fasst Schröder zusammen.

An dieser Stelle Grüße an Helmut und Jan und alle anderen, die hier mitlesen und vor Ort waren. Tut gut, die virtuelle Verbundenheit durch meinen Newsletter beizeiten auch real zu erleben :)

Bodies under Water / Maris Eufinger

Dienstagnacht war ich kurz im eigenen Bett. Mittwoch habe ich mich mit dem Volt-Kandidaten Patrick (Öffnet in neuem Fenster) im Jupiter über Mobilitätspolitik und darüber gesprochen, dass weder sein Mann noch er auf Autos und Fahrzeuge stehen, der zweijährige Sohn davon aber völlig fasziniert ist. Wir haben nicht herausfinden können, woran das liegt - an der Welt, wie sie ist? Donnerstag habe ich mir Bodies under water (Öffnet in neuem Fenster) im Schauspielhaus angeschaut. Ich mag es, wenn Kunst politisch ist. Und nun kenne ich auch Hydrofeminismus.

Seit Jahrhunderten bilden Frauen in Japan (Ama) und Südkorea (Haenyeo) besondere Gemeinschaften, die dem Meer verbunden sind. Sie tauchen nach Seeohren – ein Beruf, der weit mehr ist als Arbeit: eine Berufung, in die Herzblut und generationsübergreifendes Wissen einfließen. Für die Seefrauen ist das Meer nicht ein Ort des Fischfangs, sondern ein Raum der Koexistenz, geprägt von Respekt und Nachhaltigkeit. Doch steigende Temperaturen und zunehmende Verschmutzung haben spürbare Folgen. Mit eigenen Augen sehen die Seefrauen, wie das Leben im seichten Wasser verschwindet. Um weiterhin bestehen zu können, müssen sie tiefer tauchen – physisch und metaphorisch.

„Wir alle sind Wasserkörper. Im Wasser erleben wir uns weniger als isolierte Wesen, sondern eher als ozeanische Wirbel: Ich bin ein einzigartiger dynamischer Strudel, der sich in einer komplexen fließenden Zirkulation auflöst.“ (Astrida Neimanis: Hydrofeminism: Or, On Becoming a Bodies of Water, Bloomsbury 2017)

Bei der Lesung mit anschließender Podiumsdiskussion in Aschaffenburg (das Titelbild dieses Newsletters stammt von dem Abend) hat mich sowohl der Einstieg beeindruckt als auch das großartig besetzte Panel. Per Audionachricht meldete sich eine Krankenpflegerin zu Wort, die zur entfernt liegenden Klinik mittlerweile mit dem Ebike fährt, auch weil ihr Arbeitgeber sie aufforderte, das Auto stehenzulassen, damit es für Patient*innen weniger Parkplatzprobleme gäbe. Der Nachteil: Die Busanbindung an die Klinik ist miserabel. DAS ist Deutschland. Auf dem Podium dann eine Schülerin, ein Herr mit Sehbehinderung, ein Herr von der AOK, eine Mutter von drei Kindern, die autoarm mit ihrem Mann und ihrer Familie leben möchte - und alle berichteten davon, wie schwer es ist, ein Mensch zu sein, der nicht Auto fahren kann oder will.

Gestern war ich dann in Nürnberg, auf dem Kongress zum Stadtkanal.

Heute führt die Autobahn A73 quer durch das Gebiet der Städte Nürnberg und Fürth. Dieser sogenannte „Frankenschnellweg“ wurde in den 1960er Jahren auf der Trasse des alten Ludwig-Donau-Main-Kanals errichtet. Die aktuelle Diskussion dreht sich darum, wie die alltäglichen Staus auf dieser Autobahn, die Nürnberg in eine nördliche und südliche Hälfte zerschneidet, verwaltet werden könnten. Die Pläne für eine Untertunnelung hierfür würden sehr große Mengen Geld verschlingen, aber am Grundproblem eines permanenten Verkehrskollaps’ nichts ändern können.

Der Nürnberg-Fürther Stadtkanalverein vertritt den Standpunkt, dass eine innerstädtische Autobahn nicht mehr zeitgemäß für das 21. Jahrhundert ist. Wir plädieren für eine verkehrspolitische Wende und setzen uns dafür ein, dass die vom unbeschränkten Kraftfahrzeugverkehr in Beschlag genommenen Flächen in eine innerstädtische Wasserlandschaft rückverwandelt werden.

Ich habe nach ein paar Vorträgen zu Wasser in der Stadt, Stadtplanung und Urbanismus meine Aspekte von einer klima- und sozial gerechten Mobilität vorstellen dürfen.

Das war der Rückblick auf diese Woche.

Heute gab es von mir eine neue Podcastepisode. Eine etwas andere, als es sonst so der Fall ist. Wer nicht seit Wochen unter einem Stein lebt, dem wird der Name Stefan Gelbhaar wahrgenommen haben. Stefan Gelbhaar sitzt im aktuellen Bundestag für die Grünen, ist Verkehrspolitiker mit langer Expertise - aber zuletzt vor allem wegen den Vorwürfen gegenüber seiner Person in die Schlagzeilen geraten.

Mir ist bewusst, dass die Vorwürfe gegen Stefan Gelbhaar nicht vom Tisch sind und dringend bis zum letzten Detail aufgeklärt werden müssen. Der Grund, warum ich mich zu diesem Gespräch entschlossen habe, war eine Entwicklung, die ich als sehr problematisch erachte: Das Rütteln an der Unschuldsvermutung (Öffnet in neuem Fenster).

Wenn wir eine gute Welt für alle schaffen wollen, dann muss die Unschuldsvermutung am Beginn nicht nur von Vorwürfen sexualisierter Gewalt, die platziert werden, endlich für beide Seiten gelten: Für Täter*innen wie Betroffene gleichermaßen. Das aktuelle System ist massiv dysfunktional, viele Betroffene von sexualisierter Gewalt zeigen daher auch gar nicht an, was ihnen geschehen ist – weil sie den Gang in die Öffentlichkeit, zur Polizei scheuen. Aufgrund negativer Erfahrungen und vor allem einer Herabwürdigung, die diesem System gegenüber traumatisierten Opfern sexualisierter Gewalt immanent ist. Das System von Polizei über Gesellschaft bis Justiz verunmöglicht es, guten und sensiblen Umgang mit Opfern zu gewährleisten. Die Scham hat hier immer noch nicht die Seiten gewechselt, auf Seiten der Täter*innen, wo sie hingehört. Ich hoffe, dass wir das endlich besser hinbekommen. Die Unschuldsvermutung muss Zentrum eines besseren Systems sein. Aufklärung und bessere Strukturen für die Aufklärung müssen etabliert werden.

Um sowohl einen Blick auf Mobilitätspolitik als auch die Vorwürfe gegenüber Stefan und den aktuellen Stand zu werfen, habe ich mir die Journalist*innen Kerstin Finkelstein (u. a. taz) und Jan Rosenkranz (Leiter Politikressort Stern) eingeladen.

Ich hoffe, dass wir Falsches nicht mit Falschem ersetzen, sondern von Beginn an das Richtige tun: Wenn Vorwürfe im Raum stehen, gilt die Unschuldsvermutung für Beschuldigte und Betroffene gleichermaßen, nur das kann dafür Sorge tragen, dass durch Aufklärung Klärung erfolgt.

Hier gehts zur Folge:

https://katja-diehl.de/von-mobilitaetspolitik-und-unschuldsvermutung-emma-kerstin-finkelstein-und-jan-rosenkranz-sprechen-mit-stefan-gelbhaar/ (Öffnet in neuem Fenster)

Und damit zu den Schlagzeilen der Woche:

Für mich DAS Highlight: Innerhalb von nur einem Monat hat es die Maut in New York geschafft, dass es eine Million weniger Autofahrten und 30 Prozent weniger Kriminalität in der Ubahn gab.
https://www.fastcompany.com/91272434/a-million-cars-have-disappeared-what-nyc-is-like-after-one-month-of-congestion-pricing (Öffnet in neuem Fenster)https://www.amny.com/nyc-transit/nyc-subway-crime-plummets-ridership-jumps-2025/ (Öffnet in neuem Fenster)
Und dazu der direkte Vergleich mit Berlin:
Berlins Verkehrssenatorin will mehr Tempo 50: „Wir müssen dafür sorgen, dass der Verkehr vernünftig fließen kann“
Im Interview verteidigt Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) ihre autofreundliche Politik, bremst Hoffnungen auf bessere BVG-Takte und stellt sich der Kritik, unentschlossen zu führen.
https://web.archive.org/web/20250209031747/https://www.tagesspiegel.de/berlin/berlins-verkehrssenatorin-will-mehr-tempo-50-wir-mussen-dafur-sorgen-dass-der-verkehr-vernunftig-fliessen-kann-13161232.html (Öffnet in neuem Fenster)
Reflective clothing confounds vehicle crash prevention technology.
The clothing that makes pedestrians stand out to human drivers may make them invisible to automated crash prevention systems, a new study from the Insurance Institute for Highway Safety suggests.
The new study investigated the effects of conspicuous clothing and increased roadway lighting on the performance of the pedestrian automatic emergency braking systems.
https://www.youtube.com/watch?v=uyVk_VVr2Y8 (Öffnet in neuem Fenster)
The large, heavy passenger vehicles were responsible for over 20% of the growth in global energy-related CO2 emissions last year.
https://www.iea.org/commentaries/suvs-are-setting-new-sales-records-each-year-and-so-are-their-emissions (Öffnet in neuem Fenster)
Käme ein Tempolimit von 120km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h in Ortschaften, würde der CO2 Ausstoß sofort sinken. Ein Tempolimit hätte noch viele andere positive Folgen. Wir haben die sieben wichtigsten Vorteile gesammelt.
https://www.bund.net/themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/tempolimit-diese-sieben-vorteile-haette-eine-sofortige-geschwindigkeitsbegrenzung/ (Öffnet in neuem Fenster)
516.000 Staus hat der Verkehrsclub ADAC 2024 auf deutschen Autobahnen gezählt (Öffnet in neuem Fenster), 12.000 mehr als Vorjahr. Das ist eine gigantische Verschwendung von Lebenszeit. Die Staus dauerten 448.000 Stunden, fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Und die Zahlen beziehen sich nur auf Autobahnen, die vielen Stillstände auf Landstraßen oder in Innenstädten sind nicht inbegriffen.
https://taz.de/Deutsche-Autobahnen-sind-zu-voll/!6065635/ (Öffnet in neuem Fenster)
In riesigen Autos fährt man sicherer? Nein, zeigt diese Studie. Viele Menschen fühlen sich nur in einem großen Fahrzeug sicher – auch wenn es andere gefährdet. US-Unfallforscher haben nun jedoch ermittelt, dass Monstertrucks auch ihren Insassen keinen Extraschutz bieten.
https://www.spiegel.de/auto/suv-und-pick-up-in-grossen-autos-faehrt-man-nicht-sicherer-a-4dbbbdb4-dc0b-4c84-baf9-6c91ca44d3cb (Öffnet in neuem Fenster)
Porsche will wieder mehr Verbrenner produzieren. Die Gewinne bei Porsche sind rückläufig. Der Vorstand reagiert: Das Unternehmen soll effizienter werden, mehr Verbrenner sollen die Ergebnisse steigern.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2025-02/porsche-vw-verbrenner-sportwagen-dividenden-umsatz-gewinn (Öffnet in neuem Fenster)

Nächste Woche bin ich wieder in ambulanter Reha, bin ehrlich gesagt genervt, wie schlecht ich immer noch laufe. Aber versuche, weiter geduldig zu sein.

Bleibt ihr bitte gesund und zuversichtlich!

Eure

Katja

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