Ein Mitglied ist viel mehr wert, als dir bewusst ist
Es ist Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: Warum die über den Preis einer Mitgliedschaft hinausdenken solltest.
Hallo!
Danke für die vielen netten Reaktionen auf den Newsletter der verganegnen Woche. Ich werde weiterhin politische Ausgaben schreiben, wenn es zum Thema der Blaupause passt, aber heute geht es wieder um einen etwas technischeren Begriff für Medienmacher:innen.
Interessieren dich solche Theman weniger, dann lass die heutige Ausgabe einfach aus, nächste Woche geht es weiter mit Vorschlägen zur Zukunft der öffentlichen Kommunikation. Aber falls du Geld verdienen willst mit einem eigenen Medium: unbedingt weiterlesen.
Mitgliedschaften sind ein mühsames Geschäft. Zumindest auf den ersten Blick.
Der durchschnittliche Preis für eine Mitgliedschaft bei Steady (Öffnet in neuem Fenster) beträgt knapp 6 Euro. Das ist der Brutto-Preis; es gehen noch die Mehrwertsteuer, die Zahlungskosten und die Plattformkosten ab. Je nachdem (Zahlungsanbieter, monatlich oder jährlich Zahlung) sowas wie 20 Prozent.
Netto setzt du also 4,50 Euro oder so im Monat mit einem Mitglied um. Natürlich hast du noch ein paar Kosten, die wichtigsten (und höchsten) darunter ist das, was du dir auszahlst, beziehungsweise: Was für dich übrig bleibt. Möglicherweise sind das um die 3 Euro Gewinn pro Mitglied für dich.
Um 3.000 Euro im Monat zu verdienen, brauchst du also 1.000 Mitglieder. Gehen wir von meiner Daumenregel aus „5 Prozent deiner Community zahlen (Öffnet in neuem Fenster)“, brauchst du die E-Mail-Adressen von 20.000 Leuten, um 3.000 Euro zu verdienen.
So betrachtet: Lohnen sich Mitgliedschaften überhaupt?
Warum sich Mitgliedschaften sehr lohnen
Ich würde dir gern eine andere Perspektive eröffnen, warum wiederkehrende Zahlungen wie Abos, besonders aber Mitgliedschaften, eines der besten Geschäftsmodelle überhaupt sind. Fast jedes Internet-Startup setzt aus diesem Grund beim Geldverdienen inzwischen auf „Software as a Service“ (SaaS), also die monatliche Zahlung für die Nutzung eines digitalen Angebots. Die magische Metrik zu diesem Prinzip ist der „Lifetime Value“ (LTV).
Der Lifetime Value – deutsche Übersetzung Kundenlebenswert– ist eine Kennzahl, die den durchschnittlichen Umsatz angibt, den ein Mitglied beiträgt, bevor es wieder kündigt. Einfacher ausgedrückt: Wie oft hintereinander bezahlt ein durchschnittliches Mitglied welche durchschnittliche Summe? Das LTV gibt also eine Art Lebenserwartung deiner Community an. Mit seiner Hilfe kannst du in die Zukunft schauen und zu erwartende Umsätze berechnen.
Beispiel: Über die gesamte Steady-Plattform hinweg bleibt ein Mitglied 3 Jahre dabei und zahlt wie gesagt netto – sehr konservativ gerechnet – irgendwas um die 3 Euro. 36 Monate mal 3 Euro Gewinn ergibt ein LTV von gut 100 Euro pro Mitglied.
100 Euro statt 3 Euro: Schon besser, oder?
Der Lifetime-Value ändert alles
Das ist erstmal und vor allem auch ein psychologischer Unterschied. Wenn du ein neues Mitglied gewinnst und dir denkst: „Hm, 3 Euro mehr …“, ist das wenig motivierend. Wenn du aber bei jedem neuen Mitglied die statistischen hundert Euro vor deinem inneren Auge siehst, bist du gleich viel mehr beeindruckt. Von deiner Leistung, aber auch von der Selbstverpflichtung dieses Menschen, der dir eben mal so einen Hundert-Euro-Schein auf den Tresen legt.
Zweitens kannst du aber auch Ausgaben für Marketing planen. Solange es dich nicht mehr als 100 Euro kostet, ein durchschnittliches Mitglied zu gewinnen, zahlst du nicht drauf. Diese Akquisitionskosten (CAC, customer acquisition costs) sollten auf Dauer nur etwa ein Viertel des LTV ausmachen.
Theoretisch wärst du mit einem Verhältnis von LTV:CAC von 3:1 oder besser reif für das sagenumwobene „Skalieren“. Bedeutet: Gib einfach mehr Geld aus, um mehr Kunden zu gewinnen. In dieser Situation könntest du sogar einen Kredit aufnehmen, oder – wahrscheinlicher – Investoren an Bord holen, die dein Wachstum finanzieren.
Es gibt einige unterschiedliche Methoden, das Lifetime-Value zu berechnen. Mach es dir dabei so einfach wie möglich:

Interessant wird es, die LTVs von unterschiedlichen Segmenten zu vergleichen. Am krassesten ist der Unterschied meistens bei Jahresmitgliedschaften im Unterschied zu Monatsmitgliedschaften. Jährlich zahlende Mitglieder haben nämlich ein dramatisch höheres Lifetime Value. Nach unseren Daten können (uns sollten!) Jahresmitgliedschaften 20 Prozent günstiger sein, als Monatsmitgliedschaften, und du verdienst trotzdem mehr Geld.
Zusammengefasst: Lifetime Values helfen, den Wert eines Abo- oder Mitgliedschaftsmodells realistischer zu erkennen und in die Zukunft zu planen. Sie sorgen dafür, dass man nicht zu viel ausgibt, aber auch nicht zu früh aufgibt.
Bis nächsten Montag!
👋 Sebastian
PS: Kara Swisher hat sich zwar immer noch nicht gemeldet, um meinen Rettungsplan für die Washington Post (Öffnet in neuem Fenster) umzusetzen (Skandal!), aber dafür hat sie am Erscheinungstag der letzten Blaupause einen Podcast veröffentlicht, in dem sie ausführlich über ihre Übernahmepläne spricht.
Zufall? Das glaube ich nicht!
https://open.spotify.com/episode/6km5Wq62XvIjumVGQeEi0j?si=ipUDCk0aRHu3E1EaUl0AVQ (Öffnet in neuem Fenster)🤗 Fand ich hilfreich (Öffnet in neuem Fenster) 😐 War ganz okay (Öffnet in neuem Fenster) 🥱 Für mich uninteressant (Öffnet in neuem Fenster)
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Die Trump-Regierung hat ja bekanntlich über Nacht sämtliche Entwicklungshilfe eingestellt. Betroffen sind auch viele kleine Medien in armen Ländern, deren Demokratie bedroht ist. Solche Redaktionen sind oft von Stiftungen abhängig, um zu überleben – und die bekamen ihr Geld häufig von USAID.
Für eine Stiftung, die Newsrooms in Südostasien unterstützt, habe ich am vergangenen Wochenende einen Notfallplan aufgeschrieben, wie man als kleine Medium in einer existenziellen Krise eine Mitgliedschaftskampagne aus dem Boden stampfen kann. Herausgekommen ist eine umfangreiches „Playbook“ mit vielen konkreten Templates und To-do-Listen, das ich in dieser Woche auch allen Blaupause-Mitgliedern zur Verfügung stelle.
Was du verpasst: Die Mitglieder-Ausgabe des Newsletters, Einzel-Termine mit Sebastian und exklusive Blaupause-Community-Calls.
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