Zum Hauptinhalt springen

Tagebuch: Warum ein Roman? Teil 4

Ja, ich weiß.
Aber es muss sein.
Denn es gibt Neues.

Wisst Ihr eigentlich, wie unsere Entwicklung verlaufen ist? Also die der Menschheit?
Abenteuerlich, kann ich da nur sagen.
Oder besser: Ungewöhnlich.
Ja, seltsam.

Während sich andere Lebewesen nur geringfügig verändert haben, wurde aus einem Affenwesen ein Mensch.
Unglaublich eigentlich, wenn man sich das ansieht …

Vom Baum ins Büro

Ja, so könnte man es ausdrücken.
Im Zeitraffer.
Gut, dazwischen liegen 3,4,5 vielleicht sogar noch mehr Millionen Jahre.
So genau kann das keiner sagen.
Knochen von Urmenschen sind selten.

Doch immer wieder kommt was ans Tageslicht und bringt alles durcheinander.
Die Wiege der Menschheit liegt in Afrika, so viel schien sicher.
Bisher jedenfalls.

Aber dann fand man im bayerischen Ostallgäu einen neuen Menschenaffen in 11 Millionen Jahren alten Schichten, der bereits aufrecht gehen konnte.
Und zack – ein unerwarteter Konkurrent für die afrikanischen Hominiden und ein Zweifel an der Theorie, der Mensch habe sich ausschließlich dort entwickelt.
Tja, nun ...

Auch der Stammbaum des Menschen ist wohl mehr ein breit wachsender Busch mit vielen Zweigen, denn ein Baum.  
Manche Urmenschenarten lebten gleichzeitig, nebeneinanderher sozusagen, andere vermischten sich sogar, wie vor rund 50.000 Jahren, als der frischgebackene Homo sapiens aus Afrika nach Europa wanderte und dort dem beheimateten Neandertaler über den Weg lief.
Wie das wohl vonstattenging?

Offensichtlich haben sie sich verliebt.
Kaum vorstellbar, wenn man sich die Rekonstruktionen der Neandertaler anschaut, Schönheiten waren das nicht.
Aber gut, wo die Liebe eben hinfällt – noch heute tragen Europäer das genetische Erbe von beiden Menschenarten in sich.
Vielleicht sind wir deshalb Romantiker geworden.

Nun, wie auch immer und was auch immer noch gefunden werden wird, auf dem afrikanischen Kontinent hat sich der Hauptteil der frühmenschlichen Entwicklung abgespielt. Die Überzeugung bleibt.
Und deswegen war auch der Bruder des Alten, der verschollene Urmenschenforscher, in Äthiopien unterwegs gewesen.

Das Warum

„Wofür sich mein Bruder besonders interessierte, war die Frage, weshalb das Gehirn der Frühmenschen so schnell gewachsen ist“, vertraute mir der Alte auf der Veranda der Kneipe in Gambia an. „Und …“, fuhr er dann fort, „... weshalb sie auswanderten. Fremde Länder erkunden wollten. Was war der Grund dafür?“

Ich erinnere mich noch gut an diese Worte, so eindringlich, wie der das sagte.
Zunächst konnte ich mir keinen Reim darauf machen.  
Gut, die Menschen wurden mit der Zeit immer schlauer, ok, vermutlich ist das aber auch nur Einbildung.
Denn so richtig klüger sind wir ja nicht geworden, wenn man mal mit offenen Augen aus dem Fenster sieht.

Nun, ok, auch mich lässt die Frage nicht mehr los.
Warum sind wir von den Bäumen gesprungen und losgelaufen?
In fremde Länder?
In eine unbekannte Zukunft?
Das war für so ein anfälliges Wesen wie die ersten Menschen eigentlich viel zu riskant.

Aber irgendetwas musste sie angetrieben haben ...
Ein Klimawandel konnte es nicht gewesen sein, ansonsten wären auch andere Lebewesen ausgewandert.
Was also war der Grund?

Der rätselhafte Kopf

„Es hing mit dem Fund zusammen, den mein Bruder machte“, sagte der Alte.
Und schaute dabei wieder so eindringlich, dass es mir in der afrikanischen Bruthitze kalt den Rücken runterlief.
"Der Fund ist der Schlüssel."

Anscheinend handelt es sich dabei um einen deformierten Menschenschädel, riesengroß, deshalb absurd, äußerst seltsam und eigentlich total unglaubhaft.
Wie die ganze Geschichte.

Auch war es gar nicht der Urmenschenforscher selbst, der den Monsterkopf ausbuddelte, sondern ein Kollege, der dann den vermissten Bruder, welcher zur Zeit des Fundes in Deutschland auf Vortragsreise war, in Panik anrief und ihn nach Afrika bat.
Was dieser gleich tat, rein ins nächste Flugzeug und weg.

"Das letzte Mal, als ich meinen Bruder persönlich sprach, war in einem Telefonat vom Flughafen Frankfurt, kurz vor dem Abflug", erzählte der verzweifelte Schweizer und schluckte schwer, sein gigantischer Adamsapfel sprang auf und ab.
"Danach schickte er mir nur noch Briefe. Bis nichts mehr kam."

Die beiden Wissenschaftler müssen in Äthiopien Unglaubliches erlebt haben.       
Behauptete zumindest der Alte.
Damals in Gambia.

Nichts als Fragen und Ärger

Meine Freundin war deshalb extrem sauer gewesen.
„Wie kannst du dir nur das schwachsinnige Gefasel anhören?“, raunzte sie mich an. „Schließlich wollen wir hier Urlaub machen und uns keine Gruselgeschichten von einem Besoffenen anhören. Du lässt dich aber auch auf alles und jeden ein.“

Ja, gut, irgendwie hatte sie schon recht.
Ich besuchte immer wieder das Dorf im Dschungel, wo der Alte in einer Ecke der Bar hilflos herumkauerte, dem Tode nahe.
Das konnte jeder sehen.
Und ja, ich lasse mich auf alles und jeden ein.
Meine Gutmütigkeit hat mich schon viel gekostet, zugegeben.
Andererseits jedoch …

Nun, zwischendurch muss ich einfach ein paar Gedichte schreiben, für meinen Seelenfrieden.
Für einen kurzen Ausgleich, ansonsten geht die Geschichte mit mir durch.
Aber ich will alle Teile zusammentragen, die Stücke in ein Ganzes bringen, ansonsten finde ich keine Ruhe.
Die Fragen sind zu mächtig.
Und betreffen uns alle.
Doch die Antworten bedeuten Unheil, soviel kann ich schon sagen.
Ich wünschte, es wäre anders.

Euer OWS

Zu Teil 3 (Öffnet in neuem Fenster)
Zu Teil 2 (Öffnet in neuem Fenster)
Zu Teil 1 (Öffnet in neuem Fenster)

Teasser-Bild: Jr Korpa/unsplash (Öffnet in neuem Fenster)

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von Schwarzmanns Poesie und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden