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Tagebuch: Warum ein Roman? Teil 3

Es bewegt sich was.
Trotz der Corona-Tortur, die wir gerade erleben.
Ich habe meine Recherchen ausgeweitet – über die unglaubliche Geschichte, die in Afrika begann, Ihr wisst schon.
Und dabei meine „Beweiskiste“, die alle Informationen und Dokumente beherbergt, nochmals genau studiert.

In meinem Autorenbüro habe ich dazu eine riesige Pappwand aufgebaut mit Bildern, Notizzetteln, bunten Verbindungsstrichen, wie bei einer Polizeistation in einem düsteren Krimi.  
Ich muss jeder Spur nachgehen und die Zusammenhänge finden, bevor …nun ja, lasst Euch erzählen ..

Besuche in der Hölle

Corona stresst mich, Euch bestimmt auch.
Jeder Einkauf ist ein Einstieg ins Martyrium, ich weiß jetzt, was Dante mit Inferno meinte.
Andauernd laufen mir Gestalten über den Weg oder bauen sich in meiner Nähe auf, die ihre Maske nicht richtig aufhaben, zu blöd dafür sind oder es einfach nicht wollen.
Die natürlich auch keinen Abstand halten, alles anfingern und lauthals herumbrüllen.
So, als ob es keine Pandemie gäbe und wir so etwas erlebten wie eine große Faschingsparty.
Ich scheine diese Figuren regelrecht anzuziehen.
Was will mir das Universum damit sagen?
Ich weiß es nicht.
Unbegreiflich.

Nach einer Stunde bin ich draußen aus dem versuchten Hades und atme auf dem Parkplatz erstmal tief durch.
Ich schwanke jedes Mal.
Komme mir vor wie damals auf Hawaii, als ich dem Hai begegnete.
Meine Hände sehen mittlerweile aus wie Frankensteins Pranken, so oft wasche ich die oder reibe sie ein mit Desinfektionsmittel.
Natürlich hoffe ich auf die Impfung, bin aber noch nicht dran und will kurz vor dem Ziel nicht in die Intensivstation einfahren.
Das erzeugt Druck.
Echten Druck.  

Tja, die gute alte Zeit, die ist nun 2019 gewesen.
Und warum muss ein solches Virus uns auch ausgerechnet das Atmen nehmen?
Ersticken ist ein fürchterlicher, grausamer Tod.
Qualvoll.
Weshalb verursacht der Erreger nicht einfach Pickel am Hintern?
Eingewachsene Zehennägel?
Oder von mir aus Stinkfüße?
Aber nein, immer ran ans Elementare.
Ans Bedrohlichste.
Dort, wo wir verwundbar sind.  

Wir alle.
Jeder.
Es gibt hier kein Freikaufen.
Keine Vetternwirtschaft.
Das Virus verhandelt nicht, ist hart, aber so gesehen gerecht.
Der Staat müht sich indes ab, versucht vielen Interessen zu dienen. 

Die nächste Stufe

Meine Ermittlungen haben eine neue Dimension erreicht, ja, das kann ich sagen.
Mir ist einiges klar geworden, vor allem bei meinen Fahrten 2019/2020 zu den Urmenschfunden hier in meiner Heimat.
Meine Eindrücke bestätigen die unheilvolle Annahme, die sich aus den afrikanischen Dokumenten und Beweisen ergibt.
Einige sind nur Indizien, zugegeben, aber so langsam passt alles zusammen.

Den Urmenschenforscher konnte ich immer noch nicht ausfindig machen, obwohl ich das seinem sterbenden Bruder damals in Gambia versprochen hatte.
Was hätte ich auch tun sollen?
Der arme Kerl …

Eine Figur wie aus dem Schattenreich, kurz vor seinem Tod sprach er mich an auf der Veranda dieser heruntergekommen Bar in dem westafrikanischen Dschungeldorf, wo uns die Touristenführerin mit viel Blabla hinbugsiert hatte.
Ich hielt ihn für einen bettelnden Säufer, was er ja auch war, aber diese tiefliegenden, flehenden Augen werde ich nie vergessen.
Sie hatten mich sofort erfasst, fixiert, eingefangen.  
Noch heute erscheinen sie mir im Traum, riesig, rot, unheimlich.
Der Rest vom Körper war mehr Skelett als Mensch, bis auf den großen Adamsapfel an dem ausgezehrten Hals, der wie ein Ball zitternd auf und ab hüpfte.

Gut, ich bin selbst schuld, hatte mich überreden lassen, ihm ein Bier zu spendieren und zuzuhören.
Klar, es überraschte schon, dass mich eine Figur mitten im Dschungel, im grünen Nichts, auf Schwyzerdütsch ansprach, mehr anlallte, wenn man es genau nimmt, ok, aber gut.

Es war heiß, brütend heiß, Mittagshitze, die Sonne brannte ohne Mitleid auf unsere verschwitzten Schädel, kaum auszuhalten.
Mit einem alten Bus auf holprigen Steinpisten wurden wir dorthin gekarrt, zu einer bemitleidenswerten Dorf-Kulisse, um „pures Afrika“ kennenzulernen, wie es im bunten Werbeprospekt hieß.
Aufgefallen sind mir die fröhlichen Kinder, die in ihrem Lachen trotz der ganzen Armut eine ungetrübte Liebe zum Leben zeigten.

Die Touristenmeute inklusive meiner damaligen Freundin trotteten schweißgebadet, mit glänzender Haut, eingecremten Armen und riesigen Sonnenbrillen im Gesicht auf den Batik-Markt, während ich nichtsahnend und saudurstig zu dieser Spelunke schlenderte und so in mein Schicksal tappte.
Die Falle schnappte zu.

Die Schwester in Marburg

Während der Urmenschenforscher Anfang der 1980er Jahre in Äthiopien verschwand, stand zur gleichen Zeit ein Arzt in Berlin vor einem geisterhaften Patienten, der an einer äußerst rätselhaften Krankheit litt.
Wo der Kranke herkam, ist undurchsichtig; es existieren keine offiziellen Unterlagen.
Anscheinend wurde er damals in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus Ostberlin in den Westteil der Stadt gebracht. Streng geheim alles, schließlich gab es ja noch die Mauer.
Und dieser geheimnisvolle Vorgang steht mit dem seltsamen Fund aus Afrika in Verbindung, so viel ist sicher.

Auch der Arzt verschwand spurlos.
Es gibt nichts, kein einziges Dokument über ihn.  
Nicht, dass ich nicht versucht hätte mehr rauszukriegen, nur ein Fetzen, eine Notiz, einen Eintrag irgendwo, zumindest irgendwas wollte ich ergattern, aber nein, die Schubladen und Fächer der Vergangenheit blieben für mich verschlossen.

An dieser Geschichte ist so vieles seltsam.
Doch den Berliner Doktor, ein Experte für seltene Gehirnkrankheiten, hat es tatsächlich gegeben, denn ich konnte seine Schwester in Marburg ausfindig machen.
Fragt mich nicht wie, es war – gelinde gesagt – abenteuerlich.  
Nun, die hatte ebenfalls nach ihrem Bruder gesucht, verzweifelt, hartnäckig, letztlich aussichtslos.
Wie der Alte in Gambia.

Aus dem Inneren des Nichts

Einen Beleg für die Existenz des in Afrika verschollenen Urmenschenforscher konnte ich ebenfalls finden.
Klar glaubte ich dem Alten, oder, ja, hmmm, ich zweifelte schon, ein wenig, immer mal wieder auch mehr.  
Aber der Beweis kam, direkt zu mir.
An einem Ort, an dem ich nie damit gerechnet hätte.
Niemals.

Es ist so absurd, dass ich es nicht glauben kann.
Aber die schlichte Wahrheit verblüfft oft mehr als das abgefahrenste Märchen.
Ein Psychologe, dem ich mich in der Sache anvertraut hatte, zumindest in Teilen, versuchte mir das Ganze auszureden.
Es wäre eine fixe Idee, meinte er mit strengem Blick.
Pflaume.  
Soll er doch.
Ich weiß, was ich weiß.

Und was ich habe.
Ein Dokument von größter Brisanz gelangte vor einigen Jahren in meine Hände. Über eine ehemalige polnische Studienkollegin der Frau eines Bankerfreundes in Bad Nauheim.
Die Wege, die das Leben geht, sind Wahnsinn.
Aber das war der klare Beleg.
Keine Zweifel mehr!
Die Unterlagen liegen vor mir.
Genau hier, neben der Computertastatur.
Und ich schaue sie immer wieder an.
Fasse sie an.
Sie sind Realität, glaubt mir.
Hier, seht.

Pfff … ich wollte damals bei meinem Besuch dort in Bad Nauheim gar nichts erwähnen.
Von der Geschichte in Afrika.  
Wollte das vorerst für mich behalten, aber es ist mir einfach so herausgerutscht.
Nach drei Bier.
Manchmal sollte man den Drink ausschütten, nicht sein Herz.  
Aber – was soll ich sagen?
Zack!
Wie aus dem tiefsten Inneren des Nichts kam durch eine kleine Bemerkung –denn viel hatte ich nicht erzählt – eine Lawine in Gang, die letztlich alles veränderte.
Und schließlich das Ganze ans Tageslicht bringen wird.
Sofern ich bis zum Ende durchhalte.
Sicher ist das nicht.
Ich packe alles wieder ein.
So, Schluss für heute.

OWS

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Bild: Jr Korpa/unsplash (Öffnet in neuem Fenster)

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