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Teamarbeit

Dobrinka Tabakova: Insight für Streichtrio (2002)

In Robert McKees Drehbuchbibel “Story” steht irgendwo, dass ein Film dann spannend ist, wenn man nicht weiß, wie er weitergeht, es aber gerne wissen würde. Bei viel zeitgenössischer Musik geht es dem Publikum so, dass es zwar nicht weiß, wie die Musik weitergeht, es ihm aber auch herzlich egal ist.

Deshalb hat die “Alte Musik” (Bach und früher), die “klassische” klassische Musik (Mozart und Beethoven) und die Romantik (Schubert, Bruckner, Grieg) mehr Fans als die “Neue Musik” (also vor allem die deutsche Nachkriegsmusik für klassische Instrumente): Weil man nicht weiß, wie es weitergeht, es gerne wissen will und es dann auch noch auf befriedigende Weise erfährt. Oder man weiß, wie es weitergeht, freut sich aber auf die Befriedigung, wenn es dann genau so kommt. Das ist auch bei Minimal Music und bei Electro so: Wir lassen uns mit den in der Schwebe gehaltenen Harmonien so lange quälen, wie es gerade noch sexy ist.

Die Musik des heutigen Newsletters ist zwar von 2002, aber völlig tonal, es ist also klar, wo die Harmonien hinwollen, die musikalischen Motive sind relativ leicht identifizierbar und es gibt einen verständlichen, befriedigenden musikalischen Bogen. Die Vertreter der “Neuen Musik” würden bestreiten, dass diese Musik avantgardistisch ist, dafür ist sie zu sehr auf einen Effekt aus. Sie ist eher, wenn man diese Schubladen denn partout aufziehen muss, richtig gut gemachte Unterhaltungsmusik. Das ist ein Kompliment. Und Dobrinka Tabakovas Insight ist obendrein ein Ohrwurm.

Es handelt sich um Musik für Streichtrio, eine Besetzung die traditionell aus Cello, Bratsche und Geige besteht. Die britisch-bulgarische Komponistin fügt diese Instrumente in ihrem knapp zehnminütigen einsätzen Werk aber zu einem großen, neuen, mystischen Meta-Instrument zusammen. Tabakova will einen Sound erzeugen, der wie ein einziges, anderes Instrument oder eine Instrumentengruppe klingt. Sie fragt: Könnte es ein Akkordeon sein oder eine Fanfare für Blechbläser?

Insight ist ein Streichtrio mit dem Ziel, das Streichtrio zum Verschwinden zu bringen. Die Instrumente verschmelzen zu einem gemeinsamen Eindruck. Es ist auch eine Metapher für Teamarbeit. Wenn wir zusammenarbeiten, tritt die Einzelne, der Einzelne, hinter dem Gesamteindruck zurück. Und ein Streichtrio ist natürlich nicht nur eine Metapher für Teamarbeit, es ist auch im Wortsinn welche. Niemand dirigiert, man stimmt sich durch Blicke und Kopfnicken ab. Es gibt auch in Insight Momente, in denen das Individuum kurz aufleuchtet, es sind kurze solistische Passagen, kurze geduldete Ausbrüche, mehr nicht.

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Hinter dem Soundcloud-Link verbirgt sich ein Live-Mitschnitt mit dem litauischen ASCH Trio, für das Tabakova ihr Stück geschrieben hat – es sollte also wissen, wie es zu spielen ist. Der Spotify-Link führt zu einer Aufnahme in besserer Qualität. Und bei YouTube gibt es noch ein Video mit Bild, aber nicht so gutem Ton. Tabakova ist bekannt, aber noch nicht berühmt, also müssen wir uns ihre Musik online irgendwie zusammenpuzzlen. Geht aber auch:

https://soundcloud.com/dobrinka_tabakova/d-tabakova-insight (Öffnet in neuem Fenster)

Links: Soundcloud (Öffnet in neuem Fenster), YouTube (Öffnet in neuem Fenster), Spotify (Öffnet in neuem Fenster)

Schöne Grüße aus Berlin
Gabriel

Kategorie Neoklassik & Crossover

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