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Was wir aus dem Portfolio der NYT lernen können

Die New York Times gilt oft als Benchmark für die Vertikalisierung, das Bundling und Upselling von Abos. Aber was steckt eigentlich wirklich dahinter? Welche Strategie verfolgt die NYT? Wie ist das Portfolio aufgebaut? Und was kannst Du daraus lernen?

Aufbau des Portfolios

Die NYT gliedert ihre Abos intern in 2 Produktgruppen:

📰 News Product

Als “News Product” bezeichnet die New York Times den Zugang zu allen redaktionellen Nachrichtenartikeln auf der Webseite und in der NYT App. Das News Product wird auch als “Core Product” bezeichnet.

Es bildet also den Kern des Abo-Portfolios, da es aktuell den größten Abo-Stamm aufweist und laut eigenem Research auch weiterhin das größte Abo-Potential mit sich bringt.

Das News Abo only kostet in den USA 17 $ alle 4 Wochen. Der Preis zeigt auch: So günstig wie wir im deutschen Raum denken, ist die NYT gar nicht. Wir sehen hier nur zumeist die günstigeren internationalen Preise.

😎 Lifestyle Products

Daneben bietet die NYT auch 4 Abos in der Kategorie “Lifestyle Products” an, die sich auf einen bestimmten Themenbereich spezialisieren. Alle Vertikal-Abos sprechen einen klar definierten Nutzen für die Abonnenten aus:

  • Games: Play puzzle games to improve

  • Cooking: Love recipes and meal ideas

  • Sports (The Athletic:): Follow their favorite teams

  • Shopping (Wirecutter): Seek out product reviews

Die Abos sind einzeln abonnierbar und kosten jeweils 5 $ alle 4 Wochen. Eine Ausnahme stellt The Athletic mit 8 $ dar.

Im Bundle-Abo 🏠 All Access bündelt die NYT alle 5 Produkte in einem Abo und kostet 25 $ alle 4 Wochen. Das große Bundle-Abo ist für Print-Abonnenten kostenlos im Abo enthalten.

Zahlen und Daten

Dabei weist die NYT zum Ende des 3. Quartals 2023 folgende Abonnenten-Zahlen je Abo aus:

  • Digital Bundle: 3,8 Millionen

  • News Product Only: 3,0 Millionen

  • Lifestyle Product Only: 2,6 Millionen

Beim Lifestyle Product Only wird leider nicht weiter differenziert. Zum Vergleich: Die gedruckte NYT wird von 670.000 Abonnenten bezogen.

Insgesamt kommt die NYT auf 9,4 Millionen Digital-Abonnenten, wovon rund 68 % auch das core product “News” abonnieren (entweder als News Only oder im Bundle). 32 % aller Digital-Abonnenten beziehen demnach ausschließlich eines der Lifestyle Produkte.

Interessant ist dabei auch der ARPU (Average revenue per User), also wie viel Umsatz die NYT mit einem Abonnenten innerhalb von 4 Wochen generiert. Auch hier stammen die Zahlen aus dem 3. Quartal 2023:

  • Digital Bundle: 12,81 $

  • Core Product Only (News): 10,05 $

  • Lifestyle Product Only (Cooking, Games, Wirecutter, Athletic): 3,48 $

Im Schnitt erreicht die NYT damit einen ARPU von 9,28 $. Auffallend ist hier die recht hohe Differenz des ARPU im Vergleich zum US-Standardpreis. Dies liegt daran, dass die NYT recht häufig rabattierte Einstiegs-Angebote für das erste Jahr ausruft und die internationalen Preise deutlich geringer ausfallen. Ende 2022 waren rund 20 % des Bestands internationale Kunden.

Die Strategie dahinter

Nachdem Blick darauf, wie das Portfolio aufgebaut ist und wie sich die Abo- und Umsatzzahlen verteilen, versuche ich nun eine Interpretation der Strategie dahinter. Als Grundlage hierfür dienen die Quartals- und Jahresberichte sowie die Präsentation am Investor Day 2022.

Marktdurchdringungs-Strategie

Die NYT definiert ihren TAM (Total Addressable Market = bezeichnet die Gesamtmarktgröße, die ein Produkt theoretisch erreichen könnte) als “educated, curious people interested in digital news and other lifestyle products”. Sie beziffert die Größe an Nutzern, die bereit wären für englisch-sprachige digitale Nachrichten, Sport-Infos, Rezepte, Puzzles und Produkt Reviews zu zahlen auf mindestens 135 Millionen Menschen. Die größte Gruppe innerhalb des TAMs hat die NYT für digitale News identifiziert.

Games als eigenständiges Standalone-Abo gibt es seit 2012. Cooking entwickelte die NYT als neuen Bereich in 2016 – in Q3 2017 wurde es dann neben Games zum zweiten Standalone-Abo der NYT. In Q3 2021 kam ein Abo für Wirecutter hinzu, das die NYT bereits 2016 kaufte. Und in 2022 erwarb die NYT The Athletic inkl. Standalone-Abo.

Liest man sich die Jahres- und Quartalberichte der NYT durch, sollten die Abos für Games und Cooking zunächst neue Zielgruppen erreichen und somit die Anzahl der digitalen Abonnenten erhöhen. Ziel war eine Marktdurchdringung, in dem der TAM bestmöglich ausgeschöpft wird. Eine gezielte Bundle-Strategie mit Maximierung des Umsatzes schien es zumindest am Anfang noch nicht zu geben.

Upselling-Strategie

Von 2013 bis 2020 fiel der ARPU jedes Jahr – wahrscheinlich auf Grund der starken Marktdurchdringungsstrategie. Erst 2021 begann die NYT gezielt die Lifestyle Produkte Games und Cooking mit dem Core Product “News” zu bundeln. Mit dieser Upsell-Strategie sollten vor allem die Haltbarkeit (Bundle-Abonnenten kündigen 40 % weniger als News Only Abonnenten) und damit der ARPU gesteigert werden.

Hier gab es also einen Strategie-Wechsel, der aus meiner Sicht in 2023 auch noch einmal verstärkt wurde: Klares Ziel ist mittlerweile, Kunden in das höherpreisige Bundle zu bewegen.

  • Es gibt Pre- und Post-Upsellings in den Bestellstrecken. D.h. zum Start der Bestellstrecke bietet die NYT dem Nutzer ein mögliches Upselling an (Pre-Upselling) oder am Ende der Strecke auf der Danke-Seite (Post-Upselling).

  • Egal, ob Nutzer über das News Produkt, Games oder Cooking einsteigen: Auf der Paywall ist immer das große Bundle vorausgewählt.

  • Bestehende Abonnenten bekommen regelmäßig per E-Mail und auch im Produkt selbst Upselling-Angebote.

Auf den ersten Blick scheint dieser Strategie-Wechsel auch aufzugehen. Vom 3. Quartal 2022 zum 3. Quartal 2023 stieg die Gesamtzahl der Digital-Abonnenten von 8,6 auf 9,4 Millionen Abonnenten (+0,8 Millionen). Das Bundle wuchs dabei überproportional von 2,1 auf 3,8 Millionen (+1,7 Millionen).

Bei einem etwas detaillierteren Blick zeigen sich aber 2 Herausforderungen:

  • Der Shift scheint aber vor allem vom News Only Abo zu kommen. Dieses verlor im gleichen Zeitraum 1,4 Millionen Abonnenten, während die weiteren Verticals wie Games und Cooking sogar leicht anstiegen. Es wird hier spannend sein, ob die NYT es schafft, auch die deutlich günstigeren Vertical-Abos Games und Cooking (5 $) in das große Bundle (25 $) zu führen. Bisher scheint dies nämlich vor allem beim sowieso schon höherpreisigen News Only Abo (17 $) zu gelingen.

  • Im gleichen Zeitraum sank der ARPU des Bundles von 15,77 $ auf 12,81 $. Ein Indikator dafür, dass die NYT das Bundle v.a. durch niedrigere Einstiegspreise pusht. Es wird hier interessant zu sehen sein, ob die NYT den höheren Standard-Preis für das Bundle auch tatsächlich nachhaltig wird durchsetzen können.

5 Dinge, die Du lernen kannst

Aus dem aktuellen Abo-Portfolio der New York Times und dem Weg dorthin lassen sich aus meiner Sicht 5 Learnings ableiten:

  1. News alleine reichen irgendwann nicht mehr aus: Die NYT zeigt, dass das Hinzufügen von Lifestyle Produkten (Spiele, Kochen, Sport) neben dem wichtigen Kernprodukt News ein starker Hebel ist, um das Engagement zu treiben und Churn zu senken. Die NYT ist das Amazon Prime (schneller Versand, Musik, Filme, Serien etc. in einem Abo) der Publisher.

  2. Klare Produkstrategie und -kommunikation: Die Aufteilung in News und Lifestyle Produkte finde ich für die interne Kommunikation sehr gut. Zudem hat jedes Abo der NYT ein prägnantes Nutzungsversprechen, was das Portfolio extern als auch intern klar macht.

  3. Upselling und Cross-Selling: Egal ob mit Pre-Upselling vor dem Kauf oder Post-Upselling nach dem Kauf, die NYT forciert das Upselling in das nächstgrößere Abo – und das auch mit aggressiveren Preisen. Hier können sich andere Publisher noch einiges abschauen, um den ARPU und die Haltbarkeiten zu erhöhen.

  4. Nicht einfach bestehenden Inhalt in ein neues Abo verpacken: Für die Standalone-Abos hat die NYT immer neue Bereiche aufgebaut (Cooking), stark ausgebaut (Games) oder neu hinzugekauft (The Athletic).

  5. Der größte Verteiler ist immer noch das News Produkt – was eine Schwachstelle sein kann. Auch für die NYT ist das Einfallstor für die Lifestyle Produkte das News-Produkt: Auf nyt.com (Öffnet in neuem Fenster) gibt es diverse Absprünge in Cooking und Games. Dass dies zu einer Schwachstelle werden kann (der Platz auf einer Homepage ist begrenzt), hat die NYT erkannt: Nicht zuletzt deshalb wurde u.a. Wordle mit einer großen bestehenden Nutzerschaft hinzugekauft. Mit Erfolg: Nach der Einführung von Wordle verdoppelten sich die Nutzer im Spiele-Bereich der NYT.

Ich hoffe, der Artikel hat Dir einen guten Einblick in die Abo-Welt der NYT gebracht und Dir eventuell die ein oder andere Inspiration für Dein eigenes Portfolio gegeben.

Sascha

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Alle Zahlen und Fakten dieses Artikels entstammen aus Quellen der NYT:

Kategorie Snacks