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Er war der Absolute. Mr. 100%.

Ein Nachruf auf Absolute Andy (1983 - 2023)

Absolute Andy bei seinem Turniersieg 2018. Credit: Alexander Simon

(Bild: Alexander Simon)

Es war an einem Samstag im Oktober. Mitten im Sauerland.

Die Temperaturen waren ungewöhnlich mild für diese Jahreszeit. Die Fahrt von Frankfurt nach Olsberg im Sauerland verlief problemlos. Mit dem “Catch-Mobil”, so nannten wir meinen Audi A3 damals, waren Chosi und ich zu jener Zeit viel in Deutschland unterwegs. Oft ging es nach Essen, Uelzen, doch heute war Olsberg dran. Die Vorfreude war groß, denn an diesem 14. Oktober 2003 stand das bislang größte Wrestling-Event deutscher Ligen der vergangenen Jahre an: GSW International Impact! Der Main Event lautete Michael Kovac vs. AJ Styles, doch auch auf den "American Dragon” Bryan Danielson freuten wir uns.

International Impact. Ein für damalige Verhältnisse riesiges Event im deutschen Wrestling. Im vierten Match des Abends betraten die “Ghetto Boys” den Ring und niemand wusste so wirklich, wer diese beiden Jungcatcher sind. “Who are you?” grölten die Fans, auch ich. Doch einen Namen, den sollten wir so schnell nicht mehr vergessen. Es war die Geburtsstunde von “Ghetto Boy Andy”, aus dem wenig später “Absolute Andy” wurde.

Der junge Absolute Andy bei GSW International Impact 2003

(Bild: GSW/Rings of Europe Youtube (Öffnet in neuem Fenster))

In der Folgezeit entwickelte sich Andy vom Tag Team Wrestler hin zum Singles-Wrestler und schnell zu einem absoluten Mainstay im deutschen Wrestling. Er war einer der ersten eigenen Stars von German Stampede Wrestling (GSW), trat im gesamten Bundesgebiet früh gegen internationale Stars wie Morishima an und ab 2006 stand er auch für Westside Xtreme Wrestling (wXw) im Ring.

Fortan folgten viele Titelregentschaften. Sei es im Team mit Steve Douglas in der wXw oder allein als World Heavyweight Champion der GSW, Andy wurde stets mit großen Matches in Verbindung gebracht. Wenn er auf der Card stand, war es für mich ein Grund, dort hinzufahren. Ob nach Soest oder Saarlouis, Mannheim oder Mühlheim, Uelzen oder Oberhausen.

Zu seinen Karrierehighlights zählen fraglos die Kämpfe gegen internationale Topstars wie Hiroshi Tanahashi, Bryan Danielson, Zack Sabre jr., Ilja Dragunov, Timothy Thatcher, aber auch die Tag Team Fights mit Marius Al-Ani gegen seinen ehemaligen Trainer Chris Hero und JT Dunn, WALTER und Axel Dieter jr. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen und so ist Andy für mich auch völlig selbstverständlich auf Platz 2 der Top 10 wXw-Wrestler aller Zeiten (Öffnet in neuem Fenster).

Doch zwei Momente haben sich in meinem Kopf besonders festgesetzt: 15 Jahre nach Karrierebeginn gewinnt Absolute Andy das wichtigste Turnier in Europa, das 16 Carat Gold. Ich hatte ihn 2018 nicht als Turniersieger auf dem Zettel, doch mit tollen Fights gegen Matt Riddle, Timothy Thatcher und schlussendlich David Starr errang er die Trophäe und startete in den goldenen Herbst seiner Karriere, der ihn zum zweiten absoluten Höhepunkt führte, dem Titelgewinn des wXw Unified World Wrestling Championship im August 2018 gegen Ilja Dragunov.

Absolute Andy mit der Carat-Trophäe.

Es war die Krönung eines Wrestlers, der im Ring stets sein letztes Hemd gab, um die Fans zu unterhalten. Seine Liebe zum Wrestling und zu den Fans ist beispielhaft und definiert Wrestling für mich. Wenn ich jetzt sehe, wie viele Kollegen und Kolleginnen um ihn trauern, dann erahne ich, welch einen Einfluss Absolute Andy auch auf seine Weggefährten hatte, sei es im oder abseits des Ringes. Und ich erkenne, dass sein Humor, eine breite Palette von Dad-Jokes bis hin zu sich selbst auf den Arm nehmenden Witzen, nicht nur die Fans in der Halle und an den Bildschirmen unterhielt, sondern Andy auch Backstage ein ganz schöner bajuwarischer Witzbold war.

Marvin (l.) und Jesper (r.) mit Absolute Andy im Frühjahr 2020 in Hamburg.

Ich frage selten Wrestler um Fotos, will niemandem auf den Keks gehen und verspüre den Drang auch kaum. Lediglich mit WALTER, Thatcher, Yoshihiro Takayama, Bret Hart habe ich in den über 30 Jahren als Fan ein Foto gemacht. Und eben auch mit Absolute Andy. Weil Absolute Andy, die “Rohrzange aus Franken”, der “Adler der wXw” wirklich “Mr. 100%” war. Weil Absolute Andy mich in 20 Jahren so unfassbar oft unterhalten hat, weil ich wegen ihm so oft gejubelt, gebuht, gelacht, gefeiert habe. Weil er mir ans Herz gewachsen ist. Seit diesem lauwarmen Oktober-Abend im Sauerland vor 20 Jahren.

Lieber Andy, ich danke für all die Erinnerungen. Ein letztes Mal spiele ich deine ikonische Musik. Es war mir ein Fest. Ruhe in Frieden.

https://youtu.be/KfWWJovEuQs?si=-yJ_-a4MAB7NtpfA (Öffnet in neuem Fenster)

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