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Queermed Recap 2020

Es war ein sehr aufregendes Jahr für Queermed. Aber vor allem auch ein sehr dankbares. Dankbar für all die Menschen, die das Projekt auf irgendeine Weise unterstützen. Sei es über Flyer & Sticker verteilen, darüber auf Social Media oder Offline zu sprechen oder eben hier über Steady-Mitgliedschaften. 

Dadurch konnte Queermed unglaubliches dieses Jahr erreichen und ich möchte gerne euch einen etwas asuführlicheren Recap geben, was alles passiert ist. 

(Da ich die Newsletter in Ich-Form verfasse, nur als kleiner Reminder: Hi, ich bin Sara (keine Pronomen / they) und bin Gründer*in von Queermed. Aktuell bin ich auch die einzige feste Person im ganzen Team, jedoch habe ich in der Vergangenheit und aktuell immer wieder an wichtigen Punkten ein- oder mehrmalige Unterstützung von Freund*innen, Bekannten und Allies erhalten. )

Januar

Das Jahr hatte bereits sehr stark für Queermed angefangen. Zum Jahresanfang wurde das Interview Queemed aka mir als Gründer*in im Siegessäule Magazin veröffentlicht (Öffnet in neuem Fenster). Solche Momente sind für mich bis heute sehr surreal. Das eigene Gesicht in einem Magazin oder einer Website zu sehen und über ein Thema zu sprechen, was einem sehr am Herzen liegt ist beängstigend aber gleichzeitig auch motivierend. 

Über den Monat hinweg gab es ein großes Thema die Website betreffend, vor allem der Suchmöglichkeiten für User*innen.

Queermed sah im Januar tatsächlich noch etwas anders aus: 

Tatsächlich gab es im Januar noch Listen. 16 Listen, eine Liste pro Bundesland. Auf jeder Seite wurden dann, je nach Fachbereich, alle Ärzt*innen alphabetisch genannt. Das war natürlich bei der Menge an Empfehlungen damals irgendwann sehr zeitintensiv, sich als User*in zurecht zu finden. 

Deshalb arbeitete ich im Hintergrund daran, eine interaktive Suche aufzubauen, die ihr aktuell noch auf der Website finden könnt. Ein guter Freund von mir hat mich dabei unterstützt, der sich viel besser mit diesem ganzen Thema auskennt als ich. Zwar kenne ich mich durch meine Lohnarbeit mit Websites aus, aber habe keine fundierten Webdevelopment-Kenntnisse. 

Die Umstellung hat entsprechend mehrere Wochen gedauert, da auch damals schon etwa 200 Empfehlungen einzeln eingetragen worden sind, damit jeder Eintrag über die Suche gefunden werden konnte. 

Ende Januar war es dann soweit. Es war schon sehr aufregend, dieses neue Feature live zu sehen. Und auch das positive Feedback von außerhalb war unfassbar schön. 

Dazu kam ein weiteres Interview zu Queermed raus, dies mal im NOZ (Öffnet in neuem Fenster), was ein regionales Online-Portal ist und für den Raum um Osnabrück Nachrichten schreibt. Hier war es aufregend, dass auch Medien ohne starken Community-Fokus, wie bspw. die Siegessäule, Queermed und dessen Notwendigkeit als journalistisch relevant ansieht und darüber berichten möchte. 

Zur gleichen Zeit ist aber auch etwas anderes passiert. Queermed und andere Organisationen, Vereine und Gruppen wurden vom Kampnagel - Theater nach Hamburg eingeladen. Alles im Zuge ihrer Veranstaltungsreihe Gendermedizin (Öffnet in neuem Fenster). Es war ein sehr aufregendes Erlebnis und mich hat sehr gefreut, dass vor allem Queermed als etwas "Wichtiges" gesehen worden ist. Und vor allem noch mehr Reichweite und Kontakte erhalten hat. 

März

Im März gab es wieder eine kleine Prämiere zu feiern: Queermed und ich haben das erste Mal an einem Podcast teilgenommen. Es war ungewohnt in einem solchen Setting über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Eingeladen wurde ich von Nicole Schweiß und Christina Schreck, zwei Lehrerinnen in Köln zu ihrem Podcast "Kleine Pause". Hauptsächlich befasst sich der Podcast mit schulrelevanten, pädagogischen Themen. 

Wir hatten in unserer gemeinsamen Folge über "Interdisziplinität und den Zusammenhang von Diversitätssensibilität im medizinischen Bereich und der Schule" (Öffnet in neuem Fenster)gesprochen. Auf jeden Fall ein sehr anspruchsvoller Titel für meine Podcastprämiere. Jedoch haben es mir Nicole und Christina sehr leicht gemacht, mich im Gespräch wohl zu fühlen, eigene Erfahrungen zu teilen und gleichzeitig über die Notwendigkeit von sensibilisierte Arbeit in der Schule als auch im Gesundheitswesen zu sprechen. 

Der Podcast der beiden ist eine absolute Empfehlung! Es sind immer tolle und intelligente Gäst*innen eingeladen und die Gespräche regen dazu an, das eigene Verhalten auf ein neues zu reflektieren und auf eine inklusivere und respektvollere Zukunft für alle hinzuarbeiten. 

Mai

Erinnert ihr euch an den NOZ-Artikel, den ich oben erwähnt habe? Dieser hatte die Aufmerksamkeit einer Dozentin der Hochschule Osnabrück auf Queermed gelenkt und ich dürfte eine erneute Prämiere feiern: Teilnahme als Redner*in in einer Hochschulveranstaltung für Studierende. 

In diesem Fall waren es Sozialpädagogikstudierende, denen ich das Projekt vorstellen durfte. Die Vorbereitung zu dieser Veranstaltung hat mir geholfen noch einmal vor Augen zu führen, warum Queermed für mich persönlich so wichtig ist: Ich möchte in irgend einer Form zu einer Veränderung beitragen, dass sich langfristig etwas im Umgang mit diskriminierungserfahrenen Menschen im Gesundheitswesen tut. Weil es einfach nicht sein kann, dass wir Studienergebnisse, wie von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vorliegen haben, mit Erkenntnissen, dass in den letzten zwei Jahren (die Studie ist 2021 rausgekommen) mindestens 1 /4 der befragten Menschen Diskriminierung im Gesundheitswesen erfahren haben. (Öffnet in neuem Fenster) Zu ähnlichen Ergebnissen kommt es auch beim Afrozensus (Öffnet in neuem Fenster), der sich auf afrodiasporische, afrikanische und Schwarze Menschen fokussiert hat.   

Mein Vortrag wurde positiv und wissbegierig aufgenommen und ich hoffe ich konnte sowohl der Dozentin (vielen Dank nochmal an dieser Stelle an Dr. Marina Granzow für diese Möglichkeit) und den Studierenden etwas auf den Weg mitgeben. 

Im Mai manifestierte sich außerdem ein Thema, dass ich endlich angehen musste: Queermed sollte auf eigenen Beinen stehen. Was als kleines Heimprojekt angefangen hatte, wurde zu einem Projekt unerwarteter Größe. Und vor allem finanzieller Notwendigkeiten. Denn neben Hostingkosten kamen immer weitere Kosten dazu. Anfangs dachte ich, dass das Auslegematerial weniger interessant wäre, jedoch war die Nachfrage enorm. Gleichzeitig musste ich wiederholt Veranstaltungseinladungen absagen, da ich mir die Reisen privat nicht leisten konnte. Die Eingespanntheit in der eigentlichen Lohnarbeit waren ein weiterer Faktor. 

Jedoch war mir auch bewusst, dass wenn Queermed weiter wachsen soll, es auch neben der Reichweite nachhaltige finanzielle Unterstützung braucht. 

Somit war die Entscheidung für die Gemeinnützigkeit getroffen. Da aber für mich nur die Option der gemeinnützigen UG machbar war, mussten auch dafür die finanziellen Vorraussetzungen erfüllt werden. Und diese sind im Vergleich zu einem Verein deutlich kostenintensiver. Nach mehreren Austäuschen mit anderen Menschen aus der Community habe ich mich getraut, über ein Crowdfunding nach Unterstützung aus der Community zu fragen. 

Nach einer Evaluation der möglichen Plattformen bin ich auf Startnext gelandet. Auch das war für mich eine komplett neue Erfahrung, denn zu dieser Crowdfunding - Kampagne waren auch neben der finanziellen Unterstützung der Community auch Organisationen, Vereine und co gefragt, die mich mit Sachspenden untersützt haben. An dieser Stelle nochmal ein großes Danke schön an: 

Die Crowdfunding-Seite (Öffnet in neuem Fenster) findet ihr immer noch live.

Anhand des Bildes könnt ihr sehen, dass dieses Crowdfunding erfolgreich gewesen ist. Ehrlicherweise habe ich nicht daran geglaubt, dass die Summe erreicht wird. Aber ich wurde vom Gegenteil überzeugt. Es waren sehr viele Leute dabei, die das Crowdfunding unterstützt haben: Ob über eigene Beteiligung oder über das Teilen auf den sozialen Kanälen. 

Sogar Studierendengruppen aus Aachen und aus Hamburg haben das Crowdfunding mit Kuchenverkäufen unterstützt. 

Diese Erfahrung war unglaublich für mich. Zu sehen, dass Leute an das Projekt und damit auch an mich geglaubt haben. Und dieses ganze Vertrauen in die Aufgabe und Notwendigkeit des Projekts ist wundervoll. Denn es bestärkt auch mich darin, weiter zu machen. 

In einer Zusammenfassung zum Crowdfunding kann ich sagen: Es ist für eine einzige Person kaum zu schaffen. Das schreibe ich, weil ich mich bei dem Crowdfunding von Queermed um alles alleine gekümmert habe. Die Kommunikation, der Einkauf der Goodies, der Versand usw.. Es war alles sehr kräftezehrend. 

Jedoch war ich auch froh drum, dass der nächste Schritt bald darauf kommen würde und Queermed endlich gemeinnützig sein wird. Dachte ich zumindest damals.

(Bevor es jetzt um den ganzen bürokratischen Marathon geht, möchte ich gerne auf die weiteren schönen Erfahrungen eingehen, die in der Zwischenzeit passiert sind. )

Juli

Im Juli ist ein größeres Interview beim Veto-Magazin (Öffnet in neuem Fenster) erschienen. Im Vergleich zu den anderen Interviews gab es da ein besonderes Erlebnis für mich: Ich wurde fotografiert. Für das Interview. Von einem professionellen Fotografen. Wow. 

Das war ein aufregendes und schönes Erlebnis. Vor allem wenn ich zurückblicke. Ich habe persönlich kaum Fotos von mir auf denen ich mich sichtlich so wohl fühle in meiner eigenen Haut wie auf diesen Bildern. Schaut sie euch beim Fotografen Martin Lamberty (Öffnet in neuem Fenster) gerne an.

Eine weitere tolle Sache für die Menschen, die Queermed nutzen, ist auch endlich fertig geworden: Alle Empfehlungen sind seit Mitte Juli auch auf Englisch verfügbar. Dies war auch mit einem sehr langwierigen Prozess verbunden, da die Übersetzungen der mehreren Hundert Empfehlungen händisch getätigt werden mussten. Es hatte mich gefreut, dass dieses Update auch in der Community positiv aufgenommen wurde und sich somit gelohnt hat. 

Zwei weitere Sachen hatten im Juni ebenfalls noch stattgefunden: meine zweite Einladung zu einer Podcast-Folge diesmal im Pridemonth. Eingeladen wurde ich von den Moderator*innen von "Willkommen im Club", einem Podcast vom Bayerischen Rundfunk. Darin ging es dann hauptsächlich um die Zugänglich - und Notwendigkeit von queerfreundlichen Praxen für die Community (Öffnet in neuem Fenster)

Der Monat endete mit einem Interview beim Amboss-Blog (Öffnet in neuem Fenster), einem Blog der vor allem von Menschen gelesen wird, die in der Medizin tätig sind und/ oder sein werden. 

Oktober

Neben dem Erreichen von über 500 Empfehlugnen auf Queermed habe ich daran gearbeitet, die Website sowohl für Menschen aus der Community als auch Praxen informativer zu gestalten. Denn über die Website kamen auch einige Ärzt*innen und Therapeut*innen, die sich positiv über dieses Projekt und die eigene Empfehlung geäußert haben. Dadurch habe ich die Chance gesehen, Themen näher an die Praxen zu bringen in der Hoffnung, dass auch dadurch die Selbstreflexion bei Behandler*innen angeregt werden könnte. 

Neben dem Leitfaden für den sensibilisierten Umgang mit Patient*innen gibt es seit Oktober auch eine Bücherliste (Öffnet in neuem Fenster), welche alle möglichen Themen wie LGTBQIA*, Klassismus, Antisemitismus und mehr sammelt. Die Liste wird regelmäßig erweitert und umfasst bereits über 50 Titel. 

Gründungsprozess Mai - September

Das nervenaufreibenste Thema sollte erst auf mich zukommen. In weiser Voraussicht hatte ich bereits vor dem Beginn des Crowdfundings mehrere Notariate angeschrieben mit der Frage, ob diese bereits Erfahrung mit der Gründung von gemeinnützigen UGs gehabt haben. Zum Beginn des Crowdfundings hatte ich dann ein Notariat gefunden, was mir kompetente Unterstützung zugesichert hatte. Nur dass ich dann am Ende doch auf mich alleine gestellt war, war keine tolle Erfahrung. 

Bei der Gründung der gUG musste ich einige Schritte ablaufen, bevor es letzten Endes klappen sollte: 

  • Abklären bei der IHK wegen des Namens der gUG (kostenfrei)

  • Aufsetzen des Gesellschaftsvertrags (kostenfrei bis die notarielle Beurkundung stattfindet)

  • Einsendung des Gesellschaftsvertrags zu einer Vorabprüfung beim zuständigen Finanzamt

Und gerade der letzte Punkt hatte mich monatelang aufgehalten. Eigentlich sollte die Prüfung nach einem Mal erledigt sein. Jedoch war mir damals nicht bewusst, dass der notwendige Abschnitt im Gesellschaftsvertrag nicht den notwendigen Anforderungen für die zugestandene Gemeinnützigkeit erfüllt hatte. Dabei fehlte die Unterstützung seitens Notariats mich zu leiten und stattdessen wurde einfach meine nicht auf "Beamtendeutsch" zusammengeschriebenen Textblöcke übernommen. Und über Monate kam eine negative Rückmeldung auf jede neue Anpassung. Beim Notariat habe ich damals auf Rückfragen keinerlei hilfreichen Informationen erhalten. 

Nach einer Weile habe ich mich selbst auf die Suche nach online einsehbaren Gesellschaftsverträgen von bestehenden gUGs begeben. Da hat es mir die Sprache verschlagen: Über das Internet habe ich ohne fachliche Expertise die notwendigen Textbausteine gefunden, die notwendig waren, damit das Finanzamt eindeutig und klar, gemäß der Abgabenordnung, verstehen kann, warum eine Gemeinnützigkeit gegeben sein sollte. (Bitte entschuldigt, wenn ich diesen Abschnitt nicht rechtlich korrekt ausformuliert habe)

Davon angespornt habe ich mich auf die Suche nach einem neuen Notariat gemacht; nach mehreren E-Mailanfragen bei anderen Kölner gUGs habe ich ein Notariat mit freien Kapazitäten gefunden. Direkt nach meiner ersten E-Mail haben sie mir Beispielblöcke von anderen gUGs zugeschickt. Der Ärger in mir war groß, dass ich diese schlechten Erfahrungen über Monate mitgemacht habe. Aber wie hätte ich das als Lai*in wissen sollen?

Oktober - Dezember

Mit dem neuen Notariat ging dann alles super schnell. Der letzte Entwurf des Gesellschaftsvertrags wurde direkt positiv vom Finanzamt wahrgenommen. Warum es wichtig ist, die kostenlose Prüfung vor der notariellen Beurkundung wahrzunehmen? Falls sich herausstellen sollte, dass beim Gesellschaftsvetrag doch unpassende Formulierungen stehen, die der Gemeinnützigkeit im Wege stünden, wäre die Änderung des Gesellschaftsvertrags nach notatieller Beurkundung ein deutlich höherer und vermeidbarer Umstand. 

Danach folgten die letzten Schritte:

  • Notarielle Beurkundung beim Notariat (es war schon recht feierlich und schön)

  • Einzahlung des Startkapitals auf das gUG Konto

  • Zusendung der Einzahlungsbestätigung an das Notariat

  • Vor der Eintragung beim Handelsregister erhält man einen Zahlungsaufruf vom Gericht

  • Eintragung beim Handelsregister (spätestens nach der notariellen Beurkundung sollte auch die gUG am Briefkasten stehen, denn ab dann bekommt mensch Post für die gUG)

  • Acht geben, da die frische Eintragung beim Handelsregister  von Kriminellen genutzt wird,  falsche Briefe mit Zahlungsaufrufen vom "Gericht" an die betreffenden Personen zu schicken

  • Gewerbeanmeldung

  • Beantragung der Steuernummer

  • Umschreibung aller möglichen Verträge auf die gUG (falls vorhanden)

Jetzt fehlen nur noch die letzten Unterlagen bevor es dann mit allem zum Finanzamt geht. Das sollte hoffentlich zum Jahresanfang über die Bühne gehen und dann endlich, dürfte Queermed auch Spenden annehmen. 

Ich schreibe das alles so detailliert auf in der Hoffnung, dass andere Menschen, die diesen Weg gehen möchten, sich bewusst sind, was auf sie zukommen wird und was notwendig sein wird. Gleichzeitig habe ich viele Informationen nicht so einfach übers Internet gefunden. 

Dezember

Das hier ist ein sehr langer erster Newsletter und ich nehme es auch keinem Menschen übel, welcher schon früher aufhört zu lesen. Dennoch wollte ich die Gelegenheit nutzen, viele der positiven (aber auch negativen) Erfahrungen mit den Menschen hier zu teilen. Ich hoffe ihr könnt damit besser nachvollziehen, was alles hinter den Kulissen bei Queermed passiert ist. 

Mein Wunsch für das neue Jahr ist, dass 2023 für Queermed ein noch viel besserers Jahr wird und noch mehr Menschen erreicht werden, die durch das Projekt positive Erfahrungen machen können. Und dass mehr Behandler*innen respektvoller und sensibilisierter mit Patient*innen umgehen. 

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