Zum Hauptinhalt springen

#48 Wir kaufen ein Haus mit Mietern

1. Ausgangssituation:

Grundsätzlich werden der "böse Investor, der Geld verdienen möchte" und "die liebe Gruppe, die gemeinsam wohnen möchte" gleich behandelt.
Es gelten die gleichen juristischen Regeln zum Erhalt von Mietwohnungen und zum Schutz der einzelnen Mieter.

2. vor Kaufvertrag

Es ist ratsam rechtzeitig zu klären, ob das Bestandsobjekt in einem Gebiet mit angespannten Wohnungsmärkten liegt und ob es eine Länderverordnung gibt, die die Anwendung von   

  • § 201 a (Baulandmobilisierung)

    Für die Fälligkeit des Kaufpreises ist es notwendig, dass der Notar abgeklärt, ob die Kommune ihr gesetzliches Vorkaufsrecht §§ 24, 25 BauGB ausübt oder nicht. Von diesem Recht können die Kommunen - insbesondere in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201 a BauGB (Öffnet in neuem Fenster) - Gebrauch machen. Nach und nach setzen immer mehr Bundesländer das Baulandmobilisierungsgesetz in Landesverordnungen um.
    An kleinen Objekten ohne Bedeutung für die Stadtentwicklung wird die Kommune kein Interesse zur Ausübung haben. Der Prozess läuft dennoch und dauert Zeit. 

regelt.

Außerdem müssen sich alle Interessierten beim Kaufvertrag bereits entscheiden, ob sie

  1. als Miteigentümer nach Bruchteilen … auf dem Weg zur WEG

  2. als eGbR … auf dem Weg zur WEG

  3. als dauerhafte eGbR, eG, „Miethäuser-Syndikat“

  4. als Miteigentümer nach Bruchteilen … dauerhaft

kaufen wollen. Neben den üblichen Überlegungen zur Rechtsform kommt ein Fragestellung hinzu:
Ist überhaupt die Umwandlung in eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) möglich?

2. Umwandlung in Wohnungseigentum

Erst nachdem die / der Erwerber im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind / ist (=Auflassung), können sie entsprechende Anträge auf dem Weg zur Umwandlung in Wohnungseigentum zu stellen.

Beim Kauf der Bestandsimmobilie handelt es sich um eine Einheit, die in einem Grundbuchblatt eingetragen ist. Durch die Umwandlung in Wohnungseigentum wird für jede Wohnung ein eigenes Wohnungsgrundbuchblatt gebildet. Nur so kann jede Wohnung eigenständig veräußert, vermietet oder vererbt werden.

Die Umwandlung geschieht in mehreren Schritten:

a) Soweit gewünscht / notwendig ist eine Baugenehmigung für bauliche Maßnahmen zu beantragen. Maßnahmen zur sog. Erreichung der Abgeschlossenheit, für den Brandschutz, zur Schaffung weiterer Wohnflächen oder Neugestaltung der Fassade sind denkbar.

Auf Basis dieser neuen Baugenehmigung oder einer alten Baugenehmigung (Herausgabe vom Verkäufer verlangen) ist die sogenannte Abgeschlossenheitsbescheinigung zu beantragen. 

Diese Abgeschlossenheitsbescheinigung hat neben den baulichen auch rechtliche Voraussetzungen.

Zu den rechtlichen Voraussetzungen gehört die Genehmigung nach § 250 BauGB iVm Ländergesetz. Ohne Landesverordnung können Kommunen keinen Gebrauch vom Genehmigungsvorbehalt machen. Das Umwandlungsverbot gilt in Berlin, Hamburg, Hessen und seit 01. Juni 2023 bis 31.12.2025 in Bayern für 50 bayerische Städte und Gemeinden (Öffnet in neuem Fenster).

Greift das Umwandlungsverbot, kann kein Privateigentum an einzelnen Einheiten gebildet werden. Die Kaufvarianten 1. und 2. scheiden somit aus. Insofern muss sich die Gruppe bzw. der Einzelne fragen, ob die Kaufvarianten 3. oder 4. geeignet sind.

Nur wenn Genehmigung und Abgeschlossenheitsbescheinigung vorliegen, kann eine Teilungserklärung beurkundet werden.

b) In der Teilungserklärung werden die künftigen Wohnungen als Sondereigentum gebildet. Jedes Sondereigentum ist verbunden mit einem konkreten Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum (x/1000). In der Teilungserklärung wird zudem das Miteinander der Wohnungseigentümer geregelt – Basis ist das Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Die Teilungserklärung ist für die nächsten Jahrzehnte die Basis aller Rechte und Pflichten innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

c) In einer weiteren Urkunde wird das - in der Teilungserklärung abstrakt gebildete - Sondereigentum an den einzelnen Gesellschafter der GbR / an die einzelnen Miteigentümer übertragen. So erhält jede:r seine eigene Privateigentum.

Dieser Prozess - vom Kauf des Mietshauses bis zur eigenen Wohnung - kann Monate dauern. Neben Grunderwerbsteuer müssen 10-15 % des Kaufpreises für Notar, Grundbuch, Genehmigungen und professionelle Beratungen kalkuliert werden.

3. Umgang mit Bestandsmietern

Der Verkauf des Hauses hat für die Mieter zunächst keinerlei Auswirkung.

Der Käufer (egal in welcher Rechtsform) tritt in alle laufenden Mietverträge ein „Kauf bricht nicht Miete“. Der Käufer muss für Versorgung, Versicherung und Instandsetzung sorgen und die Nebenkostenabrechnungen übernehmen. Dafür erhält er die vereinbarten Zahlungen des Mieters / der Mieter.
Der Wechsel des Vertragspartners (Vermieters) ist anzuzeigen, damit der Übergang von Rechte und Pflichten zum vereinbarten Stichtag (laut Kaufvertrag) für alle Beteiligten juristisch korrekt erfolgen kann.

Auch die Umwandlung in Wohnungseigentum hat zunächst keine Auswirkungen auf die Mieter. Die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen muss den Mietern nur angezeigt werden, wenn sich damit der Vertragspartner ändert. Der Vertrag läuft unverändert weiter.

Der Vermieter muss aber zwei langfristige Rechtsfolgen bedenken:

a) Nach § 577a Abs. 1 BGB (Öffnet in neuem Fenster) gelten Kündigungssperrfristen nach einer Umwandlung in Wohnungseigentum. Diese Frist kann sich in Gebieten mit angespannter Wohnraumversorgung von 3 auf 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder auch 10 Jahre verlängern, wenn die Landesregierung dies durch Rechtsverordnung bestimmt.

>>> WICHTIG 

Wenn das Umwandlungsverbot (Nr. 2) greift oder freiwillig auf die grundbuchrechtliche Teilung in einzelne Wohnungen verzichtet wird, könnten die Erwerber eine Personengesellschaft bilden und die Wohnungen schuldrechtlich einzelnen Gesellschaftern zugeweisen. Diese könnten dann "Eigenbedarf" anmelden und kündigen.

Dieser Umgehung wird ein Riegel durch § 577a Abs. 2 BGB (Öffnet in neuem Fenster) vorgeschoben. Auch hier gelten die Kündigungssperrfristen. Die Sperrfrist wird in diesen Fällen schon mit Veräußerung der Immobilie ausgelöst. Eine spätere Begründung von Wohnungseigentum führt jedoch nicht zu einem erneuten Beginn des Laufs der Sperrfrist. Erst nach Ablauf der Sperrfrist kann gekündigt werden, wenn die Kündigungsvoraussetzungen vorliegen.

Die Kaufvariante 3. wird damit unattraktiv.

b) Wenn die umgewandelte Mietwohnung erstmals verkauft wird, kann der Bestandsmieter nach § 577 BGB sein Vorkaufsrecht ausüben.
Die Chance für Mieter, Eigentum zu bilden, kann selten genutzt werden.
Vielfach erfahren die Mieter von Verkaufsabsichten nichts und werden von  einem Mitteilungsschreiben zur Ausübung ihres Vorkaufsrechtes überrascht.
Auf den beurkundete Kaufpreis zwischen Verkäufer und Dritten haben sie keinen Einfluss und hier gibt es Gestaltungsmöglichkeiten, die allenfalls bei Sittenwidrigkeit enden (das müsste Mieter gerichtlich klären).  

Denkbar bleibt die Kaufvariante 4.

Auch hier gelten die allgemeinen Mieterschutzrechte nach BGB.

Es sind die gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten, die bis zu 9 Monaten betragen können.

Jeder Vermieter muss sein berechtigtes Interesse bei einer Kündigung nachweisen. Der Wunsch, die eigene Wohnsituation verbessern zu wollen oder gemeinsam wohnen zu wollen, ist kein berechtigtes Interesse. Es wäre auch nachzuweisen, warum nur das gekaufte Objekt zur Befriedigung der eigenen berechtigten Interessen geeignet war. Im gerichtlichen Abwägungsprozess werden die Bestandsmieter bessere Chancen haben als die Erwerber, die ja nicht kaufen mussten.

Schließlich steht dem Mieter auch das Widerspruchsrecht nach der Sozialklausel des § 574 BGB zu. Diese Möglichkeit besteht, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, dessen Familie und Haushaltsangehörigen eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Vermieterinteressen nicht zu rechtfertigen wäre. 

Mieterhöhungen zur Verdrängung der Bestandsmieter sind begrenzt.

Um Bestandsmieter "los zu werden", bleiben noch Androhung und Durchführung von Modernisierungsmaßnahme.

Auch ohne Mileuschutz (§ 172 BauGB) ist bzw. soll die Modernisierungsumlage zum Schutz der Mieter deutlich gedeckelt werden.

Lärm, Staub, Stress können auch ohne Mieterhöhung die Bewohner:innen unter Druck setzen. Hier greift Art 6 WiStG (Öffnet in neuem Fenster): "Ordnungswidrig handelt, wer in der Absicht, einen Mieter von Wohnraum hierdurch zur Kündigung oder zur Mitwirkung an der Aufhebung des Mietverhältnisses zu veranlassen, eine bauliche Veränderung in einer Weise durchführt oder durchführen lässt, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen...

Mit allen Überlegungen, die Bestandsmieter loszuwerden, unterscheidet sich die "liebe Gruppe" nicht mehr vom "bösen Investor".  

4. Fazit

Der Erwerb einer vermieteten Immobilie zur Eigennutzung ist ein Risiko für die Erwerber. Selbstverständlich könnten gütliche Einigungen mit den Bewohner:innen ausgehandelt werden. Dies erfordert Zeit und Geld. Kaum machbar für Gruppen, die begrenzte finanzielle Mittel haben.

Kategorie juristische Fachthemen

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von projekt-wohnen von Rechtsanwältin Majchrzak-Rummel und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden