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WEG: zertifizierter Verwalter oder Selbstverwaltung?

Nach dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober 2020 gehört ab dem 1. Dezember 2022 zur ordnungsmäßigen  Verwaltung die Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Als  zertifizierter Verwalter darf sich nach § 26a Absatz 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bezeichnen, wer vor einer  Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass  er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen,  kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Der Termin wurde nunmehr auf den 01.12.23 verschoben (wegen zu großem Schulungsandrang).

Kleine Wohnprojekte haben Schwierigkeiten einen guten professionellen Verwalter zu finden und / oder scheuen die Kosten. Auch wollen Wohnprojekte, die gemeinschaftlich erfolgreich die Planungs- und Realisierungsphase gestemmt haben, weiterhin gemeinschaftlich ohne einen Dritten agieren. 

Ist eine verwalterlose Gemeinschaft der Wohnungseigentümer überhaupt noch möglich und sinnvoll? Gibt es eine Selbstverwaltung?

Die Fragestellung lässt sich nur entscheiden, wenn zunächst verschiedene Gesichtpunkte beachtet werden: 

Allgemeines

1.) Das Gesetz erkennt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als voll rechtsfähig an. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann (in Hinblick auf das gemeinschaftliche Eigentum) Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden § 9 a Abs. 1 WEG.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten § 9 b WEG. Der Verwalter agiert (vergleichsweise wie in einer GmbH) als „Geschäftsführer“ im Außenverhältnis.

Die Vertretungsbefugnis weist der Verwalter durch das öffentlich beglaubigte Protokoll seiner Bestellung nach. Eine interne Beschränkung des Umfangs nach 1.) ist jedoch gegenüber Dritten unwirksam. Der Verwalter muss nur bei Grundstückskaufverträgen oder Darlehensverträge den jeweiligen Beschluss der Eigentümerversammlung vorlegen.

2.) Die Vertretungsbefugnis (Außenverhältnis) ist von der Entscheidungsbefugnis (Innenverhältnis) zu trennen. 

Der Verwalter kann per Gesetz in eigener Verantwortung ohne Beschlussfassung nur über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Hier geht es also um die „laufende Verwaltung“.

§ 27 Abs. 2 WEG gibt den Eigentümern zudem die Möglichkeit, selbst diejenigen Maßnahmen zu definieren, die sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen. Dazu können sie etwa Wertgrenzen oder Maßnahmenkataloge aufstellen. Möglich ist es auch, einzelne Handlungen des Verwalters (etwa Zahlungen ab einem bestimmten Betrag) von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers, des Verwaltungsbeirates oder eines Dritten abhängig zu machen. Die Eigentümerversammlung kann zu einem zentralen Ort der Entscheidungsfindung ausgestaltet werden.

3.) Durch die Stärkung des Verwalters im Außenverhältnis sollte jede Gemeinschaft  höchsten Wert auf die Qualifikation des Verwalters legen.

Auf Kritik der Verbraucherschützer ist der sog. „zertifizierte“ Verwalter nach
§ 26 a  WEModG ins Gesetz gekommen. Bei weniger als 9 Sondereigentum braucht jedoch kein zertifizierter Verwalter bestellt zu werden und stattdessen kann ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt werden (vgl. 6).

Als Gegengewicht ist nun die jederzeitige Abberufung des Verwalters möglich (unabhängig von Verwaltervertrag).

Gemeinschaftliche Vertretung

4.) Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, wird sie durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Dies könnte man als „verwalterlose  Selbstverwaltung“ bezeichnen. 

Alle Eigentümer nehmen die Verwaltungsaufgaben gemeinschaftlich wahr. Die gemeinschaftliche gesetzliche Vertretung erfordert aber, dass zum Beispiel Verträge von allen Miteigentümern gemeinschaftlich abgeschlossen werden müssen. Das kann mühsam und langwierig sein. Nach der Gesetzesreform ist es grundsätzlich nicht mehr zulässig, dass die Eigentümer per Beschluss einen Miteigentümer generell bevollmächtigen.

Zulässig ist es aber weiterhin, zum Beispiel im Rahmen einer Vereinbarung (= Teilungserklärung) eine Vertreterermächtigung von Miteigentümer für bestimmte Aufgaben oder Aufgabenkreis zu erteilen.
Der Geschäftsverteilungsplan könnte dann im Beschlusswege auch verändert werden. Im Rahmen dieser Kompetenzverteilung sind dann die betreffenden Eigentümer bevollmächtigt, Verträge für die WEG abschließen und sonstige Rechtsgeschäfte gegenüber Dritten vorzunehmen (Handwerkern, Dienstleistern, Kreditinstituten etc.).

5.) Bei dieser Konstruktion droht jedoch Ungemacht in prozessualer Hinsicht.
Ohne Verwalter kann ein Gläubiger an jeden beliebigen Eigentümer förmliche Schreiben, Mahn- und Vollstreckungsbescheide und Klageschriften zustellen lassen. Dieser muss zwingend eine Versammlung der Eigentümer einberufen. Die Versammlung muss im Rahmen eines Beschlusses entscheiden. Aus zeitlich / organisatorischen Aspekten besteht die große Gefahr, dass nicht rechtzeitig die erforderlichen Rechtsschritte eingeleitet werden können (beachte 2 Wochen Frist für Einspruch gegen Mahnbescheid).
Bei Klagen gegen einen Sondereigentümer (z.B. Hausgeldforderung) müssen alle anderen Sondereigentümer für die WEG klagen.

Sondereigentümer als Verwalter bestellen

6.) Eine weitere denkbare Variante ist die Verwaltung durch eine/n internen Verwalter. Die Eigentümer bestellen aus ihren eigenen Reihen jemanden zum  Verwalter. Der Abschluss eines Vertrags ist dennoch zu empfehlen. 

Der Eigentümer muss sich die Konsequenzen in vielerlei Hinsicht überlegen: 

Erhält er - als Verwalter - ein Honorar, dann wird er gewerbsmäßig tätig. Nach § 34 c GewO bedarf ein Wohnimmobilienverwalter der Gewerbeerlaubnis. Außerdem ist das Berufszulassungsgesetz für Wohnimmobilienverwalter relevant (Fachkompetenz, Weiterbildungspflicht). Das Honorar ist grundsätzlich zu versteuern. 

Selbstverständlich könnte ein Eigentümer als Verwalter auch ohne Honorar bestellt werden. Es handelt sich dann um keine gewerbsmäßige Tätigkeit, sondern um die Ausübung eigener Vermögensverwaltung. Die Qualität der Verwaltung darf darunter aber nicht leiden. Auch sollte eine Überforderung durch das Ehrenamtes vermieden werden. Deshalb könnten die übrigen Eigentümer als Verwaltungsbeiräte agieren und den Verwalter zu unterstützen.

7.) Es ist ungewiss, ob diese Konstruktion wirklich von Dauer ist.  Ab Dezember 2023 dürfen Eigentümergemeinschaften grundsätzlich (Ausnahme möglich) keinen Laienverwalter ohne Prüfung / Zertifikat oder gleichgestellte Ausbildung mehr bestellen. Wer bereits im Dezember 2020 als Verwalter bestellt war, darf bis 01.06.2024 auch ohne Prüfung bleiben. 

Die Eigentümer können eine unzureichende Verwaltung dulden. Beschließt die Gemeinschaft, einen Verwalter ohne Zertifikat zu bestellen, kann jeder Eigentümer diesen Beschluss anfechten. Das Amtsgericht hebt den Beschluss auf. Klagt keiner der Eigentümer innerhalb eines Monats, bleibt es vorerst bei der Verwaltung durch einen Laienverwalter.

Nur in Anlagen mit bis zu 8 Wohnungen, in der einer der Eigentümer Verwalter ist, darf es so bleiben - vorausgesetzt, weniger als ein 1/3 der Eigentümer fordern einen zertifizierten Verwalter.  

Weitere Infos und Hilfestellung finden Sie unter

https://www.wohnen-im-eigentum.de/verbraucher-infos/wohnungseigentum/selbstverwaltung (Öffnet in neuem Fenster)


Kategorie juristische Fachthemen

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