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Newsletter 10 / 23 * Die Wohnungsfrage

Liebe Leser:innen,
liebe Mitglieder der Community,

Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen, das sich je nach Lebensphase und individuellen Präferenzen verändern kann. Der Wohnraum ist seinerseits in das Quartier / Dorf eingebettet, das alle lebenswichtige „Dienstleistungen“ oder zumindest Mobilitätsangebote zum nächsten Lebensraum bietet. 

In meiner Heimatstadt Schwabach werden derzeit von Stadtverwaltung, Politik, Fachleuten und Zivilgesellschaft sowohl eine Nachhaltigkeitsstrategie entlang der SDG-Indikatoren www.sdg-portal.de (Öffnet in neuem Fenster), als auch das seniorenpolitische Gesamtkonzept entwickelt.
Ich beteilige mich am Themenfeld „Wohnen“. In Workshops sind strategische und operative Ziele sowie konkrete Maßnahmen zu formulieren. Spannend wird es, wenn es zu Zielkonflikten kommt. Der demografische Wandel und der Zuzug aus dem Ballungsraum Nürnberg und von Flüchtlingen zwingt zum Handeln. Gleichzeitig ist die Inanspruchnahme von Flächen zu begrenzen und die Kommune kommt finanziell und strukturell an ihre Leistungsgrenze.

Nachhaltiges Wohnen und Bauen ist natürlich ein globales Thema. Eine tolle Wissensammlung finden Sie unter ...

https://gemeinschaftswerk-nachhaltigkeit.de/bauen-und-wohnen (Öffnet in neuem Fenster)

Die „Wohnungsfrage“ ist mit sozialer Sprengkraft verbunden.

Nach verschiedenen Studien gibt es sechs große Wohnbedürfnisse:
Rückzug, Sicherheit, Geselligkeit, Anerkennung, Ästhetik und Selbstverwirklichung.

Diese Bedürfnisse können sich im Laufe des Lebens verschieben oder verstärken, je nachdem, ob man allein, zu zweit oder mit Familie lebt, ob man berufstätig oder im Ruhestand ist, ob man gesund oder pflegebedürftig ist.
Um diesen Veränderungen Rechnung zu tragen, sollte das Gebäude oder die Wohnung so flexibel wie möglich gestaltet sein, damit die Räume je nach Bedarf genutzt, umgestalten oder erweitern werden können. Beispielsweise können "Jokerzimmer", mobile Trennwände oder modulare Bauweisen helfen, den Wohnraum an die jeweilige Situation anzupassen.

Darüber hinaus sollte die Wohnung barrierefrei sein, um Menschen in allen Lebensphasen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das bedeutet nicht nur, dass die Wohnung rollstuhlgerecht sein sollte, sondern auch, dass sie weitere Aspekte der Barrierefreiheit berücksichtigt, wie z.B. ausreichende Beleuchtung, kontrastreiche Farbgestaltung, akustische Signale, digitale Assistenz. Die Broschüre (Öffnet in neuem Fenster) “Wohnen in allen Lebensphasen” der Obersten Bayerischen Baubehörde gibt nützliche Empfehlungen und wertvolle Planungstipps für altersgerechte und barrierefreie Wohnungen. Modellwohnungen und niederschwellige Beratungen sind wichtig, um die einzelnen Bürger:innen zu erreichen.

Hinzu kommen die Maßnahmen zum Hitzeschutz, zum Wassermanagement und zur Energieeffizienz. Die Auswirkungen der Klimaveränderung sind schon jetzt vielerorts erlebbar. Während einerseits jetzt Planungen und Maßnahmen für die Zukunft gemacht werden müssen, löst dies andererseits Panik bei den Bürger:innen aus.

Das Bedürfnis nach Sicherheit wird

  • durch zu hohe Kosten beim Erwerb von Wohnraum

  • durch zu hohe laufende Kosten (Miete, Energiekosten, Inflation)

  • durch die vielfachen Krisensituationen (z.B. Pflegenotstand, Kriegsfolgen)

  • allgemeine Existenzangst und

  • schlecht kommunizierte politische Maßnahmen zur Transformation

erschüttert.

In dieser Phase der Verunsicherung fällt es schwer, abstrakte Strategien zu entwickeln, die alle Bürger:innen „mitnehmen“. Neben der inhaltlichen Arbeit müssen auch Vertrauen und Zuversicht vermittelt werden. Eine gemeinsame (Verpflichtungs-) Erklärung aller lokalen Akteure und abgestimmte Einzelmaßnahmen sind hilfreich. Auch gute Beispiele können helfen:
Einige finden Sie bei den diesjährigen Preisträgern des Projekt Nachhaltigkeit
https://www.wettbewerb-projektn.de/preistraegerinnen/2023 (Öffnet in neuem Fenster)

oder bei den Architektouren (Öffnet in neuem Fenster).

Inspirierend finde ich auch den Newsletter des WDR „Kugelzwei“
https://www1.wdr.de/kugelzwei/index.html (Öffnet in neuem Fenster)

Um die Jahreswende war die große Verunsicherung bei allen Wohnprojekten zu spüren. Eine leichte Beruhigung stelle ich derzeit fest. In einigen Regionen stagnieren / sinken die Grundstückspreise. Die Pleitewelle vieler großer Projektentwickler und Bauträger stärkt das Selbstbewusstsein mancher Projekte und inzwischen gibt es wieder Handwerker, die auf Aufträge hoffen.

Projektarbeit aus & mit der Zivilgesellschaft

Alternative Wohnprojekte (gegenüber Bauträgerprojekte) sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die meisten Gründer:innen sind zunächst von der Selbsthilfe getrieben: Was der Einzelne nicht schafft, schafft die Gruppe. Manchmal kommt eine gemeinwohlorientierte Orientierung hinzu. Meine Anregung "Wohnprojekte müssen BUNTER werden" (Öffnet in neuem Fenster) hat nichts an Aktualität verloren. Es gibt viele Gruppen, die sich bewusst „ihre eigene heile Welt“ schaffen wollen.

Kommunen können über städtebauliche Verträge und Konzeptvergaben Vorgaben zur Vermeidung von Spekulation und Anreize zur nachhaltigen Stadtentwicklung (Begegnungsräume, soziale Vernetzung, Begrünung, Energieversorgung, Sharing-Angebote) setzen. Dies ist ein lohnender, wenn auch arbeitsintensiver Prozess für Kommune und Gruppen.

Kommunen können aber auch helfen, „Immovielien“ (es handelt sich um keinen Schreibfehler!) entstehen zu lassen. Zivilgesellschaftliche Initiativen, die in Städten und ländlichen Räumen selbstorganisiert, solidarisch und in Kooperation mit Partnern Immobilien für sich und ihre Nachbarschaft entwickeln, nehmen eine besondere Rolle in der Entwicklung lebendiger und zukunftsfähiger Stadtteile ein. Wir nennen diese Immobilien von Vielen für Viele: Immovielien.

https://www.netzwerk-immovielien.de/ueber-uns/ (Öffnet in neuem Fenster)

Hinzu kommen spezielle Wohnangebote, die im Quartier eingebettet oder innerhalb einer Immovielie integriert sind: Wohn-Pflege-Gemeinschaften, Wohngruppen für Menschen mit Behinderung, studentisches Wohnen, Hospiz, Betriebswohnungen, temporäre Wohnangebote). Hier sind insbesondere gemeinwohlorientierte Träger, kommunale Wohnungsunternehmen oder andere Kooperationspartner einzubeziehen.

In vielen Fällen wird dies durch Neubauten realisiert. Im Sinne der Nachhaltigkeit sind Bestandsimmobilien und Leerstände bewusst in die Konzepte einzubeziehen.

Auch die generationengerechte (Um-)Verteilung von Wohnraum spielt eine Rolle. Lesen Sie dazu meinen Post ...

https://steadyhq.com/de/projekt-wohnen/posts/9fff8291-69a2-4f77-bcd6-c336cae3b6b8?secret_token=Ou2j6--1kwemg03vYEtZnCJMWM_FfWZIOG54nTHEVNgquy420GiUFQll2yY_Wf9g (Öffnet in neuem Fenster)

und den Post meiner Kollegin Dorothea Heintze ...
https://chrismon.evangelisch.de/kolumnen/wohnlage/wieso-die-pflicht-zum-wohnungstausch-in-zuerich-gerecht-ist (Öffnet in neuem Fenster)


Quartierskonzepte und Nachbarschaftshilfen

Neben der Projektarbeit (einzelne Wohnprojekte, Immovielien) ist es genauso wichtig, für die Menschen in ihren Bestandswohnungen, Angebote zu machen.
Mitunter öffnen sich Wohnprojekte bewusst ins Quartier.

Quartierskonzepte und Nachbarschaftshilfen sind zwei Ansätze zur Verbesserung der Lebensqualität und der sozialen Teilhabe von Menschen in ihrem Wohnumfeld. Sie können verschiedenen Wohnbedürfnissen gerecht werden, haben aber auch unterschiedliche Schwerpunkte und Herausforderungen. Unsere Gesellschaft ist divers. Es gibt ältere Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Menschen mit angeborener (kognitiven) Behinderung oder queere Senior:innen.

Quartierskonzepte (Öffnet in neuem Fenster) sind übergreifende Strategien, die verschiedene Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bürgerschaft einbeziehen, um die Rahmenbedingungen für ein gutes Zusammenleben in einem bestimmten Gebiet zu gestalten. Sie können sich auf verschiedene Themen wie Mobilität, Gesundheit, Kultur, Bildung oder Umwelt beziehen und je nach lokalen Gegebenheiten und Bedarfen variieren.
Quartierskonzepte können die Wohnbedürfnisse nach Sicherheit, Geselligkeit, Anerkennung und Selbstverwirklichung erfüllen, indem sie die Bewohner an der Planung und Umsetzung von Maßnahmen beteiligen, die ihre Lebensbedingungen verbessern und ihre sozialen Netzwerke stärken. Allerdings erfordern Quartierskonzepte auch eine hohe Koordinations- und Kommunikationsfähigkeit zwischen den verschiedenen Akteuren, eine langfristige Finanzierung und eine kontinuierliche Evaluation. Die Bertelsmann-Stiftung hat eine konkrete Umsetzungshilfe formuliert. (Öffnet in neuem Fenster)

Nachbarschaftshilfen sind gegenseitige Unterstützungsleistungen zwischen Nachbarn, die auf persönlicher Bekanntschaft oder gesellschaftlicher Verpflichtung beruhen. Sie können sich auf verschiedene Bereiche wie Haushalt, Garten, Einkauf oder Pflege beziehen und zumeist ohne Geldzahlung oder mit Gegenleistungen erbracht werden.
Nachbarschaftshilfen können die Wohnbedürfnisse nach Sicherheit, Geselligkeit und Anerkennung erfüllen, indem sie die Bewohner in ihrem Alltag entlasten und ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit und Wertschätzung vermitteln. Allerdings können Nachbarschaftshilfen auch zu Konflikten oder Missverständnissen führen, wenn die Erwartungen oder Grenzen der Beteiligten nicht klar sind oder wenn es zu einer Überforderung oder Abhängigkeit kommt.

Die Nachbarschaftshilfe ist eingebettet in das Themenfeld „Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt in sorgenden Gemeinschaften“.
Es ist verständlich, dass Länder und Kommunen in Zeiten leeren Kassen und des Fachkräftemangels die Bürger:innen einbinden wollen. In den Kommunen gibt es in der Regel eine Anlaufstelle, die den Überblick über lokale Angebote zum Engagement hat (Familienzentrum, Selbsthilfekontaktstellen, Bürgerstiftung, Mehrgenerationenhaus,…). Die Anwerbung von Freiwilligen erweist sich als sehr schwierig. 

Zentrale Fragen sind,

  • ob die Nachbarschaftshilfe selbstorganisiert ist oder

  • ob die Aktiven als Freiwillige bei einem Träger / Anbieter eingebunden sind und

  • wann professionelle Pflege und Unterstützung durch professionelle Anbieter notwendig wird.

Wer mehr erfahren möchte, kann nachfolgende Links nutzen:
Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement in Bayern
https://www.ehrenamt.bayern.de/ (Öffnet in neuem Fenster)

Positionspapier in Bayern
https://lagfa-bayern.de/downloads/positionspapier-der-lagfa-bayern-buergerschaftliches-engagement-in-sorgenden-gemeinschaften-entwurf/download-file/ (Öffnet in neuem Fenster)

Deutscher Demografie Preis - Forschungsprojekt „Teilgabe“ (Öffnet in neuem Fenster)


Akteure für (Anders) Wohnen

Vorstellung einiger Akteure
Für den 19.10.23 können Sie sich noch anmelden (Öffnet in neuem Fenster)

Die bundesweiten Akteure haben unterschiedliche Organisationsstrukturen, Kompetenzen und Zielvorstellungen. Alle haben ihre Berechtigung und ergänzen sich gut ... zumal die Herausforderungen der Zukunft so vielfältig sind.

Lassen Sie mich als Vorstandsmitglied auf die Bedeutung des „Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V., Bundesvereinigung" hinweisen. Der gemeinnützige Verein will selbst keine Wohnprojekte realisieren.
Er ist vielmehr Anlaufstelle für Bürger:innen, die eine niederschwellige Anlaufstelle oder Informationen brauchen. Schauen Sie mal unter https://win.fgw-ev.de (Öffnet in neuem Fenster)
Darüber hinaus bietet der Verein den Kommunen (insbesondere in Niedersachsen) zentrale Weiterbildungsmöglichkeiten, fachlichen Input und Beratung. Die Publikationen sind bundesweit relevant https://verein.fgw-ev.de/service-und-informationen/publikationen/ (Öffnet in neuem Fenster)

Das FORUM Gemeinschaftliches Wohnen versteht „Wohnen“ ganzheitlich, um die Bedürfnisse aller Menschen in allen Lebensphasen zu erfüllen. Es gilt Einsamkeit zu vermeiden und die Sorgearbeit von der Wiege bis zur Bahre neu zu denken.  Die Herausforderungen sind im städtischen Kontext natürlich anders als im ländlichen Raum.

So hat das FORUM Gemeinschaftliches Wohnen e.V., Bundesvereinigung, das Pilotprogramm „Sterben, wo man lebt und zu Hause ist“ des Bundesfamilienministeriums fachlich begleitet. Lernen Sie inspirierende Projekte kennen, die die Selbstbestimmung, Lebensqualität und gesellschaftliche Teilhabe schwerstkranker und sterbender Menschen verbessern.

Hospizprogramm (Öffnet in neuem Fenster)

Nun bin ich gespannt, ob und wie in Schwabach eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt und konkret umsetzen wird. Auch wenn es noch viele Jahre dauern wird, ... die Weichen müssen jetzt gestellt werden.

Ihre Angelika Majchrzak-Rummel

https://wonderl.ink/@angelika.maj_rml (Öffnet in neuem Fenster)

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