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Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Abonnent*innen,

ich habe das Gefühl, die Wochen rasen nur so an mir vorbei. Schon wieder Sonntagabend, schon wieder Newsletter-Time! Wer schon länger dabei ist, weiß, dass ich im Wochenrückblick regelmäßig über tödliche Polizeigewalt berichte. Auch diese Woche gab es wieder zwei Todesopfer nach Polizeischüssen. In Köln wurde am Mittwoch ein 48-jähriger Mieter bei einer Zwangsräumung erschossen (Öffnet in neuem Fenster). Der Straßenmusiker Jozef soll im Vorfeld bereits „Gewalt angekündigt“ haben, sodass die Gerichtsvollzieherin sich bei der Vollstreckung der Räumung polizeiliche Unterstützung geholt hatte. Der Mieter soll die Beamten mit einem Messer bedroht haben und sich offenbar auch nicht durch den Einsatz von Pfefferspray und Androhung von Schusswaffengebrauch überzeugen lassen. Zwei Polizist*innen feuerten daraufhin ihre Dienstwaffe ab und töteten den Mann an Ort und Stelle. „Die Polizei und der Staat machen Menschen nicht nur obdachlos, im Zweifel bringen sie sie einfach um. Was wir wieder einmal sehen, ist, dass die Polizei im Interesse des Kapitals handelt und über Leichen geht, um diese Interessen zu schützen“, heißt es in einem Posting der feministischen Organisation ZORA aus Köln (Öffnet in neuem Fenster), die zu einer Kundgebung gegen Polizeigewalt am Donnerstag aufriefen. Doch nicht nur die tödliche Polizeigewalt ist ein Skandal, auch die Berichterstattung in der (Boulevard-)Presse, die Jozef (manchmal auch „Louzef“) zu einem „Arbeitslosen russischer Abstammung“ machten, der „dem Alkohol nicht abgeneigt“gewesen sei und „regelmäßig randaliert“ habe. Report-K, eine Kölner Internetzeitung, zeichnet ein differenzierteres Bild (Öffnet in neuem Fenster). Jozef sei jüdischer Abstammung, in St. Petersburg als Sohn einer berühmten Geigerin geboren. Vier Jahre lang habe er klassische Musik in St. Petersburg studiert, bevor er 1993 nach Deutschland kam. Es sei die Zeit des Tschetschenien-Krieges gewesen und er habe nicht als Soldat in der russischen Armee sein wollen. In Köln habe er dann an der Musikhochschule studiert. Viele Jahre habe er als Straßenmusiker in der Kölner Fußgängerzone und am liebsten vor der Philharmonie Xylophon gespielt. Eine Freundin und Mitmusikerin, Sava Freudenfeld, sagte zu Report-K, Jozef sei ein netter Mensch gewesen und nicht gewalttätig. Der Lockdown und der damit verbundene Verlust seiner Einkünfte hätten ihm schwer zugesetzt. Er habe dann „Trost im Alkohol“ gesucht. Sava Freudenfeld sagt: „wenn er getrunken hatte ist er sehr laut geworden“und als ihm die Wohnung gekündigt wurde, habe er mit Suizid gedroht. „Es geht nicht darum, über Tote nur Gutes zu sagen. Das Gute und das Schlechte muss benannt werden, aber nie nur die eine Seite. Es ist Verpflichtung für die Überlebenden aufrichtig mit denen umzugehen, die verstorben sind, denn sie können nicht mehr Stellung beziehen“, heißt es im Artikel.

Vor Jahren wurde Jozef vom WDR begleitet, der Lokalzeit-Bericht zeigt das Bild eines Mannes, der für die Musik gelebt hat (Öffnet in neuem Fenster). Dieser Mensch wurde jetzt von der Polizei in seinem Zuhause erschossen. 

Ruhe in Frieden, Jozef 

Am frühen Dienstagmorgen erschoss die Frankfurter Polizei einen 23-jährigen Somalier in einem Hotel im Bahnhofsviertel. (Öffnet in neuem Fenster) Laut Bericht des Hessischen Rundfunks, handelt es sich bei dem Getöteten „um einen wohnungslosen Mann, der der Polizei aufgrund von ‚zahlreichen Straftaten, insbesondere der Gewalt- und Drogenkriminalität‘, bekannt war“. Entgegen der ursprünglichen Behauptung der Polizei, starb der Mann nicht im Krankenhaus, sondern an Ort und Stelle durch einen Kopfschuss. Er soll zuvor einen Polizeihund mit einem Messer verletzt haben. 

Immer wieder sterben Menschen während oder in Folge von Polizeieinsätzen. Meistens sind es Männer, häufig sind sie psychisch krank. Die Webseite https://polizeischuesse.cilip.de/ (Öffnet in neuem Fenster) geht von mindestes 314 Menschen aus (sechs davon weiblich), die seit 1989 von der Polizei erschossen wurden. „Mit unserer Übersicht können wir die These stützen, dass eine beträchtliche Zahl von psychisch beeinträchtigten Menschen Opfer von Polizeischüssen werden. In rund einem Fünftel aller Fälle finden wir entsprechende Hinweise“, erklären der Journalist Matthias Monroy und der Datenanalyst Johannes Filter in einem Artikel für Netzpolitik.org (Öffnet in neuem Fenster). Aus ihren Recherchen geht hervor, dass „viele der Betroffenen [...] in ihrer eigenen Wohnung getötet“ werden, „etwa wenn sie als Reaktion auf das polizeiliche Eindringen oder im Gefühl des Bedrohtseins plötzlich zu einem Messer greifen“. Die Chronik erfasst nur die Tötungen per Schusswaffe und nur dienstlich abgefeuerte Kugeln. Die Zahl der von Polizist*innen getöteten Menschen ist also definitiv noch höher als in dieser Statistik erfasst. Die Tode von Oury Jalloh (Öffnet in neuem Fenster), Qosay Khalaf (Öffnet in neuem Fenster) oder Giorgos Zantiotis (Öffnet in neuem Fenster) sind darin gar nicht erfasst. 

Was sonst noch so los war in dieser Woche, könnt ihr wie immer im Wochenrückblick aus feministischer Perspektive (Öffnet in neuem Fenster) nachlesen. Dieses Mal geht es u.a. um das Gedenken an den Porajmos und an Hiroshima, Neuigkeiten im Fall Breonna Taylor und es gibt eine kurze Liste an Dingen, die ich unfair finde. Das 9-Euro-Ticket ist nicht dabei.  

Auch auf Steady gibt es Neuigkeiten: Ich habe mich nach reiflicher Überlegung entschieden, die Preise für die einzelnen Abos zu erhöhen. Keine Sorge, für bestehende Mitglieder ändert sich nichts. Und ich erhöhe auch nicht sofort, sondern erst am kommenden Donnerstag. Ihr habt also jetzt noch die Möglichkeit, ein Abo zum alten Preis abzuschließen.  

Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, aber ich habe jetzt ein Modell gefunden, das für mich gut funktioniert. Die bekannten Modelle bleiben bestehen, werden für Neu-Mitglieder jedoch ein bisschen teurer. Die Jahresabos bleiben jeweils etwas günstiger als die entsprechenden Monatspakete. Nach Abzug von Zahlungsgebühren und Steady-Provision bleibt dann von einem Abo so viel bei mir übrig, das es sich für mich lohnt. 

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Wenn ich Dich jetzt überzeugt habe, ein Abo abzuschließen, kannst Du das jetzt gleich tun.  Für alle bestehenden Mitglieder gibt es am Donnerstag noch eine persönliche Mail, in der ich über die Möglichkeit des Upgrades in die neuen Pakete informiere. Wer sich dafür entscheidet, erhält eine kleine Aufmerksamkeit als Dankeschön. 

Danke allen, die den Newsletter empfangen und lesen. Ich freue mich wie immer über Feedback und auch Kritik (ja-ha! Tasächlich!).

Habt eine gute Woche und passt auf euch und einander auf

Ulla

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