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Über die Außerirdischen, die auch keine Hilfe sind.

Das bin ich, nach den ergebnislosen Verhandlungen mit den Außerirdischen. Wir haben also keine Chance, dass jemand anderes unsere - selbstgeschaffenen - Probleme löst. Wäre nicht schlecht, wenn sich das auch unter Politikern rumsprechen würde, sowohl unter den italienischen, als auch unter den deutschen. Zu der Erkenntnis bin ich gekommen, nachdem ich eine Reportage über Lampedusa gemacht habe, nachzulesen in Focus, gerade erschienen.

Und hier sehen Sie die beschlagnahmten Boote der Migranten, die auf Lampedusa am Molo Favarolo angekommen sind und nach Sizilien abtransportiert werden sollen:

Meine Reportage beginnt mit den Worten: "Selfie am Abgrund, warum nicht." Inspiriert wurde ich dazu von einem Touristen, der ungeachtet der Warnhinweise über die Absperrung auf die bröckelnden Klippen über der Schlucht stieg und sich im Abendlicht fotografierte. Diesen Kontrast zwischen der Verzweiflung von Migranten und Inselbewohnern und der Selbstvergessenheit von Touristen finde ich bezeichnend für unsere Zeit.

Kein Schild erinnert daran, dass 2013 bei der Isola di Conigli 368 Flüchtlinge ertranken (Öffnet in neuem Fenster), als ein Fischkutter mit Migranten aus Eritrea und Äthiopien kenterte. Am 3. Oktober jährt sich der „Schiffbruch von Lampedusa“ zum zehnten Mal. Es war eines der größten Schiffsunglücke im Mittelmeer.

Bei all dem Blödsinn, den Politiker in Deutschland und Italien von sich geben, kommt man gar nicht mehr nach. Einer der Spitzenreiter in Italien war Andrea Crippa, Nr. 2 der Lega, der stolz verkündete: „Vor 80 Jahren hat die deutsche Regierung beschlossen, mit der Armee in die Staaten einzumarschieren, aber es ging schlecht für sie aus. Jetzt finanzieren sie die Invasion illegaler Einwanderer, um Regierungen zu destabilisieren, die den Sozialdemokraten nicht gefallen. Es ist offensichtlich, dass die deutsche Regierung nicht will, dass die Mitte-Rechts-Koalition in Italien regiert. Sie tut alles, um die italienische Regierung in Schwierigkeiten zu bringen, in der Hoffnung, sie zu Fall zu bringen." Er sage nur das, was Giorgia Meloni denke, aber nicht sagen dürfe, sagte er später.

Mal abgesehen von der Kleinigkeit, dass Deutschland und Italien Kriegsverbündete (Öffnet in neuem Fenster)waren, greift er damit auf den beliebten "Italiani brava gente"-Mythos zurück, das populäre italienische Narrativ, das eine Beteiligung des faschistischen Italien an Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs oder dem Holocaust in Abrede stellt oder systematisch herunterspielt - das jetzt unter der rechten Regierung wieder sehr en vogue (Öffnet in neuem Fenster) ist und auf das ich auch in meinem neuen Buch eingehen werde.

Über die "Kulturpolitik unter Meloni" habe ich mit dem Bayerischen Rundfunk gesprochen, nachzuhören hier (Öffnet in neuem Fenster).

Und da wir schon bei irren Politikern sind, darf Venedigs Bürgermeister natürlich nicht fehlen.

"Grillo und Reski wissen nicht, wovon sie sprechen. In Venedig konkrete Maßnahmen nach Jahren des Geschwätzes. Die Fünfsterne haben alle Bürgermeister aufgrund ihrer Propaganda verloren", tönte Brugnaro (Öffnet in neuem Fenster) auf allen sozialen Kanälen, nachdem mein SZ-Kommentar zur schamlosen Unesco-Entscheidung (Öffnet in neuem Fenster), Venedig nicht auf die Danger-List zu setzen, ins Italienische übersetzt und auf dem Blog von Beppe Grillo veröffentlicht wurde (Öffnet in neuem Fenster).

Brugnaro ist so etwas wie Troubadix bei Asterix und Obelix, der mit seinem Gesang Wolkenbrüche auch in geschlossenen Räumen hervorruft. Auch mit diesem Post hat er sich ins Knie geschossen, weil er mir und meinem Venedigbuch erneut zu großer Popularität verholfen hat: Gazzettino und La Nuova berichteten in Venedig genüsslich darüber, wie sich Brugnaro mal wieder in diese deutsche Journalistin verbissen hat.

Zu den "konkreten Maßnahmen nach Jahren des Geschwätzes": Jetzt soll der Kanal Vittorio Emanuele tiefer gegraben werden, damit die Kreuzfahrtschiffe nach Venedig zurückkehren und spätestens 2027 wieder am Kreuzfahrtterminal anlegen können. Das nur zu dem (von der Welt bejubelten) Fake, dass die Kreuzfahrtschiffe nicht mehr in Venedig anlegen dürften. Inklusive der Schaffung einer 70 Hektar großen Insel aus dem ausgegrabenen (und toxisch verunreinigtem) Schlamm.

Tatsache ist, dass der Bürgermeister (samt der hinter ihm verborgenen schmutzigen Interessen) und die italienische Regierung nur abgewartet haben, dass die Unesco sie bejubelte, um weiterzumachen wie bisher. Das was hier passiert, ist kriminell. Und es passiert mit dem Segen des Weltkulturerbe-Komitees der Unesco. Unter den Augen der Welt. Die Kreuzfahrtindustrie jubelt (Öffnet in neuem Fenster).

Drei Tage nach Brugnaros Post über "die Reski" war ich in Venedig übrigens zum Empfang von Bundespräsidenten Steinmeier eingeladen, worüber ich mich sehr gefreut und ihm mein Venedigbuch geschenkt habe. Brugnaro war auch zu dem Empfang eingeladen. Aber er kam nicht. Keine Zeit. Wirklich schade, hätte ihn so gerne getroffen.

Ansonsten sind zwei sehr bezeichnende und auf fatale Weise miteinander verbundene Protagonisten gerade von uns gegangen: Der ehemalige Staatspräsident Giorgio Napolitano und der Mafiaboss Matteo Messina Denaro.

In all den Jubel-Nachrufen auf Präsident Napolitano war leider nichts zu lesen über seine verheerende Rolle im Pakt zwischen dem italienischen Staat und der Mafia. Oder über seinen Krieg gegen Palermos Staatsanwälte, um die Aufnahmen des Telefongesprächs zwischen Napolitano mit dem in dem Prozess um den Pakt zwischen dem italienischen Staat und der Mafia angeklagten Innenminister Mancino zerstören zu lassen. Schade. Wer mehr über die fatale Rolle von Napolitano wissen will, dem lege ich meinen Roman "Palermo Connection" (Öffnet in neuem Fenster) ans Herz.

Der Tod des Mafiabosses Matteo Messina löste große Erleichterung in Rom aus. Zur Erinnerung: Messina Denaro, 61, Boss der Cosa Nostra und wichtigster Geheimnisträger Italiens, hat 30 Jahre lang ungestört untertauchen können, und wurde im Januar 2023, schwer krebskank,"gefasst".

Als letzter flüchtiger Mafiaboss aus der Generation jener Mörder, die an den Attentaten gegen die Antimafia-Staatsanwälte Falcone und Borsellino 1992 und an der Attentatsserie 1993 in Rom, Mailand und Florenz beteiligt waren, wusste Messina Denaro, wer die Auftraggeber waren. Seitdem er tot ist, besteht kein Risiko mehr, dass Messina Denaro den Verstand verliert und auf die Idee kommt, Andeutungen zu machen über den Pakt zwischen dem italienischen Staat und der Mafia. Begraben wurde er in der Familienkapelle in Trapani neben seinem Vater, dem Mafiaboss Francesco Messina Denaro. Auf eine religiöse Bestattung verzichtete er: „Die sich als Soldaten Gottes bezeichnen, werden es nicht sein, die mir mein Begräbnis verweigern werden... Ich verweigere es. Gott wird meine Gerechtigkeit sein.“

Irre Zeiten, ja. Aber: Kopf hoch. "Irgendwie muss es ja weitergehen", sagt meine Mutter immer, um sich Mut zu machen. Ja, es wird es weitergehen. Irgendwie.

In diesem Sinne grüßt Sie Ihre Petra Reski

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