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Helau. Immer noch.

Hier ist immer noch Karneval (hört das eigentlich irgendwann auf?) - weshalb sich die venezianische Presse begierig  auf meinen bescheidenen Kommentar in der Süddeutschen Zeitung (Öffnet in neuem Fenster) stürzte: 

Während die Nuova Venezia schon bei der Recherche der Quelle versagte - mein Artikel sei in der Frankfurter Allgemeinen erschienen, hieß es - räumte der Gazzettino meiner in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Kritik am Karneval breiten Raum ein. Zu meiner großen Freude hat er praktisch den gesamten Inhalt meines Artikels referiert und schaffte es dieses Mal sogar, eine kleine Variation in der Überschrift unterzubringen: Also nicht das übliche "Petra Reski klagt an"/"Petra Reskis neue Anklage", was ja inzwischen etwas ausgereizt ist, sondern dieses Mal unter der Rubrik "Der Angriff". Und besonders bin ich natürlich darüber glücklich, dass in dem Artikel der Titel der italienischen Ausgabe (Öffnet in neuem Fenster)meines Venedigbuches samt Verlagsangabe korrekt genannt wurde!

Aus Gründen der journalistischen Objektivität sah man sich natürlich auch genötigt, eine Stellungnahme der Gegenseite einzuholen. In dem Fall die des Stadtrats Sebastiano Costalonga (Öffnet in neuem Fenster), einer Koryphäe, der als ehemaliger Bahnmechaniker und Gewerkschafter für Bürgermeister Brugnaro seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als Stadtrat für Handel und Gewerbe einbringt und furchtlos urteilte: "Dies ist ein klarer politischer Angriff einer enttäuschten Ex-Kandidatin, die es nicht in den Stadtrat geschafft hat." 

In der Tat kennt meine Enttäuschung keine Grenzen, wie sehr hätte ich es geliebt, meine Tage im Rathaus von Mestre zu verbringen, statt Bücher zu schreiben! Aber Gottchen, man kann nicht alles haben. 

Und es hört nicht auf, mit der Verwirrung für die venezianischen Tageszeitungen: In diesen Tagen tauchten in Venedig erst rätselhafte Handzettel auf, auf denen steht: "Bürgermeister für Venedig gesucht, der in Venedig lebt. Nur ernstgemeinte Zuschriften. Plünderer bitte fern halten."

Auf die jetzt weitere Handzettel folgten, auf denen zu lesen ist: 

"Vermieter gesucht - mit der Hand auf dem Herzen und nicht allein auf der Brieftasche" 

Wo soll das nur alles hinführen? Wir wissen es nicht. Und die venezianischen Tageszeitungen, die sich den Kopf darüber zerbrechen, wer sich hinter dem geheimnisvollen Kürzel "C16A" verbirgt, wissen es auch nicht. 

Und die Unbill hört nicht auf: Jetzt hat der Nouvel Observateur (Öffnet in neuem Fenster) auch noch meinen Kommentar unter dem Titel "Während des Karnevals ist Venedig eine Stadt im Belagerungszustand" mit einem Link zur französischen Ausgabe meines Venedigbuches ("Venise n'est pas à vendre (Öffnet in neuem Fenster)") veröffentlicht: 

https://www.nouvelobs.com/opinions/20230211.OBS69469/pendant-le-carnaval-venise-est-une-ville-en-etat-de-siege.html (Öffnet in neuem Fenster)

In den Socials verbreitete sich in diesen Tagen die Nachricht, dass ein deutsches Gesetz jetzt nun, revolutionär, ein Mafia-Urteil (Öffnet in neuem Fenster) verkündet habe. Das Gericht in Konstanz habe sich die Mühe gemacht, den Angeklagten Sebastiano G., Mitglied des Clans von San Luca (remember Duisburg und Erfurt? (Öffnet in neuem Fenster)) nicht nur wegen Drogenhandels, sondern auch wegen "Unterstützung der ‘Ndrangheta" zu verurteilen. (Höchststrafe in Deutschland wegen "Unterstützung der Mafia": drei Jahre. Höchststrafe in Deutschland wegen "Mafiazugehörigkeit": fünf Jahre. Just to say.)

Dass sich das Gericht in Konstanz die Mühe machte, im Urteil die hinter dem Drogenhandel verborgenen Mafiastrukturen aufzuzeigen, ist sicher ehrenwert, aber immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn aus der deutschen Rechtssprechung geht nach wie vor hervor, dass die Mafiazugehörigkeit mehr oder weniger als eine lässliche Sünde betrachtet wird (Öffnet in neuem Fenster), wenn die Strafen geringer sind, als beim Drogenhandel. Anders als in Italien, wo die alleinige Zugehörigkeit zur Mafia bereits strafbar ist, muss in Deutschland zur Zugehörigkeit auch noch die konkrete Vorbereitung einer Straftat nachgewiesen werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass man in deutschen Gerichten zudem davon ausgeht, dass man aus der Mafia austreten kann, wie aus einem Golfclub: Im Juli 2015 im Zusammenhang mit der Operation "Rheinbrücke" festgenommene Mafiosi konnten bereits im November des gleichen Jahres untertauchen, weil das Oberlandesgericht Karlsruhe die Freilassung aus der Auslieferungshaft verfügte. Der Grund: Die Strafvorwürfe der Italiener lagen mehr als fünf Jahre zurück. Nach fünf Jahren ist die Bildung oder Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Deutschland verjährt. 

Es bleibt also noch viel zu tun, was die Mafia in Deutschland betrifft. Vor allem müsste es mal ein Ende damit haben, sich weiter in die Tasche zu lügen - und die Strukturen aufdecken, die es der Mafia so leicht machen, in Deutschland ihre Geschäfte zu machen. Dann wäre Deutschland in Europa etwas glaubwürdiger. 

An dieser Stelle möchte ich an zwei in Norddeutschland stattfindende Lesungen aufmerksam machen: In Lübeck lese ich am 25. Februar aus "Als ich einmal in den Canal Grande fiel" in der "Großen Kiesau Literaturnacht" (Öffnet in neuem Fenster) und am 27. Februar stelle ich mein Buch im italienischen Kulturinstitut in Hamburg vor. Karten gibt es hier (Öffnet in neuem Fenster)

Helau rufend grüßt Sie aus Venedig, Ihre Petra Reski 

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