Über Veteranen, mein K2, Bürgermeister und Minister: all’italiana!
Gerade lange darüber nachgedacht, warum die schöne italienische Redensart “sono reduce di …” im Deutschen (“bin gerade von … zurückgekehrt) so verpufft: Statt “hinter mir liegt eine Woche mit Lesungen”, hätte ich auf Italienisch gesagt: Sono reduce di una settimana di presentazioni del mio libro, wobei das Wort reduce eine große Rolle spielt. Reduce heißt eigentlich Veteran, bezeichnet also die Kämpfer, die am Ende eines Feldzuges nach Hause zurückkehrten. Laut Treccani, dem italienischen Duden, verwendet man reduce auch, um jene zu bezeichnen, die nach langer Abwesenheit, gewagten Heldentaten und Abenteuern zurückgekehrt sind, etwa Bergsteiger nach der Eroberung des K2. Und genau so fühle ich mich jetzt: Leicht erschöpft, aber glücklich, weil diese erste Lesungs-Woche so ein grandioser Erfolg war.
Der Auftakt in der Buchhandlung Peterknecht war wie immer auch ein Veteranentreffen, weil auch dieses Mal viele anwesend waren, die bei meiner legendären Lesung 2008 (Öffnet in neuem Fenster) dabei waren. Von uns gegangen sind indes: mein Kläger Spartaco Pitanti, der Moderator und, wie ich jetzt erfuhr, auch der Rechtsanwalt, der den langen Vortrag darüber hielt, dass Geldwäsche in Deutschland umöglich sei. Auf Italienisch sagt man für sterben ja auch euphemistisch passare a miglior vita, was wörtlich so viel heißt wie: “in ein besseres Leben gehen” - und ich in diesem Fall als besonders passend finde.
Und jedes Mal wenn ich in Erfurt ankomme, mache ich dieses Foto vom Erfurter Hof, weil mich das “Willy Brandt ans Fenster” (Öffnet in neuem Fenster) immer so bewegt.
Die darauf folgende Lesung in Kamen war ein Heimspiel, wie dieser Lokalreporter feststellte (Öffnet in neuem Fenster): “von der Seseke in die Lagunenstadt”.
Und die im Literaturhaus München hat mich geradezu überwältigt: 350 Leute im Saal und 200 im Streaming.
Was soll ich sagen: grazie, grazie, grazie! Dank auch an den wunderbaren Moderator Achim Bogdahn (Öffnet in neuem Fenster) und an die charmante Einführung durch Marion Bösker-von Paucker (Öffnet in neuem Fenster) vom Literaturhaus München (deren Name, der nicht nur einen Bindestrich, sondern auch noch einen Umlaut enthält, was für den Computer des italienischen Innenministeriums eine noch größere Herausforderung wäre).
Und auch die letzte Lesung in Rheinbach (Öffnet in neuem Fenster) war triumphal (etliche Ehrenvenezianer anwesend!). Moderiert hat Susanne Kundmüller-Bianchini, hier mit mir im Bild, ebenfalls mit Bindestrich und Umlaut im Namen.
Gefreut habe ich mich auch über das Gespräch, das die wunderbare Andrea Gerk von der Lesart des Deutschlandfunks mit mir geführt hat, nachzuhören hier (Öffnet in neuem Fenster).
Die Süddeutsche Zeitung mich ebenfalls nach meinem Buch befragt ⬇️
Und beim BR habe ich auf dem Blauen Sofa gesessen und mit Thorsten Otto über Italien gesprochen, genauer gesagt, darüber, dass "all'italiana" mal ein Segen und mal ein Fluch sein kann.
https://www.br.de/mediathek/podcast/blaue-couch/petra-reski-autorin-und-italienexpertin-ich-fuehle-mich-italien-verwandt-wie-einer-familie-zu-der-man-gehoert/2097388?fbclid=IwY2xjawFTWstleHRuA2FlbQIxMQABHUiDEOKHyo_nUrNjThuzwHDA18_NgMjSwe4MWMu4QhB8-70qrwA5kccwQw_aem_jwaQDSdP1nrCR0gAyud3YA (Öffnet in neuem Fenster)Und, last but not least, hat Ulrike Schmid mein Buch in ihrem italophilen Blog “pasticcio” besprochen (Öffnet in neuem Fenster).
Meanwhile in Venice, dieser kleinen Stadt im Wasser: Da versucht der Bürgermeister weiter nach allen Kräften, die Bewohner seiner Stadt loszuwerden. Darüber habe ich für den österreichischen Standard geschrieben:
https://www.derstandard.at/story/3000000235436/venedig-soll-keine-stadt-mehr-sein?ref=rss&fbclid=IwY2xjawFTOgpleHRuA2FlbQIxMQABHevws_ugZZW92f4HsUcswTHwV5yfzBn0k57IoWN0tMOgpVJsmfqawL9EPQ_aem_p88gdWbDwy0dbHeX2Cg5tA (Öffnet in neuem Fenster)Und dieses Phänomen von Bürgermeister, mit dem wir geschlagen sind, versucht jetzt natürlich vor allem davon abzulenken, dass die Ermittlungen gegen ihn weitergehen. Sein immer noch im Gefängnis befindlicher (inzwischen zurückgetretener) Stadtrat Boraso wurde gerade zum dritten Mal zur Korruptionsaffäre (Öffnet in neuem Fenster) verhört. Also warf Brugnaro einen weiteren Hut in den Ring, indem er die Kritik des Festivalleiters an den mangelnden Verkehrsverbindungen zum Lido damit konterte, das Festival in Zukunft in Mestre und Marghera stattfinden zu lassen. Denn: “Ich glaube nicht, dass Richard Gere weiß, dass es Mestre oder Marghera gibt, aber ich bin sicher, wenn wir ihm davon erzählen, fängt er vielleicht auch an zu träumen!” (das ist kein Witz, das hat Brugnaro tatsächlich gesagt! (Öffnet in neuem Fenster)).
Und nachdem die Biennale darauf mit einem trockenen “No!” reagierte, legte Brugnaro noch mit weiteren Vorschlägen nach (Öffnet in neuem Fenster), etwa dass Lady Gaga im Anschluss an ihren Film ein Konzert in dem (noch zu bauenden) Sportpalast geben könne (Sportpalast, der vor allem Brugnaros Basketballmannschaft zugute kommt), und man eine Reihe mit lustigen Filmen nach Mestre verlegen könne, weil man in Mestre große Lust zu lachen habe. Die hat man in der Tat, und die Memes folgten bei Fuß. Hier also Richard Gere beim Spaziergang in Mestre:
Und hier der Vorschlag, die Taschendiebe auch nach Mestre auszulagern:
Apropos lachen: Jetzt ist auch noch unser Kulturminister zurückgetreten worden, dem wir ja einige Perlen der Weisheit verdanken, etwa dass Dante Alighieri der “Begründer des rechten Gedankenguts“ (Öffnet in neuem Fenster) in Italien, Londons Wahrzeichen der Times Square (Öffnet in neuem Fenster) und Neapel zweieinhalb Jahrhunderte alt (Öffnet in neuem Fenster) sei (aber gut, Jahrhundert hin, Jahrtausend her, wer will da schon kleinlich sein). Der Kulturminister stolperte über eine blonde Walküre aus Pompeji (Öffnet in neuem Fenster).
Auch die von Meloni erzwungene tränenreiche Entschuldigung (Öffnet in neuem Fenster) bei seiner Frau und Giorgia Meloni - zur besten Sendezeit auf RAI uno - hat ihn nicht mehr retten können: Der Minister galt als nicht mehr als haltbar und wurde, zum großen Bedauern der Karikaturisten des Landes, von Giorgia Meloni durch ihren Vertrauten Alessandro Giuli ersetzt, Journalist mit neofaschistischer Vergangenheit (Öffnet in neuem Fenster) und Präsident des Museums für zeitgenössische Kunst MAXXI in Rom.
Langweilig wird es also nicht.
Für mich geht es jetzt wieder zurück nach Venedig - gefühlt schwebe ich wie auf einem Luftkissen zurück, nach diesem grandiosen Anfang für “All’italiana!”. Noch mal danke dafür!
In der Hoffnung, Sie vielleicht bei einer meiner nächsten Lesungen im Oktober zu treffen, grüßt Sie ganz herzlich Ihre Petra Reski
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