Bad Boys (Michael Bay)
1995 flimmert die Sonne Miamis über den Asphalt, und Michael Bay legt mit Bad Boys den Grundstein für eine Karriere, die ihn zu einem der kommerziell erfolgreichsten, aber auch von der Kritik meistgeschmähten Regisseure machen sollte.
Die Buddy-Cop-Komödie bringt Will Smith und Martin Lawrence als ungleiches Ermittler-Duo auf die Leinwand. Der wohlhabende Playboy Mike und der bodenständige Familienvater Marcus müssen ihre Gegensätze überwinden, um einem Drogenboss das Handwerk zu legen. Trotz der ikonischen Chemie zwischen den Hauptdarstellern fiel die Kritikerresonanz verhalten aus – Roger Ebert kritisierte die ausgelutschten Klischees, und auch sonst war der Tenor eher skeptisch.
Alphamänner
Im klassischen Stil des Buddy-Cop-Genres verkörpern Mike Lowrey (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) zwei gegensätzliche Archetypen. Mike ist ein sorgloser Single, dessen luxuriöser Lebensstil von halbnackten Hostessen und protzigen Autos geprägt ist. Marcus hingegen ist der gebeutelte Familienvater, der von seiner nörgelnden Ehefrau und lärmenden Kindern in den Wahnsinn getrieben wird.
Der Kontrast zwischen beiden Figuren wird fast karikaturesk dargestellt. Marcus leidet unter der Sexlosigkeit seines Ehelebens, während Mike mit seinem ungehemmten Flirtverhalten in jeder Szene die Oberhand behält. Dieser Gegensatz lässt sich auch auf aktuelle Phänomene wie die sogenannte “Male Loneliness” oder die wachsende Incel-Kultur übertragen. Schon in Bad Boys deutet sich die toxische Vorstellung an, dass Männlichkeit vor allem durch Dominanz und Kontrolle definiert wird.
Ein prägnantes Beispiel dafür zeigt sich, als Marcus – fälschlicherweise in Mikes Rolle – mit der Kronzeugin Julie das Apartment teilt. Ihre Kritik an seinen Essgewohnheiten gipfelt in einer absurden Szene, in der Marcus sogar eine Gewürzgurke abwäscht, weil sie ihr zu salzig erscheint. Julie kommentiert später enttäuscht: „Und ich dachte, Mike wäre der Frauenversteher.“ Mike hingegen bleibt seiner Rolle als dominanter Verführer treu, was suggeriert: Wer dominant auftritt, hat Erfolg – sei es im Beruf oder in der Liebe.
Auch befinden wir uns noch in einer Zeit, in der Fitnessstudios noch belächelt werden: “Ach ja stimmt, du kommst zu Hause ja nicht zum Schuss”, macht sich Mike über seinen Partner lustig, der sich an einem Boxsack probiert. Während beim heutigen Alphatraining die Stählung und Formung des eigenen Körpers eine zentrale Rolle spielen, um bei den Frauen und auch beruflichen Erfolg zu haben, ist ein sexy Körper in der Welt eines 1995er Micheal Bays als Resultat aus dem beruflichen und sexuellen Erfolg zu verstehen. Wenn du Sex hast, hast du auch einen Sixpack.
Das Berufliche und das Private
Michael Bay zeichnet ein Amerika, in dem die Arbeit als Quelle von Identität und Männlichkeit gilt. Mike, der als Millionär nicht arbeiten müsste, stellt sich dennoch als pflichtbewusster Cop dar, der sich nicht zu schade ist, Überstunden zu schieben oder sich die Hände schmutzig zu machen: “Ich bin der erste der morgens auf der Matte steht und abends der letzte, der nach Hause geht”. Marcus hingegen wird von seiner Familie, die ihm Rückhalt bieten sollte, beruflich eher ausgebremst.
Im Gegenteil, sehen wir immer nur, dass das Private der anderen, die berufliche Integrität stört. Beim Rollentausch hat Mike kein Problem damit, sein Privates aufzugeben, es ist Marcus’ Familie die droht, den Fall zu sabotieren. Und auch Fouchet, der Gegenspieler, konnte seinen Plan nur in die Tat umsetzen, indem er die Sekretärin Francine im Privaten mit anzüglichen Fotos bedrohte. Auch ist es der privaten Entgleisung des Handlangers Dominguez zu verdanken, dass der professionelle Raub und Drogendeal schlussendlich vereitelt werden.
In Michael Bays Amerika ist der Beruf das identitätsgebende Element. Mike und Marcus könnten privat unterschiedlicher kaum sein, doch im Job sind sie gleich. Beide erschiessen die Gangster, beide setzen ihr Leben aufs Spiel. Das Problem entsteht erst nach Feierabend. Mike hat keine Verpflichtungen und auch sonst kein Privatleben. Der Porsche muss reichen. Dadurch kann er der erste auf der Matte sein und der letzte der Abends geht, sprich, dadurch kann er ein besserer Polizist sein. Marcus hat noch ein Privatleben innerhalb seiner Familie, sie sind eine permanente Bedrohung für seine Performance auf der Arbeit.
Das Private findet erst dann wieder statt, wenn der Job erledigt wurde. Im Job lernt Marcus den Porsche, der Anfangs noch als “Penis” bezeichnet wurde, zu beherrschen. “Von jetzt an, fährst du immer so!”, brüllt ihm Mike männlich und anerkennend entgegen. Der Erfolg im Job hat Marcus also wieder seine Potenz zurückgebracht, er beherrscht wieder seinen Penis. Entsprechend kann er jetzt auch zurück zu seiner Frau und sich seine “Quality Time” abholen.
Fazit
In Bad Boys setzt Michael Bay auf ein Männlichkeitsbild, das von beruflichem Erfolg, Dominanz und Macht geprägt ist. Privatleben und Familie treten dabei in den Hintergrund oder werden sogar als hinderlich dargestellt. Die finanzielle Ausgangslage ist irrelevant – entscheidend ist die Hingabe an den Job, der die eigene Identität definiert.
Bay mag sich der gesellschaftlichen Verantwortung seiner Werke entziehen wollen, indem er sie als Unterhaltung für Teenager beschreibt. Doch die Wurzeln moderner, oft problematischer Männlichkeitsideale sind hier bereits erkennbar. Die Botschaften, die Bay in Bad Boys vermittelt, sind nicht weit entfernt von den Werten, die in heutigen misogynen Diskursen propagiert werden.