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Mittwochs-Kolumne: Bier und Gurken

Vorwort: So sieht also nun mein Leben aus. Ende 30, pleite, alleine in einer leeren Wohnung und gerade im Moment rechne ich aus, wieviel mich eine Haarwäsche mit Roggenmehl kostet. Okay, kann man wohl machen. Ich habe zig angefangene Romane auf der Festplatte, noch mehr handgeschriebene Gedichte und weiteres kreatives Chaos, das mich keinen Cent weiter bringt. Der vorletzte Ex-Freund trieb mich emotional in den Ruin, der davor hat das finanziell geschafft. Ich bin gut, so gut. Zumindest im Überleben. Meine neuen besten Freunde nennen sich Cashflow-Tabelle 2018 bis 2026 und eine Excel-Datei, in der steht, dass mich eine Scheibe Pumpernickel 11 Cent kostet. Darauf trinke ich doch glatt ein Pale Ale – natürlich vom letzten Jahr, denn dieses Jahr könnte ich mir keines mehr leisten.  Willkommen in meinem Leben, das bin ich: Hauptberuflich Pleitegeier, nebenberuflich, Sozialhilfe für Straßenhunde und Männer.

Tag 6 – Reis und Igitt

Es ist Wochenende, ich hab nicht viel vor und Zeit. Endlich ausschlafen. Juhu. In der Küche angekommen, stelle ich mit Entsetzen fest, dass mein Haferdrink leer ist. Aber halb so wild, dachte ich, alles easy, haste doch mal vor ner Weile so ein Youtube-Video gesehen, in dem beschrieben wird, wie man das Zeug selber macht. Das Video ist schnell gefunden, war aber dann Reismilch statt Hafermilch. Freudestrahlend grinst mich die junge Dame an, schlürft an ihrer selbstgemachten Reismilch und verspricht mir lächelnd, dass die sogar pur sehr lecker sei. Und das für nur 12 Cent! Prima, passt ja perfekt in meinen Kostenplan. In meinen Schränken findet sich noch ein Päckchen Milchreis. Milchreis finde ich persönlich ja auch eher ziemlich eklig, genau wie Haferschleim, den man mittlerweile Porridge nennt. Fancy – aber nicht weniger widerlich. Die Zubereitung der Reismilch geht flott, denn als ich noch dachte, Geld zu haben, hab ich in einen echt guten Mixer investiert. Das Ganze Reismilchgedöhns sieht auch ganz ordentlich aus, als Sieb-Ersatz habe ich ein Wäschesäckchen genommen. Ein extra Nusssieb braucht man offenbar auch nicht und Feinstrumpfhosen besitze ich nicht. Ebenso freudig wie erwartungsvoll nehme ich den ersten Schluck. Heilige Scheiße! Kann es sein, dass selbstgemachtes Zeug manchmal nur schmeckt, wenn man nicht darauf angewiesen ist? Auch im Tee macht sich das Milchersatzprodukt nicht besser. Letzter Versuch: Kurkuma-Latte. Hab ich blöder alter Hipster halt auch mal gekauft. Gewürzmilch. Super gesund. Oxidantien und Co. Leicht weinend kippe ich langsam das gelbe zählflüssige Gesöff schlussendlich in den Abfluss. Schwarzer Kaffee ist doch nicht so übel, wie ich dachte. Das bisschen Magenschmerzen und Übelkeit sind nichts im Vergleich zu dem Würgereiz von eben.