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Mittwochs-Kolumne: Bier und Gurken

Vorwort: So sieht also nun mein Leben aus. Ende 30, pleite, alleine in einer leeren Wohnung und gerade im Moment rechne ich aus, wieviel mich eine Haarwäsche mit Roggenmehl kostet. Okay, kann man wohl machen. Ich habe zig angefangene Romane auf der Festplatte, noch mehr handgeschriebene Gedichte und weiteres kreatives Chaos, das mich keinen Cent weiter bringt. Der vorletzte Ex-Freund trieb mich emotional in den Ruin, der davor hat das finanziell geschafft. Ich bin gut, so gut. Zumindest im Überleben. Meine neuen besten Freunde nennen sich Cashflow-Tabelle 2018 bis 2026 und eine Excel-Datei, in der steht, dass mich eine Scheibe Pumpernickel 11 Cent kostet. Darauf trinke ich doch glatt ein Pale Ale – natürlich vom letzten Jahr, denn dieses Jahr könnte ich mir keines mehr leisten.  Willkommen in meinem Leben, das bin ich: Hauptberuflich Pleitegeier, nebenberuflich, Sozialhilfe für Straßenhunde und Männer.

Tag 7 – Vergangene Zeiten

Es ist gut. Mein Bedürfnis BigBen zu schreiben ist relativ gering und ich bin tatsächlich ziemlich dankbar, dass er sich nicht meldet. Ich möchte ihm gerne vieles sagen, aber ich weiß, dass wir uns nur wieder streiten würde. Ich sage, was mir nicht passt und er wirft mir das gleiche an den Kopf. Spiegeln nennt man das in der Fachsprache, soweit ich weiß. Bringt uns aber kein Stück weiter. Lieber denke ich über vieles andere nach, über unsere nicht vorhandene Kommunikation, zum Beispiel. Dinge, die er meinte, gesagt zu haben, aber nie ausgesprochen hat. Ein schönes Fallbeispiel kam tatsächlich nach unserer „Trennung“ (Ich hatte nie eingewilligt, in diesen komischen Beziehungsstatus einzutreten). Wir hatten kurzfristig beide die irre Hoffnung, wir könnten einander in einer Freundschaft das geben, was wir in einer Beziehung nicht im Stande waren uns zu geben. Als Freunde, dachten wir, wäre der Druck raus. Für mich der Druck, sofort in eine festes Familien/Vater-Tochter-Gefüge gepresst zu werden und er musste nicht mehr mit meinem Hund aufm Sofa (und im Bett, hust) klarkommen. Wie BigBen nun einmal so war, musste er natürlich auch für eine Freundschaft feste Rahmenbedingen fordern. Eine davon war zum Beispiel, dass Zuza, meine Hündin, nicht mehr ohne Aufforderung aufs Sofa dürfe. Als wir noch ein "Paar" waren, ließ er sie anfangs erst noch mit ins Bett. Aber auch damals stand plötzlich irgendwann eine Hundehütte am Fußende des Bettes. Da sollte ab sofort ihr Platz sein. Ich liebe es, kein Mitspracherecht zu haben. Das vereinfacht einfach alles so enorm.
Es dauerte keine Woche, da eröffnete er mir beim Frühstück, dass dort hinten im Wohnzimmer (allerletzte Ecke, am weitesten weg vom Schlafzimmer) demnächst Zuzas Platz für nachts sei. Dass mir da etwas der Appetit beim Frühstück verging muss auch jedem klar sein, oder? Ich sagte "Hey, das geht nicht so einfach, ich brauch mal Zeit, um über das nachzudenken."
Schließlich waren Zuza und ich drei Jahre lang ein Team, sie nachts in meiner Kniekehle, dramatisch genervt seufzend, wenn ICH mal wieder unruhig schlief. Anfangs waren das die einzigen gemeinsamen Momente miteinander, weil sich mein ängstlicher Straßenköter meistens UNTERM Bett aufhielt. Auch die Geschichte kannte Ben. Aber „Zeit geben“ hat für ihn wohl mehr den Charakter eines Sportlehrers mit Stoppuhr beim Sprint.

Wie man sieht, wir haben uns aus vielen verschiedenen Gründen "getrennt" beziehungsweise habe ich die Flucht ergriffen. Als ich ihn dann irgendwann mal mit Hund besucht habe, habe ich extra Zuzas Decke mitgebracht und sie nur nach Aufforderung aufs Sofa gelassen. Hinterher warf er mir vor, ihn damit provoziert zu haben, weil ich die Hundehütte – die noch in der Ecke stand – ignoriert hätte. „Nur nach Aufforderung aufs Sofa“ bedeutet in meiner Welt eben nicht automatisch „Hütte im letzten Eck im Wohnzimmer“. Ganz simpel. Kommunikation. Man kann nicht etwas voraussetzen und was anderes sagen. Plus das noch als Provokation werten. Eigentlich wird das ja gern Frauen vorgeworfen... tja, scheinbar können Männer das auch ganz gut.