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Mittwochs-Kolumne: Bier und Gurken

Vorwort: So sieht also nun mein Leben aus. Ende 30, pleite, alleine in einer leeren Wohnung und gerade im Moment rechne ich aus, wieviel mich eine Haarwäsche mit Roggenmehl kostet. Okay, kann man wohl machen. Ich habe zig angefangene Romane auf der Festplatte, noch mehr handgeschriebene Gedichte und weiteres kreatives Chaos, das mich keinen Cent weiter bringt. Der vorletzte Ex-Freund trieb mich emotional in den Ruin, der davor hat das finanziell geschafft. Ich bin gut, so gut. Zumindest im Überleben. Meine neuen besten Freunde nennen sich Cashflow-Tabelle 2018 bis 2026 und eine Excel-Datei, in der steht, dass mich eine Scheibe Pumpernickel 11 Cent kostet. Darauf trinke ich doch glatt ein Pale Ale – natürlich vom letzten Jahr, denn dieses Jahr könnte ich mir keines mehr leisten.  Willkommen in meinem Leben, das bin ich: Hauptberuflich Pleitegeier, nebenberuflich, Sozialhilfe für Straßenhunde und Männer.

Tag ich hab aufgehört zu zählen plus 3. Grob.

Mein Veganerherz müsste heute weinen, ich hab zum Mittagessen, eigentlich Abend, eine deftige Hackfleischpfanne gemacht und jedes Mal, wenn ich an der Pfanne vorbeilaufe stopf ich wieder einen Löffel in mich hinein. Schon ziemlich derb, aber halt auch irgendwie geil. Gestern bin ich kurz am Friseurbesuch vorbeigeschrammt, aber ich hab ja auch Scheren hier... und beim Roadtrip nach Portugal damals hab ich mir auf dem Rückweg auch die Zotteln mit der Schere aus dem Werkzeugkasten abgesäbelt. Kann ich also. Danach blieb ich tatsächlich zwei Jahre bei den kurzen Haaren, hatte in Berlin sogar eine richtig gute Friseurin ausfindig gemacht – einen Afro-Hair-Shop! Europäische Friseure sind mit meinen Haaren immer „leicht“ überfordert und es ist nicht vertrauenserweckend, wenn du ohne Brille blind wie ein Maulwurf beim Friseur sitzt und hinter dir fluchen und weinen hörst. Um also den armen Friseuren und mir solche Seelenqual zu ersparen habe ich drei Strategien entwickelt:

Gar nicht zum Friseur gehen und alles selber machen. Kann ich zum Glück eigentlich auch.
Zum allerbilligsten Friseur gehen und haargenaue, haha, Anweisungen geben. So simpel wie möglich. Kommt immer etwas arschig rüber, aber erspart mir viel Leid. Und Geld.

Oder ich mache in der Umgebung einen Friseur ausfindig, der selber Unmengen an Haaren hat. Soviel zu dem Thema.

Und nun überlege ich, ob ich mir das letzte Ale nehme oder den Erdbeersekt, den ich eben beim Aufräumen unter der Spüle gefunden hab. War ein Weihnachtsgeschenk von Steffi, meiner Nachbarin. Ich kann Sekt nicht ausstehen und Erdbeersekt klingt nicht verlockender, aber nachdem mich BigBen mal wieder zwei schlaflose Nächte gekostet hat – keine von der guten Sorte – ist es heute gefühlt auch drin, mir mal einen Erdbeersekt reinzupfeifen. Aber die Vorstellung ist schon irgendwie eklig. 

Die Männer in meinem Leben sind übrigens akut zahlreich geworden und ich schon wieder genervt. Hab doch gar keine Zeit für so etwas, aber zum Glück sind sie alle recht weit weg. Zwei in Köln, einer in nem kleinen Kaff ebenfalls in NRW. Da ist übrigens auch mein Ex-Freund, in NRW. Nicht auf Metalflirt. Mit Mattes schreibe ich im Grunde schon seit 3 Jahren... damals war der Kontakt nur kurz, bevor er wieder zu seiner Ex-Freundin zurückging. Dann war zwei Jahre Funkstille und plötzlich waren wir beide wieder auf Metalflirt unterwegs. Und dieses Mal wurde sehr schnell ein inniger Kontakt aus der Geschichte, fast täglich ellenlange E-Mails und den Besuch bei mir hatte er schon geplant – inklusive Ticketkauf. Und dann kam Ben. Und ehrlich wie ich Idiot nun bin – ich bin sogar zu monogam für BrieffreundschaftEN – hab ich Mattes von Ben erzählt, Drama, Gezicke, Kontaktabbruch. Und als jetzt drei Monate später die Geschichte mit BigBen eigentlich Geschichte war, hab ich Mattes erneut angeschrieben. Nur der Zauber ist irgendwie weg. Ich seh mir seine Fotos an und empfinde irgendwie nichts dabei. Weder Abscheu, so wie es mir mit den Männern geht, die ich zu Chris´ Zeit gut fand (die hatten allesamt harte, kantige Gesichtszüge, etwas sehr Herrisches, Arrogantes an und in sich)... die anderen beide, recht nette Typen, aber vom Schicksal auch ziemlich gebeutelt und so recht will der Funke nicht überspringen. Dafür erzählt mir Ben, dass er versucht liebevoller mit mir umzugehen, damit ich mich leichter unterordnen kann (sic!). Klar, war schon immer meine erklärtes Lebensziel – solange Single bleiben, bis ich verzweifelt genug bin, mich dem nächstbesten Idioten mit Napoleonkomplex (wobei Napoleon bei Bens 194 cm wohl nur auf eine andere Region zutrifft) völlig zu ergeben. Fehlanzeige, Freundchen. Und die netten Typen, die, die ich so warmherzig finde, die meine Interessen teilen und die ich optisch unglaublich attraktiv auf nerdige Art und Weise finde – die finden Mädels gut, die sich eine Tonne Schminke ins Gesicht klatschen und dabei einen auf naturverliebt machen. Konnte gestern nicht umhin, den einen nochmal zu stalken. Ich glaube, irgendetwas läuft hier grundlegend falsch. Also bei mir und bei den Typen. Ist es der Trick, sich mit möglichst viel Make up einen Typen zu angeln und wenn man ihn hat, auf die männliche Faulheit bauen? Irgendwann ist man ungeschminkt, der Typ erschrickt, aber bleibt? Funktioniert das so? Oder muss ich auf Instagram einen auf Mittelaltergothicelfe machen und dabei lasziv in die Kamera zu blicken? Muss MAN das? Muss ich das? Ich glaube, die Alternative ist langsam erwachsen zu werden.

Tag X Peter Pan

Je mehr ich mich momentan mit dem Thema Dating auseinandersetze, desto mehr wühle ich gefühlt in meinen eigenen Eingeweiden. Wie Ben schon sagte, jeder von uns beiden hat ein Thema mit sich selber, weswegen es mit anderen nicht klappt. Mit Ben und mir wird es nicht funktionieren, das wird mir langsam immer deutlicher klar. Denn wirklich Wohlfühlen und gemeinsam etwas aufbauen scheitert in meinen Augen, wenn der andere von vorneherein der Entscheidungsträger sein möchte und das als Autorität anerkannt haben will. Wie ein weiser König stellt er sich dar, der, wenn er klug sei, auf den Rat seiner Königin höre, auf sie achte und dann die Entscheidung trägt. Was wie ein episches Märchen klingt – das ist in der heutigen Welt und vor allem in meiner Welt nicht akzeptabel. Ich suche Stabilität und Reibung nicht dort, wo sie sein sollte: bei mir. Bin ich ein weiblicher Peter Pan? Erwachsen werden ist doof, aber auch ohne erwachsen werden zu wollen, muss ich meine Rechnungen zahlen. Der GEZ ist es völlig schnuppe, ob ich mich manchmal wie eine 15jährige auf der Suche nach dem Sinn des Lebens gefühlt habe – Gebühr ist Gebühr und offiziell bin ich schon seit geraumer Zeit volljährig und zahlungspflichtig. Auch der Bundeskasse ist es egal, mit was ich mich emotional so tagtäglich beschäftige – der Studienkredit will abbezahlt werden. Ist es also nicht langsam an der Zeit, meiner Peter Panin adieu zu sagen?