Führungswechsel

Machen wir etwas falsch, wenn wir uns eine Führung herausgespielt haben und diese dann wieder verlieren? Und inwiefern kann der Wunsch, das perfekte Spiel zu spielen, uns um den Sieg bringen ?

Gerade hat mich eine Frage erreicht, die dazu geführt hat, dass ein paar Gedanken aus mir herausgeflossen sind, die ich mit euch teilen möchte, in der Hoffnung, dass da etwas dabei ist, das mal wieder irgendwem weiterhilft. Es ging um die Beobachtung, dass ein Team regelmäßig komfortable Führungen wieder hergibt. Eine Frage, die das Team sich stellt, ist diese: „Wir wissen nicht, woran das liegt und was wir da machen können.“ In diesem Fall betrifft das eine Volleyball-Mannschaft. Das Thema lässt sich aber genauso auf Beachvolleyball oder andere Sportarten übertragen.

Machen wir etwas falsch, wenn wir uns eine Führung herausgespielt haben und diese dann wieder verlieren? Meine vielleicht etwas unpopuläre Meinung dazu ist: Nein.

Ein Spiel besteht aus vielen kleinen Runs

Ihr macht nur dann etwas falsch, wenn ihr euch davon, dass die Führung schrumpft, aus dem Konzept bringen lasst, immer wieder daran denkt, dass ihr geführt hattet und am Ende deshalb das Spiel verliert. Es ist normal, dass ein Team innerhalb eines Spieles in einen Flow kommt. Und es ist auch normal, dass das andere Team in einen Flow kommt und es Führungswechsel gibt. Wir denken immer, dass wir etwas falsch machen, wenn wir führen und diese Führung wieder schmilzt. Das ist aber nicht so. Dafür müssen wir uns nur mal die Spiele der Profis anschauen. Häufig gewinnt ein Team einen Satz klar und den nächsten gewinnt das andere Team ebenso deutlich. Das gehört zum Lauf einer langen Volleyball-Partie dazu. Es ist die Seltenheit, einen Satz oder ein ganzes Spiel nur mit Höhen durchzuziehen. Das ist nur dann möglich, wenn ihr wirklich einen heftigen Niveauunterschied habt und das ist wohl eher die Ausnahme, wenn beide Mannschaften in derselben Liga spielen oder sich für dieselbe Kategorie in einem Beachvolleyball-Turnier angemeldet haben.

Wir bekommen das Gefühl, etwas zu verlieren

Volleyball ist wie ein Schachspiel. Wir sehen etwas in der Taktik unserer GegnerInnen, passen unsere Taktik darauf an und dann führen wir. Was aber oft passiert, ist, dass wir, wenn wir uns diese Führung herausgearbeitet haben, denken, dass das jetzt der Standard ist. Wenn die anderen aufholen, haben wir das Gefühl, dass wir etwas verlieren. DAS müssen wir stoppen. Es ist normal, dass die GegnerInnen mal einen Lauf haben. Wir können auch wieder einen Lauf haben. Den hatten wir schließlich schon einmal, sonst hätten wir ja nicht geführt, oder? Das Spiel besteht aus vielen kleinen Runs und das müssen wir akzeptieren. Das Spiel gewinnt meist das Team, das flexibler auf die Anpassungen der GegnerInnen reagieren kann.

Wir wollen das perfekte Spiel spielen

Und ja, ich weiß, das ist nicht leicht umzusetzen. Ich habe das gerade erst am Sonntag bei einem Beachvolleyball-Turnier wieder gemerkt. Man gibt ein paar Bälle in Serie ab und muss dann sowohl die Ruhe als auch die Analysefähigkeit bewahren, sich klar zu werden, was gerade passiert. Was können wir anpassen? Welches ist aktuell der Schlüssel, an dem wir drehen können? Wir lagen im Tiebreak 0:5 hinten und haben das Spiel noch gewonnen. Das lag daran, dass wir ruhig geblieben sind, anstatt uns über unseren Fehlstart zu ärgern, was durchaus angemessen gewesen wäre. Nur eben nicht hilfreich. Wir haben unterschiedliche Hebel ausprobiert, bis wir einen fanden, der funktionierte. So kamen wir wieder in einen Flow. Wir wollen oft das perfekte Spiel spielen. Aber dieser Anspruch ist viel zu hoch. Das perfekte Spiel zu spielen ist viel schwieriger als zu gewinnen und der Punktestand ist zwar ein guter Indikator, aber eigentlich so lange irrelevant, bis das Spiel zu Ende ist.

Hier ist noch eine interessante Story dazu aus der NBA. “Does Losing Lead to Wonning? The Rubber-Band-Effect.” (Öffnet in neuem Fenster)