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angry müde

In der Elephantenrunde saß Robert Habeck genervt da.

Kurz angebunden, angry müde. So traurige Wangen.

“Ist auch egal”. “Jemand muss was sagen, das ist doch gelogen, da gucken doch Leute zu, das kann man nicht so stehen lassen”, sinngemäß zu Weidel. Augenrollend – und genau deswegen: voll da, ehrliches Angepisstsein, und wer war es nicht, außer den 20%, die rechtsradikal gewählt haben in Deutschland, in Deutschland! In Deutschland…

Was ich schade finde: Ich hätte Habeck gern enttäuscht gesehen, aber kämpferisch. Authentisch in der Niederlage, aber aus anderen Gründen genervt. Ich meine nämlich, es war die nicht aufgegangene Taktik der Grünen (mit Habecks eigenem Wirken dazu), die ihn da so unruhig in seinem Stuhl rutschen ließ und nur dann geradlinig sprechen, wenn er Weidel widersprach.

Die falsche Taktik: befremdliche Annäherung an die CDU. In der Migrationspolitik etwa mit dem unsäglichen 10-Punkte-Plan (Öffnet in neuem Fenster). In der wischiwaschi Antwort auf den AfD-CDU Schulterschluss im Bundestag. Wahlslogans, austauschbarer als Trainer bei Hertha BSC.

Das hat nicht nur Wähler gekostet (mich zum Beispiel), sondern auch Glaubwürdigkeit. Es ist inzwischen doch eine Binse: Man wählt immer das Original. (Öffnet in neuem Fenster) Die CDU hat es vorgemacht: argumentierst du rassistisch, verlierst du Wähler an die AfD, über eine Million waren es. Biederst du dich - wie die Grünen oder die SPD - CDU-Positionen an, wandern deine Wähler dahin (oder nach Links, die Enttäuschten).

Was ich sagen will: Es gab und gibt einen Wählerwunsch nach wirklich klarer Absetzung von reaktionärer, neoliberaler Beutepolitik (siehe den Erfolg der Linken). Dass die Grünen da nicht mitgegangen sind, ist aus vielen Gründen schade. Eine andere Strategie, ein anderer “linkerer” Habeck im Wahlkampf, einer der auf Kernkompetenzen der eigenen Partei setzt und progressive Ideen in den Ring wirft, hätte in der Elefantenrunde die Niederlage mit Stolz ertragen können, da er Werte vertreten hätte eines sozial gerechteren Miteinanders, das auf Gemeinschaft und nachhaltige Zukunft setzt.

So aber saß dort einer, der sich - das lese ich so - auch über sich ärgerte. Der sagt: "Ich will Veränderung in der Verantwortung". Also mitregieren. Und das ist per se überhaupt nicht falsch. Aber genauso richtig ist es, die eigene Wählerschaft ernst zu nehmen, die zwischen strategischem Polit-Kalkül und authentischem Wunsch nach anderer Politik, Politik für die Schwächeren, unterscheiden kann.

Wähler gewinnt man nicht mit vorauseilenden Kompromissen. Die kann man später noch einbringen, wenn man denn regiert. Wähler gewinnt man, indem man sich mit Herz und Wort hinter den eigenen Themen einspannen lässt. Indem man - das ist fast utopisch - tatsächlich Dinge anspricht, die uns tatsächlich beschäftigen: Klima, Bildung, Armut - eigentlich Themen, die im Portfolio der Grünen vertreten sein sollten.

Stattdessen mus man angry müde zuhören, wie einem diese Mensch gewordene heiße Luft namens Markus Söder noch mal süffisant entgegenwirft: “Mit Grünen nicht”. Die ganze Mühe umsonst, lieber Robert.

Zu hoffen ist - wie immer - ein Lerneffekt. Das Ergebniss müsste aus einer ehrlichen Antwort auf die Frage nach der Zukunft kommen, und zwar nicht nach der strategischen Zukunft der Partei, sondern nach der Zukunft Deutschlands, wo bald die Landeswahlen stattfinden werden in Bundesländern mit knapp 50% Stimmanteil für die AfD.