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„Schließung von MDS eine Schande für Münster "


Ein betroffener Vater schreibt im Zusammenhang mit der beabsichtigten Schließung des Inklusionsbetriebes MDS an Wüst, Laumann und Lewe

Offener Brief an Hendrik Wüst (Ministerpräsident des Landes NRW), Karl-Josef Laumann, (Minister für Arbeit Gesundheit und Soziales NRW) und Markus Lewe (Oberbürgermeister der Stadt Münster)


Sehr geehrter Herr Wüst,
sehr geehrter Herr Laumann,
sehr geehrter Herr Lewe,

ich schreibe Ihnen diesen „Offenen Brief“, weil ich als betroffener Vater bestürzt, traurig und zornig bin..

Sicher habe Sie davon gehört, dass die beiden Geschäftsführerinnen des Münsteraner Dienstleistungs Service, Hannelore Böhnke-Bruns und Franziska Trappe, am 27. Oktober 2023 die vollständige Stilllegung der MDS GmbH zum 30. Juni beschlossen haben.
Begründung: Die wirtschaftliche Entwicklung und eine externe Beratung – wer immer das auch sein mag – hätten ergeben, dass der Inklusionsbetrieb „dauerhaft nicht wirtschaftlich positiv aufzustellen ist“.
Wichtige Faktoren seien der Mindestlohn, hohe Aufwendungen für Fachpersonal, gestiegene Energie- und Materialkosten sowie die Inflation. Betroffen von der Schließung sind 58 Frauen und Männer. Der größte Teil von ihnen ist schwerbehindert und soll nun auf die Straße gesetzt werden.
Auch wenn Hannelore Böhnke-Brunds meint: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ohnehin keine Probleme am Arbeitsmarkt. Es werden überall gut ausgebildete und motivierte Kräfte händeringend gesucht. Wir sind deshalb überzeugt, dass am Ende niemand ohne Arbeitsplatz dastehen wird“.

Das Inklusionsbarometer der „Aktion Mensch“ – das am 30. November 2023 veröffentlicht wurde - stellt dagegen fest, dass die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung fast doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Im vergangenen Jahr waren demnach 11,5 Prozent der Erwerbspersonen mit Behinderung arbeitslos, in der Gesamtbevölkerung lag die Arbeitslosigkeit hingegen bei nur 5,7 Prozent..

Darum ist es widersinnig, allein aus einer rein betriebswirtschaftlichen Ausgabestrategie heraus, die MDS GmbH stillzulegen. Denn die volkswirtschaftlichen Kosten für die Schließung – ob direkt oder indirekt – werden um ein Vielfaches höher sein.

Bedauerlich finde ich es auch, dass die beiden Geschäftsführerinnen es nach ihrer „außerordentlichen Zweifrau-Gesellschafter-Versammlung“ nicht für nötig gehalten haben, die MDS Belegschaft persönlich über ihren Stilllegungsbeschluss zu informieren. Kein einziges Mal in ihrer etwas mehr als zwei Jahre währenden Amtszeit, so die MitarbeiterInnen, hätten sie die Frauen und Männer an ihrem Arbeitsplatz besucht.

Dabei verbreitet die MDS- und Westfalenfleiß-Geschäftsführung über ihre Internetseite die Maxime: „Menschen müssen nicht nur essen, trinken und schlafen, Menschen möchten auch ein schönes Zuhause und einen Arbeitsplatz, der zu ihnen passt. Menschen sollten jeden Tag lachen, lernen, Ziele verfolgen, Beziehungen genießen und Sinn erleben. Egal, wie jemand ist und wer jemand ist – ein Mensch verdient Respekt, Herzlichkeit und Anerkennung. Wir unterstützen Sie auf dem Weg zu einem selbstbestimmten, gleichberechtigten und zufriedenen Leben in unserer Gesellschaft. Das ist unsere selbst gewählte Aufgabe. Wir sind gerne für Sie da!
Tja, wie heißt es doch so passend: „An ihren Taten sollt ihr sie messen.“
Mein Sohn hat mir von Kolleginnen und Kollegen berichtet, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht länger als drei, vier Stunden am Tag arbeiten können. Diese Menschen werden außerhalb eines Inklusionsbetriebes wohl kaum eine neue Anstellung bekommen.
MDS wurde eingerichtet, um gerade diesen Menschen eine Struktur und einen Halt in ihrem Leben zu geben. Sie sind sehr stolz darauf, endlich „sinnvolle Arbeit zu tun", statt "Schrauben von einer Kiste in die andere zu zählen". Ihre Arbeit, das „Wir-Gefühl", Mitglied eines Teams zu sein, das „Dazuzugehören" und nicht ausgegrenzt zu werden, erfüllt einen nicht zu unterschätzenden therapeutischen, aufbauenden und heilsamen Zweck, der nicht mit Geld zu bezahlen ist.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Schließung von MDS eine Schande für Münster und auch NRW wäre. Denn gerade die Menschen mit Behinderung brauchen unsere Hilfe, unsere Unterstützung und auch das nötige Geld, um menschenwürdig arbeiten zu können. Diesen Dienst muss unsere Gesellschaft leisten (können).

Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass MDS weiterhin ein vorbildliches „Leuchtturmprojekt für Münster“ (wie Sie es, Herr Laumann, bei ihrem Besuch in der Westfalenmetropole genannt haben) bleibt. Denn wir dürfen die schwächsten der Schwachen nicht allein lassen.

Ich bedanke mich bei Ihnen und wünsche Ihnen einen sonnigen Tag

Volker Dörken


Bild: Volker Dörken ist niemand der ein Blatt vor den Mund nimmt. Seinen offenen Brief hat der ehemalige Betriebsratsvorsitzende nicht nur an Wüst, Laumann und OB Markus Lewe geschickt, sondern auch an alle demokratischen Landtagsfraktionen, den Münsteraner Stadtrat und die heimischen Bundestagsabgeordneten. Foto: Privat


Bild: Über die MDS-Foodbox hatte 2022 sogar die Aktion Mensch berichtet. Vor Arbeitslosigkeit schützt das nicht. Foto: MDS

Unsere vorangegangene Berichterstattung zum Thema findet man hier:
https://mvz-online.chayns.site/ticker?M=117841509 (Öffnet in neuem Fenster)

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