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Besuchen Sie Berg Fidel, bevor es Cappuccino gibt

Martina Muck und Ruppe Koselleck lieben Berg Fidel

Die Idee, Berg Fidel als touristisches Ziel zu etablieren, ist ungewöhnlich. Der Klappentext des Buches verspricht „ein weitgehend unbekanntes und unterschätztes Ziel mit abwechslungsreichen Wanderungen und interessanten Sehenswürdigkeiten". Die beiden Künstler Martina Muck und Ruppe Koselleck, beide Meisterschüler der Kunstakademie Münster, haben den Reiseführer im Eigenverlag mit Unterstützung von Münster Marketing veröffentlicht. Der Führer beansprucht keine Objektivität. Die beiden Künstler verstecken ihre Meinung über den Ortsteil Berg Fidel mit seinen etwa 5000 Einwohnern zwischen Geist und Hiltrup nicht. „Wir haben uns in Berg Fidel verliebt", geben sie offen zu. Während der Corona-Pandemie haben sie sich dem Projekt „1000 Tage Berg Fidel" gewidmet und sind allein oder in Gruppen mit bis zu 20 Mitwirkenden durch die Gegend gestreift, wie Martina Muck es ausdrückt. „Dabei haben wir viele ungewöhnliche, charmante und schöne Dinge entdeckt". Viele Vorurteile wurden dabei widerlegt, zum Beispiel ist die Kriminalitätsrate dort eher unterdurchschnittlich. Für Ruppe Koselleck ist Berg Fidel sogar ein Modell für die Welt, "weil die ganze Welt hier wohnt". Berg Fidel eignet sich als Modell, so Koselleck, weil es zum Beispiel „einen bösen Konzern gibt", der als Vermieter auftritt. „Es gibt also einen großen Konzern mit vielen Mietern, in Wohnungen, die nicht besonders gut gepflegt werden". Koselleck erklärt: „Dieses Phänomen begegnet uns überall. Berg Fidel ist eigentlich überall". Um andere von ihrer Liebe und ihrem Wissen über den Ort profitieren zu lassen, haben sie ihre Aktionen und Aktivitäten in einem Buch zusammengefasst, das reich illustriert ist und Lagepläne sowie QR-Codes enthält. Sie möchten andere ermutigen, Berg Fidel zu entdecken. Denn zwischen dem Preußen Stadion und dem Weißen Riesen gibt es einiges, was man dort nicht unbedingt erwartet, wie eine Moschee, eine russisch-orthodoxe Kirche, die in einem Getränkemarkt untergebracht ist, den größten Sexshop Westfalens, ein sehr gutes portugiesisches Restaurant und Kurt, der mit seinem Sammelsurium aus Wohnungsauflösungen von der Hammer Straße nach Berg Fidel gezogen ist. Muck und Koselleck betrachten das K4 am Rincklageweg als liebevolle Gesamtinstallation des „Kurators" Kurt Langkowski. „Und man bekommt dort auch einen guten Kaffee", weiß Martina Muck, die genauso wenig in Berg Fidel lebt wie Koselleck.

Um Wanderern und Pilgern ein authentisches Erlebnis zu bieten, haben die beiden sogar einen Stocknagel entworfen, ein kleines Blechschild, das man an den Wanderstock nageln kann. Wilfried Stein, grüner Bezirksbürgermeister von Berg Fidel, dem Bezirk Hiltrup und Amelsbüren, begrüßt die künstlerischen Aktivitäten in seinem Stadtteil sehr, nicht nur weil er einen Betrag von 500 Euro aus dem Verkauf des Reiseführers für die Tafel in Berg Fidel erhalten kann. Er selbst wohnt an der Straße Am Berg Fidel („eine hervorragende Adresse"), allerdings nicht in einem der Hochhäuser, sondern in einer Doppelhaus-Hälfte („sowas gibt es dort auch"). Und wie es der Zufall will, ist er gerade 1000 Tage lang Bezirksbürgermeister. „Man hat nicht das Gefühl, in Münster zu sein, sondern ein bisschen in einer anderen Welt. Eine offene, freundliche und unglaublich vielsprachige Welt". In dem Supermarkt in Berg Fidel, der weiterhin existieren wird, gibt es nach seinem Wissen die größte Auswahl an Wodka in ganz Münster und eine ganz andere Auswahl an Suppen als im Rest der Stadt, wie Koselleck ergänzt.

Aber zurück zum Wanderführer: Es ist eine Art Bilderbuch entstanden, das zum Nachwandern genutzt werden kann. Es gab bereits begeisterte Rückmeldungen, berichtet Martina Muck, die übrigens aus Herne stammt. Das Buch kann aber auch einfach zum Schmökern verwendet werden. Möglicherweise werden im nächsten Jahr sogar „richtige" Führungen angeboten. "Das wird durchaus in Erwägung gezogen", sagt Muck. Bezirksbürgermeister Stein findet die Idee gut und kann sich sogar eine kulinarische Führung für Berg Fidel vorstellen, bei der die Angebote der amerikanischen Pizzeria mit dem portugiesischen Restaurant und den kulinarischen Angeboten aus Lorenz-Süd kombiniert werden.„Dann ist man wirklich gut versorgt und merkt gar nicht, dass es im Viertel selbst eigentlich keine Kneipe gibt".Kosseleck hat eine persönliche Verbindung zu Berg Fidel, er stammt aus Bielefeld und hat seinen Zivildienst in Hiltrup absolviert. Auf dem Weg nach Hiltrup hat er immer in Berg Fidel Pause gemacht: „Denn dort fühlte ich mich zuhause - Berg Fidel ist für mich das Bielefeld Münsters".

Der Wanderführer ist mittlerweile in der zweiten Auflage erschienen, die Einnahmen sollen weiterhin geteilt werden.Muck und Koselleck möchten den Menschen in Berg Fidel etwas zurückgeben, da sie ihnen ihren Stadtteil erklärt haben und sie dort freundlich aufgenommen wurden. „Die Tafel in Berg Fidel an der Alten Post ist samstags mittags immer gut besucht", weiß der Bezirksbürgermeister. Denn „Berg Fidel ist multikulturell und nicht wohlhabend".

Den Wanderführer gibt es zum Preis von 9,80 Euro zum Beispiel in der städtischen Touristikinformation im Stadthaus 1 an der Heinrich-Brüning-Straße. Weitere Verkaufsstellen sind die Buchhandlung Walther König im Landesmuseum, Bitzhenner Extrabuch, Rosta, die Schatzinsel, im K4 in Berg Fidel und seit Kurzem auch das Stadtmuseum.

Bild: Bezirksbürgermeister Wilfried Stein (li.) kann aus dem Erlös des Verkaufs des Wanderführers von Ruppe Koselleck und Martina Muck 500 Euro für die Tafel in Berg Fidel entgegen nehmen. Foto: Frank Biermann

Bild: Der Wanderstock von Wilfried Stein mit dem Berg Fideler Stocknagel. Foto: Frank Biermann

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