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Die Füße im Wasser

Claire war so unglaublich wütend.

Sie hatte die Tür hinter sich zugezogen und rannte. Querfeldein. Links Gras, rechts das Feld. Plötzlich stolperte sie und landete auf dem kleinen Feldweg. Sie stütze sich noch mit den Händen ab, aber die kleinen, feinen Steinchen bohrten sich in ihre Handflächen. Tränen stiegen in ihr hoch und bahnten sich schließlich den Weg bis zu ihren Augen. Claire rappelte sich sofort wieder auf und betrachtete weinend ihre aufgeschürften Hände. „Verdammt“, schluchzte sie und wünschte, ihre Mutter wäre hier um sie in den Arm zu nehmen. Ihr Duft nach Lavendel und Liebe würde sie wieder beruhigen. Aber ihre Mutter war nicht hier und sie musste eine Entscheidung treffen.

Die junge Frau atmete ein paarmal tief durch. Die Abendluft gab ihr die Ruhe zurück, die sie brauchte um nachdenken zu können. Langsam ging sie zu ihrem Lieblingsort: dem Teich. Am kleinen Holzsteck überkam sie ein Gefühl von Stille und Zufriedenheit. Für Claire war Stille schon immer ein Gefühl gewesen. Sie liebte es, in sich zu ruhen und wie ein Anker ihr inneres Schiff in stürmischer See zu halten. In einer fließenden Bewegung zog sie ihre Schuhe aus und setzte sich. Dann tauchte sie mit den Zehen voran ihre Beine in das kalte Wasser. Herrlich. Hier schrie sie niemand an. Hier stellte keiner nervige Fragen. Hier konnte sie sein wie sie wollte, wie sie gerade war. Sie wusste nicht, wie lange sie dort saß. Dieser Ort war zeitlos. Doch dann hörte sie Schritte. Sie drehte sich nicht um. Vielleicht nur ein Spaziergänger. Die Schritte kamen näher und ehe sie einen weiteren Gedanken fassen konnte, spürte sie eine schwere Hand auf ihrer Schulter.

„Ich wusste, dass ich dich hier finde“, hört Claire ihren Vater sagen. Er setze sich neben sie. „Natürlich. Das ist mein Lieblingsort“, sagte sie und versuchte nicht wieder zu viel Wut in sich aufsteigen zu lassen und erst recht keine Tränen. Ihr Vater zog sich nun ebenfalls die Schuhe aus und ließ die Füße neben ihr zu Wasser. Lange sagte er nichts, betrachtete nur das Wasser. „Ich werde dich sehr vermissen“, sagte er schließlich. Claires Herz machte einen Satz. „Das heißt, ich darf nach Berlin?“, fragte sie mit zittriger Stimme. Stille. „Ja, ich helfe dir auch beim Umzug. Ich war nicht wirklich wütend auf dich, sondern traurig, dass du gehst“, jetzt zitterte seine Stimme. Claire spürte, wie jedes letzte Fünkchen lodernder Wut erlosch. Langsam legte sie den Kopf auf die Schulter ihres Vaters. „Ich gehe nicht. Nicht sofort und auch nicht für immer.“ Ihr Vater legte sanft seinen Kopf auf ihren. „Das weiß ich mein Schatz“.

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Deine Hannah

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