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Eine Suppe, so heiß wie das Leben

Louisa ging durch die Straßen. Es war voll, eng, laut und es regnete. Das spürte sie jedoch gar nicht, denn ihre Wangen waren bereits nass von den vielen Tränen. Sie hatte doch tatsächlich geglaubt, dass ihre gemeinsame Reise nach Japan alles verändern würde. Das hatte es nicht. Felix hatte ihr schließlich gesagt, dass er Julia liebte. Julia, die mit ihnen gemeinsam Germanistik studiert hatte! Wieder schütteltet sie ein Schluchzer. Dabei musste sie sich eingestehen, dass Felix sie wohl ernsthaft liebte. Seine Augen hatten geglänzt. Sein Lächeln, als er ihren Namen aussprach, war echt gewesen. Warum er gerade in ihrem gemeinsamen Urlaub sein immer häufigeres Schweigen gebrochen hatte, warum er gerade auf dieser Reise entschieden hatte, dass er ein anderes Leben führen wollte, dass wusste sie nicht und es spielte jetzt auch keine Rolle mehr.

Louisa schwindelte und sie musste sich an einer der Häuserwände abstützen. Sie hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen, sie war so erschöpft, so müde und unendlich allein. Ihr Blick viel schließlich auf eine kleine rote Laterne, die unter einem Dach tapfer durch den Regen leuchtete. Wie eine Motte fühlte sich Louisa von ihrem Licht angezogen. Bei der Laterne angekommen, stand sie schließlich vor einem traditionellen japanischen Nudelrestaurant, einem Ramen-ya. Ramen waren Weizennudeln. Sie wurden in einer Suppe mit verschiedenen Toppings serviert. Etwas Besseres als eine heiße Suppe an einem so nasskalten Tag? Da fiel Louisa nichts ein.

Sie ging hinein. Es war warm, dampfig und belebt, doch ein Platz an der kleinen Holztheke war noch frei. Ein Koch stand hinter dem Tresen und bereitete mit geübten Handgriffen die dampfenden Schüsseln mit Suppe zu. Sie setzte sich und legte ihren Reiseführer neben sich. Dann zeigte sie auf eine der Schalen und der Koch nickte. Keine zwei Minuten später stelle er die Nudelsuppe vor sie auf die Theke. „Du kannst wohl kein Japanisch?“, hörte Louisa plötzlich jemanden neben sich sagen. Als sie sich nach links drehte, saß dort ein junger Mann, etwa Anfang dreißig. Er blickte auf den Reiseführer und sie lächelte matt. „Ich habe als Kind für einige Zeit in Deutschland gelebt. Meine Mutter ist in Berlin geboren worden. Wir sind dann aber zurück nach Japan gezogen.“, sagte er zu ihr. „Brauchst du Hilfe?“, fragte er Louisa. „Ja, bitte. Ich würde gerne etwas Wasser bestellen.“, nahm sie sein Angebot an. „Wasser bekommst du umsonst. Warte, da drüben sind ein Krug und Gläser.“ Nachdem sie einander vorgestellt hatten, kamen sie ins Gespräch. Louisa schlürfte gierig die heiße Suppe und spürte allmählich, wie Wärme und Entspannung in ihrem Körper zurückkehrten. Sie redete mit Haruki über das Reisen, exotische Gerichte und welche Pläne Louisa hatte. Sie stellte fest, dass sie ihr ganzes Leben nur von Felix abhängig gemacht hatte. Dass sie ihre Interessen gar nicht hatte da sein lassen. Eigentlich wollte sie schon als kleines Kind ein Jahr im Ausland arbeiten. Felix wollte so schnell wie möglich sesshaft werden und eine Familie gründen. Wo war sie darin? Vielleicht hatte Felix einfach nur erkannt, dass sie beide unterschiedliche Vorstellungen vom Leben hatten. Als sich Haruki schließlich von ihr verabschiedete, sagte er: “Eine Suppe ist wie das Leben. Viele verschiedene Zutaten sind darin enthalten: Familie, Freunde, aber auch die eigenen Wünsche und Ziele. Doch manchmal vergessen wir, dass wir selbst bestimmen, wie wir unsere Suppe zubereiten. Welche Zutaten gehören in deine Suppe?“

Louisa konnte wieder etwas lächeln. Sie würde sich eine Suppe mit neuen, frischen Zutaten kochen, da war sie sich sicher. Manchmal brauchte eine gute Suppe einfach Zeit.

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Viel Spaß beim Hören!

Deine Hannah

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