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Ein kleiner Advent für Sophie

Sophie liebte Weihnachten!

Für das neunjährige Mädchen war es die schönste Zeit im Jahr. Die bunt geschmückten Fenster, die Lichterketten, wenn es dunkel wurde. Die vielen Kerzen, das kalte Wetter und natürlich die Erzählungen der anderen Kinder. In der Schule lauschte Sophie gebannt und hing an den Lippen von Vanessa, Leonie und Alina. „Meine Mama hat am Wochenende schon Plätzchen mit mir gebacken!“, sagte Alina stolz. „Heute wollen wir sie noch mit Schokolade und Nüssen verzieren!“, freute sich das Mädchen. „Meine Schwester und ich dürfen mit Papa dieses Jahr in den Wald gehen und dort einen Weihnachtsbaum fällen! Papas Freund besitzt ein Stück Wald und er darf sich deshalb einen Baum aussuchen!“, betonte wiederum Vanessa und strahlte, als ob sie gerade einen Jahresvorrat an Gummibärchen gewonnen hätte. „Meine Mama und ich gießen Kerzen aus Wachs. Das machen wir jedes Jahr um diese Zeit. Die Kerzen bekommen dann alle von uns als Weihnachtsgeschenk“, erzählte Leonie. Sophie sagte nichts.

Sie konnte nur zuhören und sich in die Lage der anderen Mädchen hineinversetzen. Sie stellte sich vor, wie es war, wenn man eine große Familie hatte und alle zusammen Weihnachten feierten. Sophie malte sich all diese Dinge aus, weil sie und ihr Bruder allein waren. Ihre Eltern hatte sie nie richtig kennengelernt, sie waren bei einem Unfall ums Leben gekommen. Ihr Bruder hatte sich seitdem um sie gekümmert. Er war viel älter als sie und musste viel arbeiten, damit er für sie beide sorgen konnte. Wenn die Weihnachtszeit kam, musste er oft Überstunden in der Bäckerei machen und kam müde, erschöpft und gestresst nach Hause. Oft gab es dann nur schnell eine Tomatensuppe aus der Dose und dann verschwand Samuel auch schon in seinem Zimmer. Er liebte Sophie und wenn er konnte, dann brachte er ihr einen Lebkuchen mit oder las ihr Geschichten vor. Aber das waren seltene Momente der Unbeschwertheit. Sie zerplatzen so schnell wie Seifenblasen, dass Sophie sich manchmal fragte, ob sie überhaupt existiert hatten.

„Sophie? Was machst du denn am Wochenende?“, fragte plötzlich Leonie und blickte sie lächelnd an. „Ich? Oh, ich weiß noch nicht. Mein Bruder muss arbeiten, also werde ich vielleicht bei unserer Nachbarin sein. Sie hilft mir ja oft bei den Hausaufgaben und kocht verdammt gute Nudeln mit Pilzen.“, sagte sie und hoffte inständig, dass es nicht zu langweilig klang. „Nudeln mit Pilzen! Lecker“, sagte Vanessa und drückte kurz ihre Hand. Sie wusste, dass Sophie keine große Familie hatte und daher oft traurig war.

Am Sonntag lag Sophie in ihrem Bett und starrte an die Decke. Sie dachte daran, dass heute schon der dritte Advent war und sicherlich alle die Kerzen an ihrem Adventskranz anzünden würden. Doch Sophie konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn ein Klingeln ließ sie hochschrecken. Sie sprang aus dem Bett und rannte zur Tür, auch ihr Bruder kam verschlafen aus seinem Zimmer. Er hatte heute tatsächlich mal frei. „Wer kann das sein? Warte, ich mache auf“, sagte er zu ihr und öffnete die Haustür. Statt eines Besuchers lag dort ein großer Karton. Darauf stand: „Für Sophie und ihren Bruder“. Samuel hob ihn erstaunt hoch und brachte ihn in die Küche. „Hol bitte mal eine Schere, ich mache das Paketband ab“, bat Samuel sie.  Er klang ganz aufgeregt. Sophie brachte ihm die Schere und sah gebannt zu, wie er schließlich das letzte Stück Klebeband entfernte und die Laschen öffnete. Die Geschwister steckten ihre Köpfe in den Karton und staunten. Es war, als ob jemanden ein ganzes Weihnachtsfest verpackt hatte: Eine große Tüte mit Plätzchen, frische Tannenzweige und viele bunte Kerzen. „Ich habe ganz vergessen, dass heute ja schon der dritte Advent ist. Das ist eine wunderschöne Überraschung! Von wem sind all diese Sachen?“, fragte Samuel mit leicht zittriger Stimme und legte fest den Arm um sie.

Sophie lächelte. „Von drei Menschen, die mich wirklich gut kennen!“.

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Die Podcastfolge, in der ich diese Kurzgeschichte vorlese und dir auch noch darüber hinaus einige achtsame Impulse gebe findest du direkt hier ;)

Viel Spaß beim Hören!

Deine Hannah

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