Live-Podcasts sind die besten Podcasts
Berlin Podfest-Gründer und Host des Podcasts Radio Spätkauf Dan Stern erklärt, wieso.
Radio Spätkauf (Öffnet in neuem Fenster) ist Berlins Comedy-Podcast für Lokalnachrichten auf Englisch, liebevoll nach den für die Stadt typischen Läden an der Ecke benannt. Der Podcast hat von Studio- auf Liveaufnahmen umgestellt – und es nicht bereut.
Wir sprechen mit einem der Moderatoren, Dan Stern, über diese Umstellung. Dan ist nebenbei auch noch Stand-up-Comedian, Filmemacher und generell ein kreativer Kopf (unter anderem hat er das Berlin Podfest (Öffnet in neuem Fenster) gegründet, ein Grassroots Festival, das zu unseren Jahreshighlights gehört).
Mit seinem üblichen trockenen Humor erzählt uns Dan, wie Liveshows einen Podcast auf die nächste Stufe katapultieren können.
Warum hat sich Radio Spätkauf dazu entschieden, den Podcast live aufzunehmen?
Radio Spätkauf hat im Hinterzimmer eines Berliner Jazzclubs angefangen, und da fanden auch die Aufnahmen statt. Den Saxofonisten höflich zu fragen, ob er bitte mal leise sein kann, gehörte da quasi zum Programm.
Unser Team hat sich schließlich durch das Vorbild von Podcasts wie The Bugle (Öffnet in neuem Fenster) und How Did This Get Made? (Öffnet in neuem Fenster) inspirieren lassen und kurzerhand entschieden, dass Live-Aufnahmen einfacher sind, als immer krampfhaft zu versuchen, die Audiospur sauber zu halten.
„Ich selber höre total gerne Podcasts, die vor einem Live-Publikum aufgenommen wurden”, sagt Dan. „Ich fühl mich dann selber viel mehr als Teil dieses Publikums… Manche Zuhörer:innen finden vermutlich die Nähe toll, die entsteht, wenn man einem Gespräch von nur zwei oder drei Leuten lauscht, die gemeinsam um einen Tisch sitzen. Ich höre aber noch lieber zu, wenn jemand bewusst und aktiv für ein Publikum spricht.”
Jede monatliche Folge hat besondere Gastteilnehmer und eine Q&A-Runde mit Fragen aus dem Publikum. Für die Aufnahmen sucht sich das Team Plätze in der Stadt aus, an denen sie sich unters Volk mischen und die Atmosphäre vor Ort einfangen können.
Warum Liveshows aus dir eine:n bessere:n Podcaster:in machen
Ungefähr die Hälfte der Zuhörerschaft von Radio Spätkauf wohnt gar nicht in Berlin – für ein Lokalnachrichten-Programm schon bemerkenswert. Aber wenn für einen großen Teil von Radio Spätkaufs Zielgruppe die Anfahrt viel zu weit ist, um an den monatlichen Liveshows teilzunehmen, warum sich trotzdem die Mühe machen?
1. Du kriegst Feedback in Echtzeit
„Gute Podcaster:innen nehmen ihre Zuhörer:innen sowieso bewusst wahr und vermitteln das auch. Für jemanden wie mich, der nebenbei auch noch versucht witzig zu sein, ist ein Live-Publikum dabei aber viel besser als nur Gäste und Moderatoren, die Angst haben, die Tonspur zu ruinieren und darum überhaupt nicht lachen, oder wenn, garantiert nicht ins Mikro. Irgendwann war ich an dem Punkt wo ich gesagt hab: „Leute, ich brauch jetzt mal ‘ne Reaktion hier, sonst kling’ ich einfach nur noch seltsam.”
Wenn du dagegen deine Zuhörerschaft direkt vor dir sitzen hast, kriegst du sofort eine Reaktion, noch während du sprichst. Du kannst dich umschauen und merken: Ok, der kam jetzt nicht so gut an.”
2. Die Zuhörerschaft verzeiht dir mehr
„Deine Zuhörer:innen werden verständnisvoller sein, weil ihnen ja auch klar ist, dass eine Live-Aufnahme anders funktioniert als eine Sendung aus dem Studio.”
3. Du brauchst weniger Schnitte
„Ich hab’ gemerkt, dass wir so weniger Arbeit beim Schneiden und Bearbeiten haben als bei einer Studioaufnahme, einfach weil wir keine Aufnahme wiederholen können.”
4. Das Publikum hilft bei der Dynamik
„Wir haben keine Zeit, viel drüber nachzugrübeln, was wir als Nächstes machen wollen. Anders als im Studio brauchst du keine Tontechniker und Produzenten, die dir sagen, ob das Tempo so gut ist.”
Warum Liveshows helfen, ein größeres Publikum für deinen Podcast zu gewinnen
1. Deine Fans können Freunde mitbringen
„Ich denke, es ist echt was anderes, zu sagen: ‘Hey, du solltest mal in diesen Podcast reinhören’ - das macht man vielleicht oder vielleicht auch nicht - oder ‘Hey, hast du Lust, mit mir zu diesem Podcastevent zu kommen’. Jedes Mal, wenn wir eine Liveshow machen, sitzen im Publikum Leute, die nur mitgekommen sind, weil Freunde sie eingeladen haben und die unseren Podcast noch nie gehört haben.”
2. Bei manchen Veranstaltungsorten kriegst du Publikum inklusive
„Wenn du an einem Veranstaltungsort aufnimmst, der eh schon ein loyales Publikum hat oder sehr anziehend ist für Leute, die Lust auf eine Live-Veranstaltung haben, dann wird dir auch das dabei helfen, deine Zuhörerschaft zu erweitern.”
3. Open-air Events ziehen sogar neugierige Passanten in den Bann
„Dabei haben wir immer Leute, die noch nie von uns gehört haben, aber interessiert sind, was hier gerade los ist.”
Bei Radio Spätkauf kommen zahlende Unterstützer:innen kostenlos in die Liveshows
Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, bei der Aufnahme dabei zu sein und so die Show mitzugestalten, motiviert Fans dazu, für das Projekt aktiv und engagiert zu werden.
„Das begeistert mich so an all meinen kreativen Projekten, ob jetzt Stand-Up oder Filme oder Podcasting. Sie sind von Natur aus kollaborativ – sogar Stand-Up, denn auch das ist auf das Zusammenspiel mit dem Publikum angewiesen, obwohl nur du auf der Bühne stehst. So erreichst du eine bessere Resonanz bei deiner Zuhörerschaft… Jeder hat ein anderes Publikum und eine andere Stimme und muss für sich herausfinden, wie er oder sie diese Verbindungen schaffen kann.”
Wie Radio Spätkauf sein Mitgliedschaftsprogramm nutzt
Das Team von Radio Spätkauf hat keine komplizierten Paywalls oder Mitgliedervorteile, aber das Mitgliedschaftsmodell funktioniert trotzdem für sie.
„Ich weiß, wir könnten für uns noch viel mehr Werbung machen, zum Beispiel den Mitgliedschaftslinks mit jeder neuen Folge in die Beschreibung posten. Wir haben einen etwas ungesunden Abstand zu Geld, glaub ich. Aber wenigstens sind wir uns so sicher, dass jede Mitgliedschaft von jemandem kommt, der uns wirklich unterstützen möchte.
Mal ganz abgesehen vom Geld macht es auch einfach stolz zu wissen: Das habe ich mit etwas verdient, was ich richtig gern tue.”