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Empowerment statt Infantilisierung im Team - psychologische Sicherheit differenziert betrachtet

Psychologische Sicherheit im Team ist ein wichtiges, aber nicht ganz so einfaches Thema. Es hat wissenschaftlich belegt große Bedeutung für die Team-Performance. Aber es muss in seinen Nuancen betrachtet werden, um keine falschen Schlüsse zu ziehen. Auf einige der Nuancen gehe ich in diesem Artikel ein.

Wenn wir den Begriff hören, assoziieren wir ihn vielleicht damit, dass man sich im Team wohlfühlt.  Prof. Amy Edmondson beschreibt psychologische Sicherheit noch etwas genauer als ein „Teamklima, in dem wir uns sicher fühlen, zwischenmenschliche Risiken einzugehen“.

Aber was bedeutet Sicherheit? Aus einer basalen Perspektive sind wir sicher, wenn wir nicht in Lebensgefahr sind.  Das sind wir in den meisten Fällen in der Arbeit ja.  Gibt es also eigentlich keinen Grund, über Sicherheit im Team zu sprechen?

Mit niedriger psychologischer Sicherheit sind Situationen gemeint, in denen wir den Eindruck haben, in einer sozialen Situation nicht sicher zu sein.  Ein wichtiger Grund dafür ist, dass wir evolutionsbiologisch für unser Überleben auf die Gruppe angewiesen waren. Wenn unser Verhalten negativ von der Gruppe bewertet wird, können wir ausgeschlossen werden und unsere Vorfahren waren in solchen Situationen dann real in Lebensgefahr. Diese Prägung ist unbewusst immer noch in uns abgespeichert.

Um also unsere vermeintliche Sicherheit zu gewährleisten, können wir die Tendenz haben, im Team zu vermeiden, Fehler zu machen, Außenseitermeinungen auszudrücken, nach Hilfe zu fragen oder schwierige Themen anzubringen.   Das passiert insbesondere, wenn wir die Erfahrung gemacht haben, dass ein solches Verhalten von dem Team nicht gut aufgenommen wird. Allerdings gibt es hier viel Spielraum. Menschen, die ein gutes Sicherheitsgefühl haben, können oft gut aushalten, wenn andere Menschen von ihrer Meinung irritiert sind o.ä. Das mag auch für sie eventuell nicht angenehm sein. Aber es fühlt sich für sie dann nicht so existenziell an, dass sie sich komplett zurücknehmen.

Ein weiterer Grund, zwischenmenschliche „Risiken“ im Team zu vermeiden, kann mit unserer Kindheit zu tun haben. Damals waren wir für unsere Sicherheit tatsächlich auf unsere erwachsenen Bezugspersonen angewiesen. Wenn wir damals erfahren haben, dass die oben beschriebenen Verhaltensweisen zu sozialen Sanktionen führten, ist es möglich, dass unser Nervensystem die heutige Teamsituation nun unbewusst mit diesen alten Kindheitssituationen überkoppelt. Aber auch diesem Muster sind wir nicht hilflos ausgeliefert. Es ist möglich, unser Nervensystem zu unterstützen, die früheren Erfahrungen wieder vom Erwachsenenleben zu entkoppeln.

Wir sehen also, dass psychologische Sicherheit einen sehr individuellen Anteil hat.  Ich habe den Eindruck, dass das im Diskurs zu dem Thema zu wenig Beachtung findet. Wenn wir das aber ausklammern, können wir schnell falsche Schlüsse ziehen.

Die richtige Ableitung wäre aus meiner Sicht aber auch nicht, psychologische Sicherheit für irrelevant zu erklären. In Studien zeigt sich immer wieder, dass es auf Teamebene einen Zusammenhang gibt mit Variablen wie Teamleistung, Qualität, Effizienz und Mitarbeitendenbindung.  Manche Studien sprechen sogar davon, dass psychologische Sicherheit der wichtigste Faktor für Höchstleistung im Team ist. Es lohnt sich also schon, psychologische Sicherheit zu stärken. Wir sollten allerdings nicht versuchen, eine „objektive“ Sicherheit für alle zu schaffen.  Dann infantilisieren wir uns selbst auch ein Stück weit und es kann schnell dazu führen, dass wir im Namen dieser vermeintlich objektiven Sicherheit schwierige Themen und Konflikte vermeiden.  Sinnvoll ist es, Bedingungen zu schaffen, die es unseren Nervensystemen einfacher machen, sich in Situationen, die scheinbar ein zwischenmenschliches Risiko darstellen, sicher zu fühlen.

Mehr zu psychologischer Sicherheit und zu konkreten Handlungsmöglichkeiten findest du in diesen Artikeln von mir:

Psychologische Sicherheit verstehen und stärken (Öffnet in neuem Fenster)

Psychologische Sicherheit aus Nervensystemperspektive (Öffnet in neuem Fenster)

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Lyn

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Über Lyn von der Laden

Als freiberufliche Wirtschaftspsychologin begleite ich Teams und Organisationen, ihre Zusammenarbeit wirksam, anpassungsfähig und freudvoll zu gestalten. Mehr zu mir und meiner Arbeit findest du auf www.lynvonderladen.de (Öffnet in neuem Fenster)

Kategorie Psycholog. Sicherheit

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