Mensile: Berlusconismo – Eine politische Sensation in fünf Videos
Silvio Berlusconi, so heißt es in dem Text, „war ein sehr sympathischer, kindischer und sehr großzügiger Mann“.
Am 13. Juni, am Tag nach dem Tod des einflussreichsten Italieners der vergangenen drei Jahrzehnte, erscheint dieses außergewöhnliche Kompliment in La Stampa, einer der einflussreichsten und am höchsten angesehenen Zeitungen Italiens (Öffnet in neuem Fenster).
Silvio Berlusconi, damals nur Unternehmer, in den 1980er Jahren. (Credit: Wikimedia Commons)
Außergewöhnlich ist es vor allem wegen der Autorin, die es an Berlusconi verteilt.
Es ist die Journalistin Concita De Gregorio, die aus mehreren Gründen wie das menschgewordene Gegenmodell zu Berlusconi wirkt.
De Gregorio ist eine der bekanntesten Stimmen der italienischen Linken, eine Feministin. Sie hat jahrzehntelang angeschrieben gegen vieles, für das Silvio Berlusconi stand: die Macho-Kultur und den Sexismus, die teils offene Verachtung für Justiz und Medien, die Nähe der Politik zum organisierten Verbrechen.
Concita De Gregorio in einem Bild aus dem Jahr 2018. (Credits: AlteraCultura (Öffnet in neuem Fenster)/Wikimedia Commons)
Wie Millionen gleichgesinnter Italienerinnen und Italiener wirft Concita De Gregorio Silvio Berlusconi vor, dem Land enorm geschadet zu haben.
Aber am Tag nach seinem Tod schreibt sie über ihn eben auch:
Er wollte, dass ihn alle mögen. Entschuldigung, wenn ich darauf herumreite, aber ich bin überzeugt, dass genau das der Schlüssel zu seiner Persönlichkeit ist. Er war ein großer Casanova der Politik und des Fernsehens, des Fußballs und der Wirtschaft.
Und dann:
(...) niemand unter seinen Verwandten hat jemals diese Höflichkeit, dieses Tempo und diese unternehmerische und animalische Intuition gehabt.
De Gregorio erzählt in ihrem Artikel davon, dass Berlusconi sie am Tiefpunkt ihrer Karriere anrief und ihr Hilfe anbot. Zu einem Zeitpunkt, als die Zeitung L'Unità mit ihr als Chefredakteurin in die Zahlungsunfähigkeit schlitterte und sie selbst finanziell dafür gerade stehen sollte. Nachdem De Gregorio jahrelang zu den lautstärksten Kritikerinnen Berlusconis gehört hatte. Sie habe sich bedankt und nein gesagt, schreibt De Gregorio. Aber viele hätten Berlusconi eben ja gesagt in diesen Jahrzehnten. Und man könne seinen Erfolg eben nicht verstehen, wenn man diese Zugewandtheit ausblende, zu der Berlusconi eben auch fähig gewesen sei.
Dass jemand wie Concita De Gregorio so etwas geschrieben hat, ist ein eindrucksvoller Beleg für einen entscheidenden Teil der Erfolgsgeschichte Silvio Berlusconis.
Hinter diesem Erfolg steckt ein Rezept mit vielen Zutaten: Eine davon, eine in deutschsprachigen Ländern massiv unterschätzte Zutat des Berlusconismo, ist die Wirkung, die der Mensch Silvio Berlusconi auf Menschen hatte.
Weil er – wie immer man ihn politisch bewerten mag – ein begnadeter Kommunikator war. Weil Berlusconi auf viele Menschen in Italien unwiderstehlich sympathisch wirkte.
Wie Silvio Berlusconis Geschichte verlaufen ist, wie es so weit gekommen ist, dass spätestens ab den 1990er Jahren Berlusconi keinem auch nur mittelmäßig politisch interessierten Menschen in Italien egal sein konnte, das erzähle ich in der aktuellen Folge von Kurz gesagt: Italien mit dem Titel Berlusconismo: Wie Silvio Berlusconi Italien verändert hat. (Öffnet in neuem Fenster)
Über das Kommunikationstalent des wohl einflussreichsten Italieners seit Ende des Zweiten Weltkriegs schreibe ich in dieser Ausgabe von Mensile.
Ich erzähle diese Geschichte anhand von fünf Videos.
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