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Grey's Anatomy

Achtzehn Jahre später

Es sollten nur die ersten beiden Folgen sein. Irgendein Abend, an dem ich mal testen wollte, wie sich Grey's Anatomy heute anfühlt. Schon bei der Anfangsmelodie stellte sich ein wohlig warmes Gefühl ein und ich erinnerte mich an mich kurz vor dem Abitur, als Dr. Webber sagte "Each of you comes here today hopeful, wanting in on the game" und wie das alles so war. Aus den beiden Folgen, die ich abends im Bett schauen wollte, wurden zwei Staffeln.

Anmerkung der Redaktion: Für Leute, die noch nie eine Folge Grey's Anatomy gesehen haben, könnte dieser Newsletter leicht verstörend sein.

Also achtzehn Jahre später ...

1. Erst mal durchgerechnet: Ich, damals neunzehnjährig und damit acht Jahre jünger als Meredith Grey an ihrem ersten Tag im Seattle Grace. Heute bin ich siebenunddreißig und zehn Jahre älter als Meredith Grey an ihrem ersten Tag im Seattle Grace.

2. Blutungen und Krampfanfälle aller Art und immer am Rande des Todes. Ganz klare Sache, nach achtzehn Jahren fühle ich die Patientengeschichten mehr. 

3. Dr. Preston Burke darf mich operieren. Er darf mein Herz in die Hand nehmen, er darf es zerschneiden, zunähen, festtackern und wenn er will, über Nacht in den Kühlschrank legen.

4. Meredith Grey und Derek Shepherd sind immer noch alles für mich. Früher habe ich Meredith als die Schwierige in der Beziehung wahrgenommen. Wieso eigentlich? Sie kommuniziert ihre Gefühle ziemlich gut, zeigt ihre Grenzen deutlich und bringt eben eine tragische Familiengeschichte mit. Irgendwann schrieb ich ja mal den Satz auf: Warum nicht auch mal schwierig sein? Vielleicht ist sie schwierig, vielleicht nicht, vielleicht bin ich einfach nachsichtiger geworden.

5. So rein erzählerisch muss ich sagen, macht der Handlungsstrang um Meredith, Derek und der plötzlich auftauchenden Ehefrau komplett Sinn. An einer Stelle sagt Meredith zu Derek, er wäre nicht der Mann, in den sie sich verliebt hätte, wenn er jetzt nicht versuchen würde das Richtige zu tun.

6. Der Satz: "Hating you is the most exhausting."

7. Das Drama in Grey’s Anatomy sollte generell ein eigenes Genre bekommen. Mein Vorschlag:

Der Grey’s Twist.

8. Ganz neue Aufmerksamkeit bekommen Meredith und die Ehefrau, also Meredith und Dr. Addison Montgomery Shepherd, sagenhaft gut gespielt von Kate Walsh. Sie sind Kontrahentinnen. Aber sie sind so respektvoll und ehrlich miteinander. Die Serie hat wirklich was übrig für starke Beziehungen unter Frauen. 

9. Ich lege mich fest, Dr. Addison Montgomery Shepherd ist meine Lieblingsärztin. Und jedes Mal, wenn sie wie eine Löwin um eine Schwangere kämpft, laufen bei mir die Tränen.

10. Da wäre noch die Weise, wie Eltern im Serienkrankenhaus repräsentiert werden. Sie sind hysterisch, hinterfragen den ärztlichen Rat und fliegen garantiert aus dem Zimmer. Ob Kleinkind oder Erwachsen, die Eltern haben einen an der Waffel, weil sie irre werden, wenn es um ihre Kinder geht. Das ist doch wirklich mal realistisch.

11. Es ist bewegend zuzusehen, wann immer ein Herzstillstand eintritt, die Angehörigen ausrasten und rausgeschmissen werden müssen.  

12. Doctor Mike sagt auf YouTube, dass die Herzschocker mit Defibrillator nicht richtig sind und sie besser Herzdruckmassagen machen sollten.

13. Immer wenn Meredith und Christina Yang einen Du-bist-mein-Mensch-Moment haben, freue ich mich. 

14. Immer wenn Miranda Bailey den Raum betritt, freue ich mich.

15. Immer wenn der Fahrstuhl angehalten wird, freue ich mich.

16. Mein Gott, die Doppelfolge mit der Hand auf der Bombe im Brustkorb ist so, so gut.

17. Erinnert ihr euch, wenn die Bombe hochgeht und Derek verzweifelt nach IHR sucht, aufgekratzt rennt er durch die Halle und ruft "Where is she, where is she?" und Addison segelt schließlich seine Arme. Wenn Adele dann zu Dr. Webber sagt: “That is not the she he was asking for.” Das ist der größte Moment für mich in der ganzen zweiten Staffel um Meredith und Derek.

18. Wenig später nach dem aufregenden Sex im Untersuchungsraum versaut er es allerdings wieder. "Meredith, what does this mean?" Ach, ach Derek.

19. Vergessen wir nicht Chris O'Donnell als Finn Dandridge, der Tierarzt mit den Plänen.

Meredith: "I absolutely can not have sex with you."

Finn: "I absolutely will not have sex with you."
Meredith: "You wont?"
Finn: "I promise I won't. I won't even try to kiss you."

Sie will stricken. Er lässt sie stricken. Er war so gut zu ihr.

20. Bleiben wir beim Sex. Warum schläft Alex nicht mit Izzy, sondern mit der Krankenschwester? Es wird nicht aufgeklärt und es macht mich wahnsinnig!!

21. Partners of Greatness - Partners of Crimes. Steile These: Christina und Burke sind die Macbeths im Seattle Grace.

22. Nach anderthalb Staffeln will ich es wissen.

plus 20% Meredith, 20% Lexie, 10% Arizona.

Hm.

An dieser Stelle: Ich würde nicht für die Liebe zu meinem Patienten das LVAD-Kabel durchschneiden. Und wenn ich es doch täte, würde ich nicht meine Ärzte-Freunde zu Mittätern machen.

23. Ich war bereit für Denny Duquette. Und wenn Izzy dann in ihrem rosa Ballkleid zu Chasing Cars zusammenbricht, vergesse ich, dass sie ihn technisch gesehen umgebracht hat und heule wieder mit.

24. Wahnsinn, wie oft mir altem Serienweib die Tränen kommen!

25. Wie ich die restlichen Septembertage durch Berlin laufe ...

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