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Noltes Notizen EXTRA | 21. Juli 2022

Liebe KLup-Freund:innen,

es sind 15 Zeilen, die es in sich haben: Heute hat der Vatikan eine Erklärung veröffentlicht, die als "Erklärung des Heiligen Stuhls" deklariert wurde und deutliche Ermahnungen zum Synodalen Weg hier bei uns in Deutschland beinhaltet. Aus diesem Anlass kommen "Noltes Notizen" heute in einer Extra-Ausgabe einen Tag früher als üblich.

Als ich sie heute Mittag las, habe ich mich gefragt: Was um alles in der Welt soll dieses Geschwurbel wieder? Können sie im Vatikan nicht einfach klipp und klar - und bitte in der notwendigen theologischen und formalen Qualität - sagen, was sie am Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland auszusetzen haben? Wo es konkret in die falsche Richtung geht? Wo sie auf den Punkt genau aufzeigen, warum das Vorgehen oder theologisch von hervorragenden Expert:innen (bischöflichen, universitären allen voran) mühsam und zugleich redlich errungene Positionen nicht in Ordnung sind? 

Nein, stattdessen verlässt - offenbar ohne jegliche Beteiligung des Synodensekretariat des Vatikans! - ein Dokument den Vatikan, das zwar mit dem Anspruch größtmöglicher Autorität auftritt, aber gänzlich ohne Absender, Name, Datum, Nennung der Behörde oder des Anlasses meint auskommen zu können. Wenn Sie mich fragen: Mit "Franziskus-Stil" hat das nichts zu tun.

Das Ende des Synodalen Wegs?

Jedenfalls hat nicht nur uns im Newsroom dieses Schreiben mächtig irritiert - und nicht minder beschäftigt. Auch säkulare Medien haben überraschend schnell darüber berichtet; der WDR etwa hat nur wenige Minuten nach Bekanntwerden bereits in seinen Nachrichten über die Erklärung informiert. Offenbar ist der Plan aufgegangen: Alle Welt spekuliert nun, ob das das Ende des Synodalen Wegs ist. Denn in der Tat kann man fragen: Wenn der Vatikan derart vor Reformen oder besser: vor zu massiv vorgetragenenen Reformforderungen warnt, warum dann noch weiter diskutieren und beschließen? Auch wenn ich heute Abend in der Tat ziemlich frustriert bin: Solange nicht klar ist, wer hinter dieser Erklärung steckt, solange ist auch nicht klar, wie ernst sie zu nehmen ist.

Zumal sie, wie gesagt, meines Erachtens formal und inhaltlich teils fürchterlich flach ist, teils schlichtweg Unwahrheiten verbreitet. Wir werden sehen, wie sich die Dinge in den nächsten Tagen entwickeln. Weil das Dokument heute aber für ordentlich Wirbel gesorgt hat, war es mir ein Anliegen, euch mit einer vorgezogenen Extra-Ausgabe von "Noltes Notizen" darauf hinzuweisen, wie wir heute über den Tag ein bisschen Licht ins Mysteriöse dieser Angelegenheit gebracht haben:

1. Nachricht und Dokumentation: Sehr schnell nach Bekanntwerden der Erkärung haben wir darüber berichtet (Öffnet in neuem Fenster) - und gleich das gesamte Schreiben (das so lang ja nicht ist) dokumentiert. 

2. Hintergrund und Zusammenhänge: Hier bewährt sich die Expertise der Katholischen Nachrichtenagentur mit ihrem Korrespondentenbüro in Rom, ganz in der Nähe des Vatikans. Der lanjährige Rom-Korrespondent Roland Juchem - der übrigens seine journalistischen Wurzeln in unserer Redaktion hat - liefert einen lesenwerten Hintergrund-Bericht (Öffnet in neuem Fenster).

3. Reaktion und Klärung: Von Julia Knop (oben, Foto: Julia Steinbrecht/KNA) war schon in meinem vergangenen Newsletter die Rede. Die Dogmatik-Professorin aus Erfurt - ihre Wurzeln liegen in Harsewinkel, also im östlichsten Teil des Bistums Münster - macht nicht nur durch profunde Wortmeldungen bei den Synodalversammlungen von sich reden, sie hat ebenso profiliert wie rasch auf die Erklärung aus Rom reagiert (Öffnet in neuem Fenster). Kleines Zitat gefällig? "Die Freiheit des Volkes Gottes besteht freilich nicht nur darin, überkommene bischöfliche Lehren gehorsam anzunehmen; die Ausübung des bischöflichen Amtes besteht nicht nur darin, überkommene Lehren zu konservieren, koste es, was es wolle."

4. Analyse und erste Bewertung: Wie ernst ist die Erklärung zu nehmen? Wo liegt sie völlig daneben? Und wo macht sie ganz klare Ansagen? Darum dreht sich mein Kommentar, (Öffnet in neuem Fenster) der - weil auch Zusammenhänge darstellend - wohl eher ein Leitartikel geworden ist. Klar ist für mich etwa: Den angekündigten Machtverzicht der Bischöfe - etwa durch Beteiligung von Laien bei Bischofswahlen oder bei der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit - macht Romn nicht mit.

Nachdem sie etwas Luft holen und wieder zu sich kommen konnten, rechnen wir für den morgigen Freitag mit Reaktionen der Deutschen Bischofskonferenz, des Zentralkomitees des deutschen Katholiken - also auch des Synodalen Wegs - und sicherlich von weiteren Verbänden, Gruppen und Persönlichkeiten. Selbstverständlich werden wir darüber hinaus weiter berichten, wie dieser vatikanische Fauxpas in Deutschland aufgenommen wird. Welche Folgen die Erklärung haben wird, muss man sehen. Ob sie den Synodalen Weg zu trotzigem Engagement beflügelt, wage ich zu bezweifeln.

Mit dieser aktuellen Extra-Ausgabe einen Tag vor dem üblichen Termin wünsche ich gute Lektüre unseres Angebots (es ist heute noch reichlich mehr passiert, auch im Bistum Münster, ein Blick auf unsere Startseite lohnt (Öffnet in neuem Fenster)!!!) - und schon heute ein erholsames Wochenende und verabschiede mich aus gegebenem Anlass mit einem ganz speziellen Autoren-Foto ;-).

Guet goahn!

Markus Nolte (Chefredakteur Online)

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