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Noltes Notizen | 11. August 2022

Liebe KLup-Freund:innen,

ausnahmsweise schon am Donnerstag Mittag melde ich mich mit "Noltes Notizen". Der Grund sind drei gewichtige Entwicklungen, die uns in den letzten zwölf Stunden ordentlich beschäftigt haben - und ganz offensichtlich nicht nur uns. Ich möchte euch dazu einige Hintergründe liefern und auf ein meines Erachtens ziemlich interessantes Faktum hinweisen, wie unterschiedlich unsere werte Leserschaft diese drei Nachrichten in unserem Magazin einerseits und in den Sozialen Netzwerken andererseits wahrgenommen haben. 

Worum geht's? Was ist passiert? Lasst uns mal rückwärts schauen.

Heute Morgen erreichte uns die Nachricht, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Münsteraner Kirchengerichts-Chef und Dompropst Kurt Schulte (Bild oben / Foto: Christof Haverkamp) eingesetellt worden sind (Öffnet in neuem Fenster). Dem Geistlichen werden grenzverletzende, unangemessene Verhalten vorgeworfen. Da hat die Staatsanwaltschaft jetzt gesagt, dass sich kein strafrechtlich relevantes Verhalten ergeben habe. Damit ist die Sache aber noch nicht abgeschlossen. Denn jetzt sollen kirchentliche Voruntersuchungen geführt werden.

Was die kurze Pressemitteilung des Bistums nicht erklärt: Wie läuft so eine kirchenrechtliche Voruntersuchung? Was ist das, wie läuft das ab, wird da ermittelt, werden Zeugen befragt? Und vor allem: Wer ermittelt gegen den höchsten Kirchenrichter des Bistums? Also haben wir mit Peter Frings, dem Interventionsbeauftragten des Bistums gesprochen und genau diese Fragen gestellt. Wir halten sie für absolut wichtig - nicht zuletzt im Sinn der Transparenz im Umgang mit Macht, wenn es um Spitzenpositionen der Kirche geht. Wichtigste Info aus unserer Recherche: Aufgrund der hervorgehobenen Stellung von Schulte soll der Voruntersuchungsführer eine "notwendige maximale Distanz zum Bistum Münster" haben. In anderen Fällen hat schon einmal ein pensionierter Kriminalbeamter solche Aufgaben übernommen, der allerdings im Bistum lebte. Das dürfte jetzt sicherlich nicht gehen.

Noch gestern Abend um kurz vor 22 Uhr haben wir gemeldet, dass Bischof Felix Genn einen Priester mit sofortiger Wirkung beurlaubt (Öffnet in neuem Fenster) hat. Heute Morgen zogen die säkularen Portale und Radiosender nach. Auch ihm wird grenzüberschreitendes Verhalten vorgeworfen. Und auch hier waren polizeiliche Ermittlungen eingestellt worden, weil keine strafrechtlich relevante Tat festgestellt werden konnte (die Person war damals nicht mehr minderjährig). Das war allerdings bereits 2010. 

Gleichwohl hat in den letzten Monaten die Unabhängige Kommmission für Anerkennungsleistungen (UKA) der katholischen Kirche den Antrag der betroffenen Person begutachtet und ist zu dem Schluss gekommen, dass ihr Leid anzuerkennen ist. Anders gesagt: Da ist damals durchaus etwas Relevantes geschehen. Diese Entscheidung ist im Mai 2022 gefallen, auch Geld wurde als Anerkennung des Leids gezahlt. Das Bistum Münster brauchte dennoch bis gestern Abend, bis die Anerkennung des Leids auch Konsequenzen für den mutmaßlichen Täter hat - wie jetzt in der Beurlaubung und der Einleitung einer kirchenrechtlichen Ermittlung geschehen. 

Dieser Aspekt allerdings steht nicht in der Pressemitteilung des Bistums. Darum haben wir in unserer Meldung auf diese Diskrepanz hingewiesen. Wir fragen uns: Warum dauert das so lange? Gibt es keinen Automatismus, dass nach dem Bescheid durch die UKA an das Bistum der Fall auch dort erneut betrachtet wird? Könnte gut sein, dass wir die Verantwortlichen so auf eine Lücke im System hingewiesen haben ...

Tja, und dann kam gestern die langersehnte Reaktion in Köln auf die Vorwürfe des Kölner Stadt-Anzeigers, über die ich im letzten Newsletter ausführlich eingegangen bin. Fünf Tage haben sich die Verantwortlichen des Erzbistums Zeit gelassen. Aus meinen bewährten, verlässlichen Quellen wusste ich schon am Vorabend, dass eine Stellungnahme für den gestrigen Tag zu erwarten war. Wir waren also ab morgens um 8 Uhr in Habachtstellung. Irgendwann hieß es, gegen 14 Uhr solle es soweit sein. Dann war von 16 Uhr die Rede - da war es aber schon 16.30 Uhr. Tatsächlich wurde es dann 19 Uhr, und nicht Kardinal Woelki (Bild oben / Foto: Günther Ortmann|Imago) äußerte sich, sondern sein Generalvikar Guido Assmann. Da muss wohl in den Arbeitszimmern von Bischofshaus und Generalvikar noch kräftig Beratung eingeholt werden und hin und her überlegt werden, wie denn nun vorzugehen und zu formulieren sei. 

Und dann kommt dabei eine Medienschelte heraus, die an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist. Ein Offenbarungseid erster Klasse. Wir haben - als Erste im katholischen Medienbetrieb und auch noch vor der ersten Agenturmeldung - mit einem eigenen Beitrag berichtet, (Öffnet in neuem Fenster)keine halbe Stunde nach Veröffentlichung der Erklärung von Generalvikar Assenmacher. 

Das für mich Frappierendste: Da erklärt der Herr Generalvikar in einem stupenden Outing, er als "Priester in diesem Hause" (!) kenne sich mit Kommunikation nicht aus. Also habe er sich "umfangreich sachkundig gemacht" und stellt dann mit erstaunlicher Kompetenz fest: Die Medien sind schuld. Woelkis Versuche, sich eben diese Medien selber zu nutze zu machen, indem er versucht, einen renommierten FAZ-Redakteur für sich zu gewinnen, indem er ihm exklusive Informationen verspricht - das ist natürlich kein Problem. So wenig, dass Assmann dieses vom betreffenden Journalisten bestätigte Vorgehen des Kardinals mit keiner Silbe erwähnt. Denn natürlich geht es genau darum: Woelki aus der Schusslinie zu bekommen. Netter Versuch. Aber grandios gescheitert, weil ins eigene Knie geschossen. Meinen Kommentar dazu noch von gestern Abend könnt ihr hier lesen. (Öffnet in neuem Fenster)

Was interessiert wen wo?

Das ist wirklich interessant! Während auf Facebook schon gestern Abend die Klickzahlen zu den Vorgängen in Köln massiv in die Höhe schnellten (die Meldung über die Stellungnahme von Generalvikar Assmann erreichte bis jetzt 3.500 Facebook-Freunde, der Kommentar zum Thema sogar 4.500), war die Resonanz im Online-Magazin verhaltener (Meldung Assmann: 750 / Kommentar: 2.500). Im Magazin hingegen toppte die Beurlaubung des Priesters im Oldenburgischen mit 2.800 erreichten Personen, obwohl sie erst spät am Abend veröffentlicht wurde.  - Für uns zeigt das einmal mehr, dass unser Social-Media-Publikum eine ganz eigene "Behandlung" braucht und die Leser:innen unseres Magazins wiederum die ihre.

Wie es in Köln weitergeht, ob die neue Weiterdrehe des PR-Desasters doch Folgen für Kardinal Woelki haben wird (was ich, ehrlich gesagt, bezweifle) und natürlich auch jede Entwicklung in den anderen beiden Fällen - darüber halten wir euch selbstverständlich immer aktuell und schnell auf dem Laufenden.

Daher: Vielen Dank für alle Unterstützung! Und empfehlt uns sehr gern weiter.

Euch allen schon jetzt ein sonniges, erholsames Wochenende und einen gesegneten Sonntag!

Guet goahn!

Markus Nolte (Chefredakteur Online)

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