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Liebe*r Utopist*in!

Es gibt ein paar Fragen, die mich im letzten Recherche-Monat zum Thema Kipppunkte umgetrieben haben. Ihre Antworten kenne ich nicht, wahrscheinlich kennt sie niemand, aber dem kollektiven Mediendiskurs würde es vielleicht helfen, sie so deutlich mal zu stellen. 

Wird unser Land mittelfristig auf den Lebensstandard eines Schwellen- oder Entwicklungslandes zurückversetzt, wenn alle paar Monate Extremwetter Regionen verwüsten? Was passiert, wenn wir wochenlang nicht mit Zug oder Auto fahren können, weil die Infrastruktur zerstört ist? 

Haben wir nur noch stundenweise Strom und dementsprechend nur noch begrenzt Internet? Gibt es immer nur noch monatsweise bestimmte Gemüse- und Obstsorten aufgrund von Ernteausfällen? 

Bild: pexels

Und außerdem:

Gibt es so etwas wie Versicherungen noch, wenn es sich nicht mehr rentiert, Menschen zu versichern, weil sie ständig Schäden melden? 

Brauchen wir nicht jetzt schon ein Schulfach "Krisen- und Katastrophenmanagement"?, in dem Selbstschutz, erste Hilfe, Trauma-Management u.a. gelernt wird?

Welche Küstenstädte (und welche Teile z.B. der Niederlande) werden ab wann unbewohnbar sein und wie genau wird die Umsiedelung der Bevölkerung organisiert? Wer bezahlt das? Oder ist das ein Prozess, der sich über Jahre ziehen wird? 

Wie hoch ist die Lebenserwartung der jetzigen Schulkinder?  Und unsere eigene? Sind sie um ein paar Jahrzehnte niedriger als die der Baby-Boomer-Generation?

Das sind die Szenarien, denen sich eine effektive Klimakommunikation stellen sollte. Es geht, das haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, nicht mehr um Lifestyle-Diskussionen, wer nachhaltiger konsumiert und sich deshalb moralisch besser fühlen kann. Es geht, sogar jenseits von Weltverbesserungsszenarien, um die gemeinschaftliche Aufgabe von Bürger*innen, Unternehmen und Entscheidungsträger*innen, den eigenen Wohlstand der letzten Jahrzehnte so gut es geht aufrecht zu erhalten.

Deine JuliTopia

Polyamor lieben

Das Utopische Fenster lässt dich in eine Welt blicken, die zeigt, wie Leben anders sein könnte - so, wie es in Nischen bereits ausprobiert wird. Alle Szenen entstammen der Utopian Fiction-Story Kyaras Kodenet, die ich monatlich folgenweise über Steady veröffentliche. Willst du mehr lesen, schließe hier ein kostenloses Probe-Abo (Öffnet in neuem Fenster) für einen Monat ab.

Heute geht es um: POLYAMORIE

Kyara beobachtete, auf dem Bauch liegend, das Spiel der Flammen im Kamin. Reik lag auf seinem Handtuch und sah an die Decke.

„Ich würde dich gerne was fragen.“

Da war ein leichter Widerstand, dass er jetzt vermutlich auf das zu sprechen kam, was er hatte ansprechen wollen, und diese Stimmung damit durchbrach.

„Ja?“ Kyara setzte sich auf, zog die Beine an und stocherte mit einem Ästchen in der Glut.

Reik verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

„Min kam letzte Woche auf mich zu. Sie würde gerne mehr Zeit mit mir verbringen, um mich besser kennenzulernen. Bisher hattest ja immer du Vorrang. Ich habe allerdings das Gefühl, dass du in letzter Zeit weniger Zeit … aufbringen willst für uns.“

Reik verstummte. „Liege ich da richtig?“

Kyara antwortete nicht sofort. Sie musste sich sortieren, aber konnte seinen Eindruck nicht leugnen.

„Ja. Vielleicht hat es mit Yon zu tun.“

Reik schien nicht überrascht.

„Wie steht ihr gerade zueinander?“

„Keine Ahnung“, sagte Kyara aufrichtig. Sie wartete auf weitere Nachfragen, sie hatte plötzlich keine Lust, von sich aus eine Diagnose des Ist-Zustandes abzugeben.

Sie sah weiter ins Feuer und wiederholte nur: „Keine Ahnung.“

„Aber ihr verbringt viel Zeit zusammen? Fühlst du dich hingezogen?“, fragte Reik verwirrt.

Bild: pexels

„Ja. Wir sind beide an einem Forschungsvorhaben beteiligt. Aber das ist es wahrscheinlich … nicht nur. Wenn sich aber etwas Ernstzunehmendes zwischen uns ergeben hätte, hätte ich es längst mit dir geteilt.“

(...) „Min würde gern ungefähr jedes zweite Wochenende mit mir verbringen und auch ein paar Mal unter der Woche Mittagessen“, erklärte Reik, ein wenig versöhnlich. „Sollen wir was ausmachen, dass unsere Zeiträume nicht untergehen? Ich hab recht viel zu tun gerade im Ideenhaus. Das mit der Allwohlberatung muss sich erst noch richtig einspielen ... Wir könnten sagen, jeden Dienstag und Donnerstag treffen und alle zwei Wochen den Sonntag … Wie stellst du dir das vor, was willst du?“

Kyara schob mit dem Stöckchen Asche hin und her.

„Im Voraus zu planen, wann wir in den nächsten Monaten zusammen Essen gehen, fühlt sich für mich irgendwie eng an. Können wir das nicht spontan entscheiden? Wie gesagt, ich weiß ja gar nicht, was passieren wird in den nächsten Wochen.“

„Dir ist es also gewissermaßen egal“, sagte Reik nüchtern.

„Nein“, beteuerte Kyara. „Ich … das fühlt sich nur gerade so viel an. Manchmal sind Sachen im CouCou am Sonntag. Donnerstag bin ich lange beim Freidienst und abends oft müde – “

„Wenn wir nichts vereinbaren und alles spontan entscheiden, kann es sein, dass wir uns die meiste Zeit verpassen, weil nie der richtige Moment ist.“

„Du weißt, dass das so nicht stimmen muss“, sagte Kyara verwirrt.

Reik zuckte mit den Schultern.

Kyara sah ins Feuer. Aushandeln und sich untereinander konfrontieren. Würde Yon bei so etwas mitspielen, so schräg nostalgisch-rebellisch, wie er ohnehin war? Und obwohl er mono war? Sie sah sich Termine absprechen, zwischen beiden vermitteln, Treffen zu viert, Stress mit beiden, wie sie unwillig war, das, was sich zwischen ihr und Yon entwickelte, zu teilen … etwas stieg in ihr hoch und schnürte ihr die Kehle zu.

„Es transparent aushandeln, reibt mich auf. Ich habe nicht die Energie dafür.“

Es tat gut, diese Wahrheit auszusprechen.

Reik sah sie einen kurz Moment an.

„Weißt du, was? Manchmal denke ich, du hast dir das Poly-Sein angezogen wie ein Kleidungsstück, ohne wirklich zu akzeptieren, was es bedeutet. Wir hatten uns diese Regeln doch letztes Jahr gegeben, und du warst einverstanden.“

(...) Einen kurzen Moment herrschte Stille. Reik sah nun auch ins Feuer, dessen Schein sich in seinen Augen spiegelte.

„Poly-Sein bedeutet nicht nur frei sein, sondern auch viel aushandeln.“

Sie hatten sich verrannt. Aber waren wenigstens transparent dabei gewesen.

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Polyamorie-Austausch

Die Szene, von der du gerade einen Ausschnitt gelesen hast, möchte ich gerne mit zwei Menschen besprechen, die selbst polyamor leben bzw. ihre Erfahrungen damit gemacht haben. Willst du auch dabei sein, zuhören und/oder Fragen stellen? Dann schalte dich dazu:

13.07.22 | 20h

https://meet.allmende.io/JuliTopiasSalon02 (Öffnet in neuem Fenster)

Utopisches Glossar

Happy Pride Month! :)

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