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Jack Unterweger: Die Legende vom Leid – und die Wahrheit dahinter

„Ich war das Kind der Gosse. Brutal aufgewachsen. Ein Leben im Dreck, im Schmutz, in der Gewalt. Ich musste töten – es war mir vorherbestimmt.“
– Jack Unterweger, Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus

Das Narrativ klingt wie aus einem Roman von Charles Dickens – nur verdorbener, moderner, österreichischer. Jack Unterweger, einst gefeierter Schriftsteller, später verurteilter Frauenmörder, inszenierte sich selbst als tragische Figur: geboren im Elend, geschlagen vom Schicksal, zum Monster gemacht durch die Gesellschaft.

Doch wer sich auf Spurensuche begibt, stößt auf eine ganz andere Realität. Eine nüchterne. Eine überprüfbare. Und eine, die die manipulativen Techniken eines Mannes offenbart, der mit Worten tötete – und mit seinen Händen.

Ein unscheinbares Bauernhaus. Die Körblerkeusche liegt idyllisch eingebettet in die ländliche Kulisse Kärntens – Wald, Wiesen, Stallgeruch. Genau hier wuchs Johann „Hansi“ Unterweger auf, der später als Jack zum Mythos wurde. Anders als in seinen Schriften suggeriert, war dies kein Ort des Verfalls oder der Vernachlässigung. Sondern ein geordneter, bäuerlich geprägter Haushalt mit klaren Strukturen.

Unterweger behauptete, er habe sich mit seinem Großvater das Bett teilen müssen – ein Symbol seiner entwurzelten Kindheit. Tatsächlich jedoch hatte er ein eigenes Zimmer im Obergeschoss. Kein Palast. Aber warm, sicher, trocken. Der Unterschied mag marginal erscheinen – doch für die Dramaturgie seiner späteren Biografie war diese Lüge zentral. Denn wo keine Hölle war, konnte auch kein Teufel geboren werden.

Theresia Unterweger war keine Heilige. Aber auch keine Hure. Gerichtsakten, Zeitzeugenaussagen und Meldeunterlagen zeigen ein anderes Bild: Sie war eine junge, ledige Frau mit wechselnden Arbeitsstellen, unter anderem als Kellnerin. Die Zuschreibung “Prostituierte” diente Jack Unterweger offenbar dazu, seinen Abstieg in die Kriminalität biografisch zu legitimieren – als zwangsläufige Folge eines “asozialen” Elternhauses. Eine Behauptung ohne faktische Grundlage.

Auch Friedrich Wieser wurde von Unterweger posthum zum Schreckgespenst stilisiert: ein prügelnder, trunksüchtiger Tyrann. Doch amtliche Dokumente, Berichte aus dem Dorf und Aussagen von Nachbarn zeichnen ein anderes Bild. Wieser war ein strenger, aber geregelter Landarbeiter – kein brutaler Trinker, kein Sadist. Ein weiteres Puzzlestück in der Demontage von Jacks Opfermythos.

Nicht in einem Heim, nicht auf der Straße, nicht in verwahrlosten Baracken. Sondern in einem bäuerlichen Haushalt mit festen Regeln, Arbeitspflichten und familiären Bezügen. Armut? Ja. Perspektivlosigkeit? Vielleicht. Aber keine Verwahrlosung. Die Realität widerspricht eklatant der Legende, die Jack Unterweger über Jahrzehnte verbreitete – und die ihm selbst Kritiker allzu oft abkauften.

Am Abend des 11. Dezember 1974 planten Jack Unterweger und seine Komplizin Barbara Scholz einen Einbruch im hessischen Ewersbach. Dabei wurden sie von der 18-jährigen Margret Schäfer überrascht, einer Bekannten von Scholz. Unterweger und Scholz überzeugten Schäfer, sie zu begleiten, angeblich um die Situation zu klären.

Außerhalb von Ewersbach, in einem abgelegenen Waldstück, schlug Unterweger mehrfach mit einer Stahlrute auf Schäfers Kopf und Hals ein. Anschließend strangulierte er sie mit dem Draht ihres Büstenhalters und täuschte ein Sexualdelikt vor, um die Tat zu verschleiern. Die Leiche wurde mit Laub bedeckt zurückgelassen.

„Ich war kein Täter – ich war ein Spiegelbild der Gesellschaft.“
– Jack Unterweger, im ORF-Interview, 1991

Fazit:
Jack Unterweger tötete nicht nur Frauen. Er tötete die Wahrheit. Seine Lügen über Herkunft, Kindheit und Familie dienten dazu, seine Taten zu verschleiern, sich selbst zu erhöhen – und die Welt in eine moralische Grauzone zu zwingen.

Doch am Ende sprechen die Bilder. Die Akten. Die Leichen. Und sie sagen: Jack Unterweger war kein Opfer. Sondern ein Täter, der die Fiktion zu seinem Schutzschild machte.

🔊 Vom Mythos zur Mordchronik

In einer dreiteiligen Gemeinschaftsproduktion mit dem Podcast “Mord hoch zwei” zerlegen wir Jack Unterwegers selbstgestricktes Märchen Schritt für Schritt.

Sie erfahren …

  • wie ein Provinzkrimineller sich in einen Literaturstar verwandelte,

  • warum Kultur­prominenz seine “Resozialisierung” besiegelte,

  • und welche ersten, oft überhörten Warnsignale schon vor der Entlassung auf Mordlust hindeuteten.

🎧 Jetzt streamen: Einfach auf Spotify (Öffnet in neuem Fenster), Apple Podcasts (Öffnet in neuem Fenster) oder dem Player Ihres Vertrauens nach “Jenseits der Beweise” oder “Der Fall Jack Unterweger - Teil 1” suchen – oder den o.g. Direktlinks folgen. Tauchen Sie ein in das Netz aus Lügen und literarischem Glanz…

Bleiben Sie wachsam - und bleiben Sie neugierig!

Ihr
Dr. Maximilian von Schattenreich

Kategorie Artikel

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