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Der große JTNBA-Taktik-Guide 23/24: Diese 30 Spielzüge solltet ihr kennen…

Von Torben Adelhardt

"Basketball is a simple game", sagte einst Phil Jackson. Doch wie simpel kann das Spiel schon für einen Mann sein, der vor einigen Dekaden selbst eine geometrische Figur zur höchsten Kunstform des Offensivspiels erhoben hat? Passend zum Start in die neue NBA-Spielzeit werfen wir einen Blick auf die Taktikbretter aller Teams und stellen Euch 30 Spielzüge vor, die einen festen Platz in den Playbooks der NBA-Mannschaften haben. Von "77" bis Z wie "Zoom" - hier gibt's einen X's&O's-Crashkurs, der den taktischen Status Quo der NBA anno 2023 in den Grundzügen darstellt. Pro Team gibt es einen Spielzug als Videoclip mit einigen erläuternden Sätzen [...und manchmal sogar ganzen Analyse-Clips...].

Ihr wollt auch in der neuen Spielzeit stets auf dem Laufenden bleiben, was das Treiben in der NBA betrifft? Dann werde jetzt Supporter bei JEDEN TAG NBA! (Öffnet in neuem Fenster)Darüber hinaus begleiten wir die Top-Spiele zur europäischen Primetime während der gesamten Saison via Live-Kommentar kostenlos auf playback.tv/jedentag (Öffnet in neuem Fenster)!

Atlanta Hawks: "77"

Statistiken 2022/23: 116.3 Punkte/100 Ballbesitze (#9) und 98.8 Punkte/100 Plays in der Halfcourt-Offensive (#15)

Four Factors: Effektive Feldwurfquote% 54.2 (NBA-Rang #21), Turnover-Percentage% 12.7 (#4), Offensive Rebounding-Percentage % 27.9 (#9), Freiwurf-Rate 20.0 (#23)

https://youtu.be/Q1TvbrkKKXk (Öffnet in neuem Fenster)

Jede NBA-Mannschaft arbeitet in der Offensive mit sogenannten „Double Drag Screens“ – zwei Blöcke, die versetzt zueinander für den Ballhandler im Fastbreak respektive der „Early Offense“ gesetzt werden. Die Atlanta Hawks greifen für Trae Young besonders gerne auf diese Taktik zurück, um früh im Angriff Freiräume für den Ballhandler zu generieren und die Defensive unter Druck zu setzen. Keine Mannschaft nahm in der Saison 2022/23 prozentual gesehen mehr Pick’n’Roll-Ballhandler-Abschlüsse als das Team aus Georgia (24.5%). Ob tiefe Dreier von Young, wenn die Defensive unter den Blöcken hergeht, oder Drives zum Korb, wenn geswitcht wird und Young Tempovorteile gegen seinen Gegenspieler hat… aus diesen Double-Drag-Actions (Synonym: 77) erspielen sich die Hawks in jeder Partie viele Abschlussoptionen. In der Szene oben sind es Bogdanovic und Collins, die diese Blöcke für "Ice Trae" stellen. Die Pacers wollen in der Defensisszene alle Blöcke switchen, was im zweiten Fall jedoch den nötigen Platz für den Pullup-Dreier eröffnet.

Boston Celtics: "Motion Strong/Stagger Options"

118.3 PTS/100 Poss. (#4) und 103.4 Pts/100 Plays (#3)

eFG% 56.8 (#5), TOV% 13.1 (#7), ORB% 24.1 (#27), FTr 20.2 (#22)

https://youtu.be/HHQOX7Hr7e8 (Öffnet in neuem Fenster)

Praktisch jede NBA-Mannschaft läuft Abwandlungen des berühmten Setplays „Motion Strong“ – ein Spielzug, den Spurs-Headcoach Gregg Popovic während der Parker/Ginobili/Duncan-Ära in Perfektion laufen ließ. Der Einstieg in diese Aktion kann variieren, aber das wichtigste Erkennungsmerkmal ist der sogenannte „Staggered Screen“ auf der ballentfernten Seite. Dort stellen zwei Spieler hintereinander einen Pindown-Block (Anm.: Pindown- oder Down-Screens sind Blöcke, die abseits des Ball gestellt werden, bei denen der Rücken des Blockstellers in Richtung Mittelline zeigt) für den Mitspieler, der sich in der Ecke befindet. Was dann folgt? Das ist nicht pauschal zu beantworten... In unserem Clip haben wir drei Spielszenen zusammengeschnitten, die jeweils mit der identischen Positionierung der fünf Celtics-Spieler starten: Der ballführende Athlet steht am Slot, ein Spieler in der Strongside-Ecke und drei Kelten auf der ballentfernten Seite gestaffelt hintereinander. Im ersten Angriff nutzt Brown beide Blöcke, wobei er um den zweiten Block "curlt" und über die Feldmitte zum Korb schneidet. Der Ball wird ihm in seine Bewegung reingepasst. Die Defense rotiert rein und Brown spielt den Kickout-Pass zum Dreierschützen nach draußen.

Bei der zweiten Szene sieht es zuerst so aus, als ob Grant Williams zwei Blöcke gestellt bekommt. Doch dann wandelt sich der Spielzug in eine „Double-Pin-In“-Action. Statt selbst um die Blöcke zu gehen, „screent“ beziehungsweise „pinnt“ Williams den Gegenspieler von Brown und dieser nutzt dann zusätzlich noch den Block von Tatum, sodass er einen freien Distanzwurf bekommt.

Die letzte Spielsituation: Brown nutzt in der „Staggered Screen“-Aufstellung nur den ersten Block von Tatum und cuttet zum Korb. Es entsteht dadurch eine „Screen-the-Screener“-Aktion und Tatum bekommt nach seinem eigenen Block wiederum einen Block von Williams gestellt (Synonym für diese Variation des Plays: "Twirl"). Da die Defense sich zuerst auf den Cut von Brown fokussiert hat, ist Tatum nun komplett offen und trifft den freien Dreier. Auch in dieser Saison ist – trotz neuer Personalsituation – wieder damit zu rechnen, dass die Celtics aus diesem Setup unzählige Abschlüsse nehmen.

Brooklyn Nets: 77 Spain Veer Stampede

113.8 PTS/100 Poss. (#23) und 99.9 Pts/100 Plays (#17)*

eFG% 53.2 (#24), TOV% 12.7 (#10), ORB% 23.9 (#26), FTr 22.8 (#6)*

*Stats Post-KD-Trade

https://youtu.be/lyFRO6oPjHw (Öffnet in neuem Fenster)

Nachdem im Februar 2023 die Durant/Irving-Ära in Brooklyn ihr frühzeitiges Ende fand, musste Nets-Headcoach Jacque Vaughn auch sein Playbook auf links drehen. Ohne die beiden Offensivstars fehlte es der Mannschaft plötzlich an dem individuellen Creation-Talent. Mit Cam Johnson und Mikal Bridges standen jetzt zwei Spieler im Fokus, die sich ihre Abschlüsse primär aus dem Flow der Offensive heraus erspielen. Aus diesem Grund nahmen Off-Ball-Blöcke und schnellere Ballbewegungen fortan eine größere Rolle in der Nets-Offense ein. Ein Spielzug, der die Stärken der Brooklyn-Spieler akzentuiert und Schwächen verschleiert, hört auf den Namen „77 Spain Veer Stampede“: Hier bekommt der Ballhandler (Johnson) zuerst einen Double-Drag-Screen gestellt. Danach cuttet der Guard (Curry) aus der ballentfernten Seite nach oben und stellt einen Back-Screen für den ersten Blocksteller (Bridges) aus der Double-Drag-Aktion (Anm.: Der Zusatz „Spain“ entstammt - logischerweise - dem Spain-Pick'n'Roll, bei dem der erste Blocksteller selbst noch einen Back-Screen gestellt bekommt). Danach folgt ein Pindown-Screen für Curry, der den Ball zugepasst bekommt. Da Royce O’Neale hier zuerst den On-Ball-Screen für Johnson und dann den Pindown-Screen für Curry gestellt hat, spricht man von einer „Veer“-Aktion (Anm.: "Veer" ist die Bezeichnung dafür, wenn der gleiche Spieler erst einen On-Ball- und dann einen Pindown-Screen stellt). Eine Abschlussoption könnte nun der Catch-and-Shoot-Distanzwurf sein. In unserer Szene spielt Curry den Ball aber wieder zurück zu Johnson, der in die Bewegung hinein den Ball mitnimmt und durch die Lücke am Flügel zum Korb ziehen kann. Solche Situationen, wo der Spieler in seinen Cut zum Korb den Ball zugepasst bekommt, werden „Stampede“ genannt.

Ein durchaus komplexer Spielzug, der aus vielen einzelnen Aktionen zusammengesetzt ist. Die Dallas Mavericks nutzen diesen Spielzug auch regelmäßig, um Tim Hardaway nach der "Veer"-Aktion einen Dreipunktewurf zu ermöglichen.

Charlotte Hornets: Fake Stagger Ghost Hammer Fist

109.4 PTS/100 Poss. (#30) und 92.6 PTS/100 Plays (#29)

eFG% 51.8 (#30), TOV% 14.0 (#16), ORB% 26.3 (#18), FTr 19.2 (#26)

https://youtu.be/Dab6hm_n-So (Öffnet in neuem Fenster)

Die Charlotte Hornets gehörten in der vergangenen Saison zweifelsfrei zum offensiven Bodensatz der Liga. Das hing jedoch vor allem mit der individuellen Qualität der Spieler zusammen – und der Abstinenz von LaMelo Ball. Denn auch in North Carolina gibt es attraktive Spielzüge zu beobachten, die durch ein schönes Playdesign bestechen... vor allem, wenn Ball als primärer Ballhandler das Zepter schwingt. Wie vielschichtig und komplex ein High-Pick’n’Roll zwischen dem All-Star-Guard und seinem abrollenden Big Man sein kann, illustriert dieser Spielzug, den wir in einem 10-minütigen Analyse-Clip letztes Jahr bereits auseinandergenommen haben.

Chicago Bulls: Wide 77

113.8 PTS/100 Poss. (#24) und 100.6 PTS/100 Plays (#9)

eFG% 55.1 (#14), TOV% 13.4 (#19), ORB% 22.6 (#28), FTr 20.3 (#20)

https://youtu.be/vltHcybHXv4 (Öffnet in neuem Fenster)

Die Chicago Bulls gehören zu den Teams, die vornehmlich von dem bekanntesten Spielzug der Welt leben: dem Pick’n’Roll. In der vergangenen Saison belegten sie sowohl bei den Würfen des PnR-Ballhandlers (22.7%, #3) als auch bei den Abschlüssen des abrollenden Spielers (7.4%, #2) einen Top-Platz hinsichtlich der Frequenz. Einen Block für den Dribbler stellen, abrollen, Pass fangen und dunken – klingt simpel, oder? Dass man diesen Basis-Spielzug für den besten Rebounder aller Zeiten (The Artist formerly known as Andre Drummond) aber auch für die Verteidigungen signifikant erschweren kann, beweisen die Bulls immer wieder. Bei dem Spielzug „Wide 77“ geschieht der Einstieg in das eigentliche Pick-and-Roll über einen Away-Screen (Anm.: Rücken des Blockstellers zeigt zum Ball) für den Flügelspieler auf der ballentfernten Seite („Wide“). In unserer Beispielszene stellt Drummond diesen Block für DeMar DeRozan, der über den Block zum Ball schneidet und dann wiederum einen On-Ball-Screen für den Dribbler stellt. Dragic nutzt sowohl diesen als auch den zweiten On-Ball-Screen, der von Drummond jedoch nicht mit physischem Kontakt zum Verteidiger gesetzt wird. Da sich Dallas-Center JaVale McGee als designierter Drummond-Verteidiger in einer „Drop Coverage“ zwischen Dreier- und Freiwurflinie befindet, „slippt“ Drummond seinen Block für Dragic und rollt direkt hart zum Korb ab, wo der Slowene ihn mit einem Lob-Anspiel bedient. Die Aktion "Wide" gehört zum Standardrepertoire jeder NBA-Mannschaft, da sich hieraus frühzeitig im Angriff effiziente Wurfoptionen jenseits der Dreierlinie ergeben.

Cleveland Cavaliers: Horns Elbow Get

116.7 PTS/100 Poss. (#7) und 99.8 Pts/100 Plays (#10)

eFG% 55.7 (#10), TOV% 13.7 (#11), ORB% 26.5 (#17), FTr 21.0 (#14)

https://youtu.be/S7UhPUWqvc0 (Öffnet in neuem Fenster)

Wenn man über die Offensive der Cleveland Cavaliers spricht, geht's primär um die Scoring-Gefahr, die von den Guards Donovan Mitchell und Darius Garland ausgeht. Ein eher unterschätzter Aspekt im Angriffsspiel des Teams vom Eriesee sind die "High-Low"-Aktionen zwischen den Big Men Evan Mobley und Jarrett Allen. Viele der Assists, die Evan Mobley für seinen Big-Kollegen auflegt, entsehen aus Short-Roll-Situationen, wenn Mobley als abrollender Spieler im Pick-and-Roll den Ball auf Höhe der Freiwurflinie erhält und dann die gezogene Low-Help-Defense mit einem Pass auf den freien Allen in Korbnähe bestraft.

Ein anderes Mittel, um die beiden Big Men im Halbfeld neben den wurfgewaltigen Guards gewinnbringend einzusetzen, ist der Spielzug „Horns Elbow Get“. Bei diesem Setplay stehen Mobley und Allen anfangs auf Höhe der verlängerten Freiwurflinie ("Elbows") während zwei Spieler in den Ecken stehen. In unserer Szene bekommt Mobley den Ball am Highpost serviert und erhält dann einen On-Ball-Screen von Allen. Dieses "Big-Big"-Pick’n’Roll ist mit dem richtigen Spacing der restlichen Offensivspieler für jede Defensive schwer zu covern. In dem Clip sehen wir zudem wie Caris LeVert aus der Ecke den „Lift“ bringt, also nach oben auf den Flügel geht. Dadurch nimmt er seinen Verteidiger, den designierten Help-Verteidiger für den abrollenden Spieler im Pick’n’Roll, aus dem Spiel. Mobley ist als Lob-Passer versiert genug, dass er in Kombination mit dem großen „Catch-Radius“ von Allen, dieses Play regelmäßig erfolgreich abschließen kann.

Dallas Mavericks: Elbow Touch Flare Fist

117.2 PTS/100 Poss. (#6) und 105.1 PTS/100 Plays (#1)

eFG% 57.0 (#4), TOV% 12.4 (#4), ORB% 21 (#30), FTr 22.5 (#7)

https://youtu.be/IPxu__h2aSA (Öffnet in neuem Fenster)

Die Dallas Mavericks... Ein Team, das dermaßen polarisiert, wie wir es vor einigen Jahren nur von den Harden-Rockets kannten. Der Grund: die heliozentrische Spielweise des Luka Doncic, der in schöner Regelmäßigkeit seine Mitspieler während seiner ausgiebigen Dribbel-Orgien zu teilnahmlosen Statisten degradiert. Was hierbei viele Kritikern verkennen? "Luka-Ball" mag aus ästhetischer Perspektive fragwürdig sein, aber als Playmaker garantiert dir Doncic quasi im Alleingang eine höchsteffiziente Team-Offensive. Und dabei agiert "Luka Magic" in keinster Weise mit dem offensiven Vorschlaghammer und forciert eigene Abschlüsse. Wie methodisch der Ballhandler eine Defensive seziert, illustriert der Spielzug "Elbow Touch Flare". In unserer Videoanalyse sehen wir, wie die Mavericks dieses Play dreimal hintereinander gelaufen sind und wie der Dallas-Starspieler immer andere Lösungswege findet.

Denver Nuggets: Elbow Rip DHO

118.3 PTS/100 Poss. (#5) und 100.9 Pts/100 Plays (#7)

eFG% 57.9 (#1), TOV% 14.5 (#20), ORB% 27.4 (#11), FTr 19.7 (#24)

https://youtu.be/-PAW1jzVI-4 (Öffnet in neuem Fenster)

Der letztjährige Championship-Erfolg der Denver Nuggets hatte viele Väter. Ein Großteil der offensiven Durchschlagskraft in der vergangenen Postseason ruhte auf dem Two-Man-Game zwischen Playmaking-Savant Nikola Jokic und Scoring-Guard Jamal Murray. Letztgenannter nahm in der Saison 22/23 mit durchschnittlich 2,4 Würfen pro Partie aus dem Dribble-Handoff die viertmeisten dieser Abschlüsse aller NBA-Spieler - und war dabei mit 1.11 PPP (77. Percentile) klar überdurchschnittlich effizient. Ein spezifischer Spielzug, um das "DHO"-Spiel von Murray und Jokic zu forcieren, heißt "Elbow Rip DHO". Im Fokus der Aktion steht, dass Nikola Jokic den Ball am Highpost/Elbow angespielt bekommt. Sobald er das Spielgerät erhalten hat, stellt Murray einen Back-Screen (Synonym: "Rip") für Aaron Gordon. Dieser Block kann entweder sehr pyhsisch im Rücken des Verteidigers von Gordon gesetzt werden, oder Murray setzt nur einen “Touch-Screen”, bei dem er den Gegenspieler lediglich kurz berührt und dann sofort weiter cuttet — so wie in der oberen Szene. Murray-Verteidiger Dennis Schröder sinkt während der Rip-Aktion kurz ab, um den cuttenden Gordon zu “taggen”, beziehungsweise ihn kurz aufzunehmen, ehe Rui Hachimura wieder bei ihm angekommen ist. Auf diese Weise soll der potenziell freie Weg für den abrollenden Gordon versperrt und das Lob-Anspiel von Jokic auf ihn unterbunden werden. Das Problem hierbei: Murray sprintet nach seiner kurzen Screening-Aktion direkt hoch zu Jokic, wo er den Ball aus einer Handoff-Aktion erhält. Der Serbe stellt in dieser Situation ein zusätzliches Hindernis für Schörder dar, der noch versucht zu “recovern” und Murray am Distanzwurf zu hindern. Ohne Erfolg…

Die Nuggets werden diesen “Elbow Rip DHO”-Spielzug auch in dieser Saison in schöner Regelmäßigkeit - und mit unterschiedlichen Ein- und Ausstiegen in das Play - durchexerzieren, da er die unterschiedlichen Stärken der einzelnen Protagonisten perfekt miteinander verbindet: Das Tempo und die vertikale Explosivität von Gordon (Stichwort: Vertikale Gravity), das Decisonmaking und die Passqualitäten von Jokic — okay, sein massiver Körper schadet beim Dribble-Handoff auch nicht — sowie das Pullup-Shooting und “off-the-dribble”-Spiel von Murray.

Detroit Pistons: Horns DHO Exit

110.6 PTS/100 Poss. (#29) und 92.8 PTS/100 Plays (#28)

eFG% 52.3 (#27), TOV% 15.2 (#27), ORB% 28.2 (#8), FTr 22.6 (#6)

https://youtu.be/E6snmajOuRM (Öffnet in neuem Fenster)

Mit Monty Williams zeichnet sich bei den Detroit Pistons ab dieser Saison ein neuer Mann an der Seitenlinie für die offensive Taktik hauptverantwortlich. Aus diesem Grund gilt es abzuwarten, welche Priorisierungen er bei den Spielzügen für die Pistons vornehmen wird. Aus seinen Phoenix-Tagen wissen wir jedoch, dass Williams eine Vorliebe für Horns-Spielzüge hat, bei denen zwei Spieler die Elbows besetzen und es von dort aus in Dribble-Handoff- und Screening-Aktionen mit den Flügelspielern übergeht. Ein Setplay, das die Pistons bereits in der letzten Saison unter Headcoach Casey gelaufen sind, könnte auch unter Williams genutzt werden: Horns DHO Exit. Im Zentrum dieses Spielzugs steht ein Exit-Screen (Synonym: Corner Pin). Dieser wird in unserem Clip von Isaiah Stewart für Saddiq Bey gestellt und soll einen freien Eckendreier für den Schützen ermöglichen. Wenn die Defense, wie es in diesem Beispiel die Grizzlies getan haben, an dem Exit-Screen hängenbleibt und der ursprüngliche Verteidiger des Blockstellers (Steven Adams) aushelfen muss, ergibt sich die Möglichkeit für ein freies Anspiel in Korbnähe.

Grundsätzlich werden Exit-Screens von den NBA-Teams oft simultan zu einem High-Pick'n'Roll gesetzt, da dadurch die designierten Help-Verteidiger an der Baseline in einer separaten Aktion vom Roll-Man "abgelenkt" beziehungsweise aus dem Spiel genommen werden.

Golden State Warriors: Post Split/Bilbao

116.6 PTS/100 Poss. (#8) und 101.0 Pts/100 Plays (#6)

eFG% 57.4 (#3), TOV% 15.8 (#29), ORB% 26.6 (#16), FTr 18.0 (#29)

https://youtu.be/zDU0_PIOCmI (Öffnet in neuem Fenster)

Die Offensive der Golden State Warriors stellt seit fast einem Jahrzehnt den NBA-Goldstandard dar, wenn es um schnelle Ballbewegungen, Cuts und reaktives Positionsspiel geht. Eine Trademark-Aktion in der Kerr'schen Offensive sind die sogenannten "Split Cuts": Dabei spielt ein Flügelspieler seinen Teamkollegen im Postup/Zonenrand an und stellt daraufhin einen Away-Screen für den nächsten Mitspieler am Perimeter. Die Folgeaktionen sind dann abhängig davon, wie die Defensive den Block verteidigt. Der Blocksteller kann entweder direkt zum Korb weiter cutten und dort vom Postspieler angepasst werden - oder der Ball geht zurück raus an die Dreierlinie, wo der Nutzer des Away-Screens offen steht. "Read and React" in Reinkultur. Diese "Post Split"-Basiserklärung ist aber auch lediglich genau das - eine grundlegende, einfache Darstellung. Die Warriors ergänzen diesen simplen Spielzug um weitere Blöcke und Cuts. Eine dieser Abwandlungen wird "Bilbao" genannt. In unserer Beispielszene sehen wir wie Curry von oben den Ball auf den Flügel zu Green passt und "Dray" dann den Post-Entry-Pass zu Wiggins spielt. Wir sind nun mittendrin in der "Post Split"-Action. Zusätzlich positioniert sich Curry aber auch zu einem Away-Screen für Donte DiVincenzo, der auf dem Weakside-Flügel steht. Somit befinden sich Curry und Green in einer horizontalen "Stagger Screen"-Aufstellung - analog dazu, wie es die Celtics bei dem Play "Motion Strong" aus einer vertikalen Perspektive machen. "DDV" könnte nun nach dem Pass von Green zu Wiggins beide Blöcke nutzen und auf den Strongside-Flügel cutten, um dort von Wiggins bedient zu werden. Stattdessen "rejected" er jedoch bereits den ersten Block (Curry) und zieht direkt zum Korb. Steph liest die Aktion und curlt nun selbst um den Block von Green - somit bieten sich für Wiggins zwei Anspielstation: Curry an der Dreierlinie sowie "DDV" auf dem Weg zum Korb. "Wiggs" sieht, dass Langford als DiVincenzo-Verteidiger abgehangen wurde und passt zu dem Rotschopf, der ungehindert dunken kann, da Jeremy Sochan als Weakside-Help-Verteidiger nicht schnell genug zur Hilfe am Korb reinrotiert ist.

Houston Rockets: Horns Zoom

111.0 PTS/100 Poss. (#27) und 90.7 PTS/100 Plays (#30)

eFG% 51.7 (#30), TOV% 16.3 (#30), ORB% 33.2 (#1), FTr 21.6 (#12)

https://youtu.be/tLiKP7HZFAw (Öffnet in neuem Fenster)

Wild war es. Die Offensive der Houston Rockets. Es fehlte eine klare Struktur im Angriff und auch bei der Rollenverteilung hinsichtlich der Playmaking-Aufgaben gab es keine eindeutige Handschrift. Dabei befindet sich mit Big Man Alperen Sengün ein Spieler im Rockets-Kader, der durchaus die nötigen Fähigkeiten als Passer, Decisionmaker und Faceup-Scorer mitbringt, um eine Offensive vom Highpost aus aufzuziehen. Eine Idee, die letzte Saison immer nur in Phasen zu sehen war, ist es, Sengün analog zu einem Nikola Jokic [Sorry, wer Sengün-Jokic-Vergleiche bringt, gehört eigentlich vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag...] in Dribble-Handoff-Setplays einzubinden und ihn dort Entscheidungen treffen zu lassen. In diesem Clip sehen wir zum Beispiel, wie Sengün aus einem Horns-Setup den Ball am Elbow/Flügel erhält und sich ein dynamische Off-Ball-Game um ihn herum entwickelt. Eric Gordon stellt nach seinem Pass zu dem türkischen Center einen Pindown-Screen für Jalen Green, der am ballentfernten Highpost steht. Green nutzt den Block und holt sich den Ball bei Sengün via Handoff ab. Sein Verteidiger, Anthony Edwards, ist bereits durch den Pindown-Screen etwas ins Hintertreffen geraten und bleibt schließlich am Block von Sengün hängen. Green kann nun Rudy Gobert, der wie gewohnt in einer "Drop Coverage" verteidigt und sich Richtung Zone fallen lässt, als Dribbler attackieren und locker in seinen Pullup-Wurf übergehen.

Wenn für einen Off-Ball-Spieler zuerst ein Pindown-Screen gestellt wird und er danach den Ball in einer (Dribble-)Handoff-Aktion bekommt, nennen wir diese Abfolge "Zoom" oder auch "Chicago". Das ist eins der meistgelaufenen Sets in der gesamten NBA und kann aus unterschiedlichen Startaufstellungen (Horns oder Delay) initiiert werden.

Indiana Pacers: Iverson Chase Knicks

114.7 PTS/100 Poss. (#21) und 96.5 PTS/100 Plays (#24)

eFG% 54.8 (#16), TOV% 14.8 (#23), ORB% 26.9 (#15), FTr 20.8 (#16)

https://youtu.be/qlaQcZLg04o (Öffnet in neuem Fenster)

Rick Carlisle war schon immer ein Headcoach, der seine Team-Offense so simpel wie möglich, aber so komplex wie nötig, konzipiert. Und so auch bei den Indiana Pacers, wo wir viele Off-Ball-Screens und Pick'n'Roll-Sequenzen sehen, die gleichzeitig vonstattengehen, um die Defensive zu falschen Rotationen zu zwingen. Ein komplexerer Spielzug mit verschiedenen Ausstiegsmöglichkeiten heißt "Iverson Chase Knicks". Klickt auf den Play-Button des YouTube-Videos und schaut euch die 10-minütige Videoanalyse dieses Setplays an.

Los Angeles Clippers: Wide Fist

114.4 PTS/100 Poss. (#22) und 98.8 Pts/100 Plays (#17)

eFG% 55.3 (#12), TOV% 14.3 (#19), ORB% 25.3 (#23), FTr 21.6 (#11)

https://youtu.be/TQDatXfb0GU (Öffnet in neuem Fenster)

Achja, die Clippers... Nicht unbedingt das ideale Team, um einen NBA-Skeptiker davon zu überzeugen, dass die Athleten in der amerikanischen Profiliga multidimensionalen Offensiv-Ball spielen. Auf der anderen Seite ist es bei einer Mannschaft, bei der im Idealfall mit Kawhi Leonard und Paul George zwei der versiertesten Wing-Scorer zeitgleich auf dem Feld stehen, auch nicht förderlich, den Ball aus ihren Händen zu halten. Cheftrainer Ty Lue vertraut auf verschiedene Entry-Actions zu Beginn der Halbfeldoffensiv wie beispielsweise der "Wide"-Aktion (s. Chicago Bulls). Auf diese Weise soll einer der beiden Flügel-Stars besser an den Ball gelangen. Danach kann Leonard umgehend in das Pick'n'Roll mit seinem Big Man gehen und die Defensive attackieren. Und wenn dann Russell Westbrook als Schütze in der Strongside-Ecke steht, hilft die Defensive bereitwillig konsequent aus. Eigentlich ein Kapitalfehler, da die "strongside corner help" in der NBA normalerweise niemals vollständig, sondern nur mit einem großen Schritt in den Weg des Dribblers angedeutet wird ("stunt"). Kawhi Leonard spielt in unserer Beispielszene dann auch den einfachen Pass in die Strongside-Ecke und Westbrook kann den offenen Catch-and-Shoot-Wurf verwerten. Kein ausgefallener Spielzug, aber er illustriert, wie Leonard als Flügelspieler erst abseits des Balls agiert, dann aus einer "Five-Out"-Aufstellung direkt via On-Ball-Screen die Defensive attackieren kann und eben die richtige Antwort auf die defensiven Help-Rotationen findet.

Los Angeles Lakers: Garfunkel

114.8 PTS/100 Poss. (#20) und 98.0 Pts/100 Plays (#19)

eFG% 54.5 (#18), TOV% 13.8 (#12), ORB% 25.9 (#21), FTr 23.0 (#3)

https://youtu.be/76KnGC8dzlE (Öffnet in neuem Fenster)

Der Name "Garfunkel" lässt das Herz eines jeden audiophilen Musikfreund des älteren Semesters höher schlagen. An dieser Stelle geht es jedoch nicht um klassischen Folk Rock, sondern eine Variation des Spielzugs "Veer" (s. Brooklyn Nets und Phoenix Suns). Diese Aktion setzt sich normalerweise aus einem On-Ball-Screen sowie einen Pindown-Block zusammen, die von dem gleichen Spieler direkt hintereinander gesetzt werden. Wenn der On-Ball-Screen in erster Instanz jedoch nur "geslippt" beziehungsweise angetäuscht wird (Synonym: Ghost-Screen), hat sich für diese Veer-Variation der Name "Garfunkel" eingebürgert. Die Lakers um LeBron James und Austin Reaves sind diese Aktion gegen die Hornets gelaufen. Der Vorteil von einem "Ghost-Screen" ist, dass die gängigen Pick'n'Roll-Verteidigungsarten ausgekontert werden und die Defensive auf dem sprichwörtlichen falschen Fuß erschwischt wird. Für den anschließenden Pindown-Screen von "LBJ" für Reaves ergibt sich dadurch auch sehr viel Raum um den Highpost herum, den Reaves bei seinem Curl um den Block von James nutzt und den Ball zugespielt bekommt. Die Screen-Navigation von LaMelo Ball ist in diesem Fall selbstredend ein Verbrechen an der (Basketball-)Menschheit und bedarf keiner weiteren Worte...

Memphis Grizzlies: Ram Spain Leak

116.2 PTS/100 Poss. (#11) und 96.9 Pts/100 Plays (#22)

eFG% 54.4 (#19), TOV% 13.1 (#6), ORB% 29.1 (#5), FTr 19.3 (#25)

https://youtu.be/7NWycNuBXGo (Öffnet in neuem Fenster)

Eine Aktion, die man in der NBA seit einigen Jahren in schöner Regelmäßigkeit sieht, sind Ram-Screens. Damit sind Off-Ball-Blöcke gemeint, die für einen Spieler gestellt werden, der danach selbst einen On-Ball-Screen setzt. Die Memphis Grizzlies greifen häufig auf diese Screening-Aktion zurück, um die High-Pick'n'Roll-Spielzüge mit Ja Morant vorzubereiten. Denn die Ram-Screens birgen für die Defensive den großen Nachteil, dass sich der designierte Big-Verteidiger des anstehenden Pick'n'Rolls erst um einen Pindown-Screen herum kämpfen muss und somit bei der Pick'n'Roll-Aktion etwas verspätet dran ist. Vor allem für aggressive PnR-Verteidigungsarten wie Blitzing-Schemes (Doppeln des Dribblers) oder "Hard Hedges", bei denen der verteidigende Big Man in den Weg des Ballhandlers hervortritt, sind nach Ram-Screens kaum möglich. Bei unserer Grizzlies-Szene stellt Desmond Bane einen solchen Block für Xavier Tillman, der wiederum dann zu Morant cuttet, um für ihn einen direkten Screen zu stellen. Da die Timberwolves das Pick'n'Roll ohnehin mit einer tiefen Drop-Defense von Gobert verteidigen möchten, fällt es gar nicht auf, dass Bane in diesem Spielzug nach seinem Pindown-Screen sogar noch einen Back-Screen am Rücken des Verteidigers von Tillman stellen will (Synonym: Spain-Pick'n'Roll). Stattdessen cuttet Bane nun durch den freien Raum am Highpost hoch zur Dreierlinie, wo er gegebenenfalls den Ball von Morant zugespielt bekommt und den freien Distanzwurf nehmen kann. Der Grizzlies-Ballhandler setzt in unserer Szene aber zu einem Hostage-Dribble an, um seinen Gegenspieler (McDaniels) auf den Rücken zu nehmen und wartet geduldig ab, bis sich das korrekte Passfenster öffnet, um den abrollenden "XT" zu bedienen.

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