Ein familienfreundliches Elden Ring!?
Hi! Dennis von Indie Fresse hier.
Zwischen unseren Podcast-Folgen gibt’s kluge Gedanken zu schönen Spielen in eurem Postfach.
Heute schreibe ich euch während einer sechstündigen Zugfahrt — schauen wir mal wie gut das klappt, wenn ich mit mehr so semifunktionalem ICE-WiFi über Dark Souls mit Krabben und Dark Souls mit…naja…es sind schon so Menschen? Aber es ist weird. Auf jeden Fall geht’s um No Rest for the Wicked.
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Ein schönes (!) Spiel: Another Crab’s Treasure
Ich glaube, ich habe lange nicht mehr ein Spiel gesehen, dass auf den ersten Blick so falsche Erwartungen erzeugt wie Another Crab’s Treasure (Steam/Switch/PS5/Xbox X/S und Gamepass).
Held Kril ist ein knuffiger Einsiedlerkrebs in 3D-Comic-Optik. Die Welt ist schön bunt. Klar: Das hier ist doch ein 3D-Plattformer aus der PS One/Nintendo 64-Ära. Super Mario 64, Spyro, sowas halt.
Falsch.
Another Crab’s Treasure ist Dark Souls mit Krabben. Es ist Unterwasser-Elden-Ring, Krustentier-Sekiro und familienfreundliches Bloodborne.
Ich bin total fasziniert. Weil:
Überraschung: Dieses Spiel ist bunt, freundlich, geradezu cartoonesk und damit so anders als eigentlich alle Soulslikes, die ich kenne.
Story: Keine Vaatividya-Lore-Erklärungen (Öffnet in neuem Fenster) nötig. Unser Krabbenheld sucht nach seinem gestohlenen Krabbenhaus in einer Unterseewelt, die von Mikroplastik verpestet wird.
Reduktion: Eine einzige Waffe (eine rostige Gabel); keine Rüstungs-Sets; keine Gewichts-Management; keine Ausdauerleiste für Attacken und Ausweichrollen; nur vier Attribute zum Aufleveln. Das klingt langweilig, ist es aber nicht, durch…
Einsiedlerkrebsigkeit: eine geniale Design-Idee. Wir suchen ständig neue Krabbenhäuser (Dosen, Bananenschalen, Kokosnüsse, PET-Flaschenkappen…), die alle unterschiedlich gut vor Angriffen schützen und neue Fähigkeiten freischalten. Mit dem Schnapsglas beschwöre ich Glasstacheln, mit der Limo-Dose schieße ich mit Blubberblasen.
Zugänglichkeit: Soulslikes sind hart. Another Crab’s Treasure ist keine Ausnahme. Wen das nervt, findet im Optionsmenü zahlreiche Einstellungen, um das Spiel einfacher zu machen. Unter anderem: Eine Pistole als Krabbenhaus, um sich einfach durchzuballern. Stark.
Ich bin mir nicht sicher, wie sehr komplette Souls-Anfänger*innen mit Another Crab’s Treasure klarkommen, aber es ist wahrscheinlich das zugänglichste und freundlichste Spiel, um auszuprobieren, ob das Genre überhaupt interessant.
Schon allein dafür verdient Entwickler-Team Aggro Crab (Öffnet in neuem Fenster) meinen Respekt. Naja. Und halt dafür einem Einsiedlerkrebs eine Schusswaffe zu geben.
Ein kluger (?) Gedanke: Vielleicht sollten Soulslike ja noch schwerer sein
Müssen Soulslikes schwierig sein? Ich weiß, ich weiß. Nicht schon wieder diese müßige Diskussion.
Aber: Ein Spiel hat mir diese Woche ein Rätsel aufgegeben: Müssen Soulslikes SO schwierig sein?
Oder anders: Ich habe No Rest for the Wicked gespielt. Ein Soulslike, das das den eh schon hohen Schwierigkeitsregler einfach auf 11 hochdreht.
Ein paar Beispiele:
Heil-Items sind limitiert: Geht mir ein bestimmtes Heilkraut aus, kann ich keine Heil-Gerichte mehr kochen und muss ohne Heilung durch Boss-Kämpfe durch.
Ausrüstung geht kaputt: Wer zu oft stirbt, verliert sein Zeug. Zum Reparieren wird Geld gebraucht. Kein Geld, keine Reparatur, keine Ausrüstung.
Kein Grind: Gegner respawnen nicht nach dem Tod der Spielfigur. Also ist es nicht möglich, an schwachen Gegnern zu leveln bis man stark genug für den Boss ist.
Das Ergebnis ist ein Spiel, das für sehr spezielle Menschen gemacht zu sein scheint.
Sickos wie mich.
Sickos, die sogar das bizarre Charakter-Design irgendwie cool finden.
Ehrlich: Ich finde No Rest for the Wicked ziemlich gut. Klar, Another Crab’s Treasure ist total knuffig, zugänglich, es verlangt nicht die Lektüre von Wikis und Reddit-Diskussionen über die besten Builds und Waffen, aber…
…das ist halt schon ein bisschen cool. Ja, No Rest for the Wicked ist einfach nur brutal. Aber diese Schwierigkeit ist es, die bei mir ein ganz bestimmtes Belohnungszentrum aktiviert. Es ist ein Spiel, über das ich nachdenke, auch wenn ich es nicht spiele. Weil ich es meistern möchte. Weil es mich herausfordert. Und weil es durch erstmal überfordernd viele Waffen, Optionen, Attribute, Ressourcen eine Tiefe suggeriert, in der man stundenlang aufgehen kann.
Ist das vielleicht die Essenz eines Soulslikes? Viel mehr noch als Burgen, Schwerter, Flüche, Seuchen, Gift-Sümpfe und gigantische Bosse (hat Another Crab’s Treasure nämlich auch alles), ist es vielleicht die Fülle an Optionen und die Feindseligkeit der Welt, die (zumindest für mich) eine Soulslike-Erfahrung ausmacht.
Und gleichzeitig sehe ich ja total ein, dass das einfach feindseliges Design ist, dass zahlreiche Menschen davon abhält, diese Art Spiel überhaupt anzufassen.
Tatsächlich lässt sich an No Rest for the Wicked gerade sehr gut beobachten, wie dieses Design-Prinzip an seine Grenzen gebracht wird. Das Spiel ist im Early Access und bereits jetzt wurden mehrere Elemente entschärft und zugänglicher gemacht, weil sie die Spielenden schon jetzt SO sehr nerven.
Gleichzeitig bin ich der festen Überzeugung, dass ein komplett glattgeschliffenes, zugängliches No Rest for the Wicked mir persönlich ziemlich egal wäre.
Ich weiß doch auch nicht. Im Podcast reden Marcus und ich ja auch immer wieder über die richtige Schwierigkeit und vernünftige Optionen für Zugänglichkeit. Antwortet mir gerne auf diese Mail oder schreibt mir auf Mastodon (Öffnet in neuem Fenster), wenn ihr Gedanken zum Thema habt.
Ich hoffe auf jeden Fall, dass wir bald im Podcast über No Rest for the Wicked sprechen — und bin schon jetzt auf EXTREM lautes Fluchen von Marcus gefasst. Sorry, Marcus!
Schamlose Selbstpromo und anderes Zeug
Roll7, das Studio hinter den wunderbaren OlliOlli Games wird dichtgemacht. So ein Scheiß einfach (Öffnet in neuem Fenster).
IGN hat einen lesenswerten Artikel über die Bemühungen von Studios NICHT dichgemacht zu werden. Das Motto: Einfach Überleben bis 2025 (Öffnet in neuem Fenster). Ein Leben als Soulslike quasi.
Wenn ihr Indie Fresse interessant findet, dann gefällt euch vielleicht auch Breitband, der Tech- und Medien-Podcast (und Radiosendung) vom Deutschlandfunk Kultur. Aktuell haben wir an einer Art Soft Relaunch der Sendung gearbeitet. Podcastiger, gesprächiger, wir erzählen euch von unseren Recherchen. In der aktuellen Folge (Öffnet in neuem Fenster) geht’s um Internet-Unterseekabel und ich erzähle vom Kampf gegen KI-generierte Nacktbilder.