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Der Tag der alles veränderte

Wie ein Tag in Paris der Beginn eines neuen Lebens wurde

Die Sonne schien direkt auf das Bett und fiel auf meine Augenlieder. Wir waren gestern in Paris spät in Paris angekommen und ein Taxi hat uns in unser kleines aber feines Hotel, nahe dem Place Vendome gebracht. Heute sollte ich mich mit meinem Geschäftsfreund Francois treffen, um ein neues Projekt zu besprechen. Francois und ich kannten uns nun schon ein paar Jahre und aus der Geschäftsbeziehung war fast so etwas wie eine Freundschaft geworden.

Ich sprang unter die Dusche und war im Nu fertig für das Frühstück. Sanft weckte ich meine Frau und schlug ihr vor, sich das Frühstück aufs Zimmer bringen zu lassen. Sie wollte später ins Kaufhaus Printemps, ein wenig shoppen. Ich küsste sie und machte mich auf den Weg. Ich wollte mich mit Francois in der Nähe von Les Halles in einem kleinen Bistro treffen, wo wir ein Croissant essen und einen Kaffee trinken wollten, um den Arbeitstag zu beginnen. Auf dem Weg zum Bistro merkte ich ein leichtes Ziehen in meinem rechten Knie. Nicht stark, also schenkte ich dem keine weitere Beachtung.

Francois saß schon am Tisch als ich eintraf. Wir begrüßten uns wie zwei alte Freunde und bestellten uns unseren Kaffe und die Croissants. Zuerst tauschten wir die neuesten Nachrichten aus unseren Familien aus, dann begannen wir über das neue Projekt zu plaudern. Nach dem Frühstück begaben wir uns in Mietbüro in der Nähe, da Francois Firma weit draußen vor den Toren von Paris lag. Während des Weges zu diesem Mietbüro, wurde das Ziehen in meinem Knie stärker.

Gegen Mittag hatten wir einen großen Teil unseres Projektes umrissen und niedergeschrieben und wir machten uns auf den Weg ins Restaurant. Es war eines dieser typischen, klaustrophobisch engen Gaststuben, in denen der Kellner die Tische an der Wand vorziehen müssen, damit der Gast auf den hinteren Platz setzen kann. Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich Sardinenrilette als Vorspeise hatte und Steak Frites als Hauptgang. Aber so richtig genießen konnte ich das hervorragende Essen und den herrlichen Sancerre und Bordeaux leider nicht. Der Schmerz im Knie war nun nicht mehr zu leugnen und hatte an Intensität massiv zugenommen.

Nach einer weiteren Runde im Tagesbüro verabschiedeten wir uns und ich humpelte aus dem Bürogebäude und machte mich auf die Suche nach einem Taxi, was erfahrungsgemäß oft ein sehr schwieriges Unterfangen in Paris ist.

Als ich endlich im Hotel ankam, war der Schmerz unerträglich geworden. Meine Frau war schon von ihren Einkäufen zurück und forderte mich auf mich aufs Bett zu legen. Sie hat immer eine Reiseapotheke dabei in der sich auch immer eine Tube Voltaren Salbe befindet. Als sie das Knie sah, meinte sie trocken "hola, die Waldfee". Was hast Du denn mit Deinem Knie gemacht.". Ich konnte nun auch sehen, dass es ungefähr auf die doppelte Größe angeschwollen war. Die Schmerzen waren inzwischen kaum noch zu ertragen. Deshalb gab sie mir auch noch eine Dosis Paracetamol und forderte mich auf, das Bett nicht zu verlassen.

Wir hatten uns für den nächsten Tag vorgenommen unsere Lieblingsplätze in Paris zu besuchen und ein wenig durch das Quartier Latin zu schlendern. Daraus wurde leider nichts, denn das Knie war noch stärke angeschwollen und an schlendern war nicht mehr zu denken. Wir machten uns deshalb verfrüht auf die Rückreise.

Eine kleine, unspektakuläre Geschichte. Aber dieser Tag in Paris, veränderte mein Leben von Grund auf. Seit diesem ersten Ziehen im Knie, bin ich nie wieder einen Augenblick im weiteren Leben mehr ohne Schmerzen gewesen. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute und jede Sekunde! Nicht nur im rechten Knie, sondern über die Zeit an fast jedem Gelenk und jedem Muskelansatz meines Körpers. Und mit den Schmerzen kamen die anderen Folgen:

Bewegungseinschränkungen bis hin zum angewiesen sein auf einen Rollstuhl, den Verlust der Fähigkeit meinem eigentlichen Beruf nachzugehen, dem Verlust von Freunden und Familienangehörigen (waren sie das jemals wirklich?), die keine Lust haben sich auf die Bedürfnisse eines Behinderten einzustellen und plötzlich viele Gründe finden, den Kontakt abzubrechen, die eingeschränkte Freiheit zu reisen, Gebäude und Städte, die nicht für Rollstuhlfahrer gemacht sind etc. etc.

Aber auch, und das ist viel wichtiger: die Hilfsbereitschaft von Fremden, die Macht des eigenen Willens, die Fähigkeit den Schmerz mit seinem Geist zu kontrollieren, Freunde von denen man nicht wusste, dass sie wirklich gute Freunde sind, die Fähigkeit Hilfe anzunehmen, mein guter Freund der Rollstuhl, mein Bike und vor allem meine kleine, engste Familie, insbesondere meine Frau, die ihre Liebe zu mir jeden Tag aufs neue beweist.

Unter dem Strich sage ich, dass mein Leben sich eigentlich verbessert hat. Ja, ich hatte früher viel mehr Geld, ein hohes Ansehen und Erfolg im Beruf.

Aber heute weiß ich genau wer mich mag und liebt und wer nur in irgendeiner Weise von mir  profitiert hat. Wenn das keine Wende zum Guten ist, dann weiß ich nicht, was es sonst sein sollte.

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