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Der Trotzanfall

Oder lieber, wie überstehen wir gemeinsam den Wutausbruch? 

Er kommt, immer genau dann wenn man ihn nicht erwartet. Und ja, es gibt bereits Beiträge und Informationen ohne Ende darüber. Jeder versucht ausreichend Ratschläge und Anregungen zu geben, um die Situation so unbeschadet wie nur möglich zu überstehen. Weil, und nun sind wir einmal ganz ehrlich, wer kommt damit schon gut zu recht, wenn das eigene Kind mitten auf der Straße los schreit, dass die Anwohner sogar aus den Fenstern schauen?

Und wer kann bestreiten, dass er nicht selbst sogar guckt, ob man sehen kann, warum der Junge dort vorne im Bus nun einen ganz extremen Tobsuchtsanfall hat. Jeder von uns Eltern, ist entweder in der Situation das Geschrei irgendwie zu ertragen oder eben zu gucken, warum und wie schrill das Kind der anderen schreit. Egal in welcher Situation du bist, es gibt keine Reaktion, die die Situation nun irgendwie abmildert. Gehen wir die Situation doch einfach mal beispielhaft durch.

Dein Kind und du, ihr seid auf dem Weg zurück vom Spielplatz wo ihr euch mit einem Freund des Kindes getroffen habt. Dein Kind wollte eigentlich noch gar nicht gehen, aber durch überzeugen und klarstellen dass es nun eben zu spät zum bleiben ist, geht ihr dann doch recht friedlich. Mitten auf dem Weg fällt deinem Kind aber wieder ein, dass es ja eigentlich noch gar nicht vom Freund weg wollte, und schon nimmt die Situation seinen Lauf, die vermutlich durch die Müdigkeit, den Hunger, oder allgemeines Unwohlsein noch einmal deutlich schlimmer eskaliert als unbedingt notwendig. Du erklärst, gibst zur Antwort, und selbst wenn du nichts sagst, sondern die Laune einfach so annimmst und bestätigst, und sogar Verständnis zeigst – nichts hilft. Auch unabhängig in welchem Alter sich das Kind nun befindet, selbst uns Erwachsenen geht es bei Zeiten so, dass wir heulen, schreien und durchdrehen wollen, und können nicht einmal sagen warum das so ist. Und gerade in solchen akuten Situationen scheint es uns selbst oft ausweglos. Wir wissen gar nicht was wir tun können um uns selbst zu beruhigen. So, nun Frage ich mich, wie sollen wir dann erst Recht wissen, wie wir unser Kind beruhigen, was es hören möchte und was es nun eigentlich gerade braucht. Zum einen könnte hier natürlich die Gewaltfreie Kommunikation (nach M. Rosenberg) ein Mittel zur Hilfe sein, in dem man sich zum Kind begibt (sofern man selbst noch die Energie dafür hat, weil ja, für die GfK braucht es Übung (Übung, Übung!) und Geduld) und es direkt fragt „Was brauchst du jetzt gerade? Wie kann ich dir jetzt helfen?“. Ob das Kind nun auch eine konkrete Antwort formulieren wird und kann ist fraglich, mal klappt das, mal nicht. „Wenn es klappt, gut, und wenn nicht? Ja was kann man denn dann tun?“, fragst du dich gerade?

Hierzu möchte ich einfach mal folgende Fragen in den Raum stellen, auf die du für dich selbst absolut ehrlich antworten sollst.

Was stört dich an dem Verhalten deines Kindes gerade? Und warum?

Wie sehr beeinflusst dieser Wutausbruch die Liebe zu deinem Kind in genau diesem Moment? Und warum beeinflusst der Wutausbruch die Beziehung so sehr?

Was wäre für dich die ideale Vorstellung wie sich dein Kind nun verhalten sollte? Und wieso denkst du, sollte sich dein Kind exakt so verhalten, wie du es dir vorstellst?

Was wäre das schlimmste für dich, was jetzt noch passieren könnte? Und was genau hast du davon, welchen Zweck hat es für dich, dich selbst so sehr aufzuregen, dass du die Wut deines Kindes übernimmst?

Diese Fragen sind ernst gemeint. Beantworte sie dir jetzt, während du dir die Situation mit deinem Kind, das gerade einen der schlimmsten Wutausbrüche erlebt, die du selbst je gesehen hast, vorstellt. Versuche es dir so real und echt wie möglich vorzustellen, lass die Wut auf die Wut deines Kindes in der hoch kochen. Spüre nach, wie sehr es gerade klopft und du in der akuten Situation ausflippen möchtest. Spürst du wie sehr du immer mehr den Drang verspürst einfach zurück zu brüllen? Und jetzt STOP – Beantworte für dich selbst, vielleicht sogar schriftlich auf Papier oder ins Handy, die Fragen und die jeweiligen Warum`s so akkurat und vor allem so ehrlich wie möglich.

Ist es nicht so, dass dein Kind eigentlich gar kein Problem für dich darstellt? Dass du es genau so bedingungslos liebst, ob wütend, traurig, lachend, ausgeglichen oder aufgedreht? Ist es nicht so, dass das Problem in dir verankert ist und du nur ungern zu gibst, deine innere Haltung zu überdenken statt deinem Kind die Verantwortung für dein aktuelles Befinden zu geben? Ja ich weiß, den Spiegel vorgehalten zu bekommen ist unbequem und kann weh tun! Und ich finde es noch viel unangenehmer mir selbst den Spiegel vor zu halten und zu reflektieren. Aber nur das ehrliche mit uns selbst mal vor den Spiegel treten ermöglicht uns echte Veränderung, Weiterentwicklung und macht uns zu einfühlsameren Eltern.

Welcher Auslöser nun auch dahinter steht, der uns die Wutausbrüche unserer Kinder so sehr an den Rand der Verzweiflung treiben kann, manchmal mehr, manchmal weniger – ein erster Schritt in die richtige Richtung ist es, zu akzeptieren und anzunehmen, dass dein Kind nicht das Problem verursacht. Das Problem sitzt in dir, sei wütend auf dich, dass du dich selbst gerade nicht verstehst. Sage das auch deinem Kind, das ist so herrlich authentisch und gibt deinem Kind genau das richtige Gefühl. „Ich werd grade so wütend! Genau so wie du, und es ist so blöd! Ich weiß gar nicht warum! Mich nervt das heim gehen und überhaupt alles auch gerade total!“ Es ist gut so wie es ist, egal ob glücklich oder wütend. Und du bist sauer auf dich, weil es dich überfordert und nicht auf dein Kind, das ja nur seinen Gefühlen freien Lauf lässt (was im übrigen genau so richtig ist!). Was ich hier auch oft in der Beratung sage „Du würdest im Leben nicht auf die Idee kommen, deinem Kind das Lachen und die Freude über etwas zu verbieten, warum also die Wut, das Weinen und den Frust?“

Schau doch gerne mal auf meiner Seite Herzkomplizen Coaching (Öffnet in neuem Fenster) vorbei, um einmal für dich eine Einzel- oder Familienberatung mit mir zu vereinbaren.

Vielleicht trampelt ihr gemeinsam auf den Boden und schimpft vor euch hin. Dein Kind, weil es nicht nach Hause will und du, weil du nicht verstehst warum dich der Wutanfall nun so aus der Reihe zu bringen scheint. Frag dich immer wieder, wo genau der Ursprung deiner eigenen Wut in akuten Situationen liegt. Hast du das einmal, wirklich, für dich erkannt, sollte es dir so viel leichter fallen, die Wut deines Kindes einfach anzunehmen und zu akzeptieren. Und vielleicht könnt ihr dann auch gemeinsam über eure Wut lachen, euch mit lauten Tieren vergleichen und Brüllen wie die Löwen und trampeln wie die Elefanten, und schon ist der ganze Ärger hoffentlich bald vergessen.

Quelle Foto 

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