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Liebe Leser:innen,

Als erste nicht-binäre Person wurde Owen Hurcum diese Woche im walisischen Städtchen Bangor ins Bürgermeister:innen-Amt gewählt. Und das mit 22 Jahren, von denen Hurcum auch schon vier Jahre im Stadtrat saß.

https://twitter.com/OwenJHurcum/status/1391824181696909317?s=20 (Öffnet in neuem Fenster)

Verständlich, dass es in Großbritannien grad Schlagzeilen zu dieser Doppel-Premiere gibt. Schade, dass die BBC sich dabei für eine Headline entschied, die missbräuchliche Muster repliziert und auf diese Weise fortschreibt: Hurcum sei an „Missbrauch gewöhnt“ (Öffnet in neuem Fenster). Warum man das extra betonen muss, ist mir ein Rätsel.

Zwar zitiert die BBC Hurcum in der Headline, aber trotzdem ist sie damit unglücklich formuliert. Mag ja sein, dass das Medium damit darauf hinweisen will, dass Hurcum in der Vergangenheit als nicht-binäre Person angefeindet wurde. Tatsächlich erschien erst im März unter einem Tweet des Gemeinderatsmitglieds eine schwere sexistische Beleidigung. Die wurde vom Account einer Grundschule (!) gesendet, in der Folge wurde eine Untersuchung eingeleitet.

Auch wenn es wichtig ist, Diskriminierung und Hass anzuprangern, am Ende normalisiert die BBC-Headline letztlich den öffentlichen Hass. Es entsteht beinahe der Eindruck: Hurcum ist dran gewöhnt, dann ist es ja nicht so schlimm. Sorry, BBC, die Headline ist einfach blöd.

Normalisieren sollten wir stattdessen nicht-binäre Lebenswelten. In der zum Beispiel 22-Jährige Bürgermeister:in werden können. Hurcum wuchs im Londoner Vorort Harrow auf, kam zum Studium in die walisische Stadt Bangor und verliebte sich regelrecht in Wales. In Bangor begann das Engagement für den Stadtrat, die Kolleg:innen akzeptierten Hurcum ohne Probleme: „Jede:r einzelne war extrem unterstützend, und der frühere Bürgermeister rief mich an als er sah, dass ich Online-Hass ausgesetzt war und sagte, dass er für mich da sei. (Öffnet in neuem Fenster)

Hurcums Ziele im neuen Amt: „Ich will meine Amtszeit dafür nutzen, um Bangor so sehr ich kann zu bewerben, Investment und Interesse zu schüren und die multikulturelle Community zu feiern, die unsere Stadt so großartig macht.“

 Viel Erfolg dabei, Mayor Hurcum!

https://twitter.com/OwenJHurcum/status/1392100117063389184?s=20 (Öffnet in neuem Fenster)

Noch zwei Hinweise in eigener Sache: Nach dem letzten Newsletter erreichte mich der Hinweis, dass es um die Schreibweise Frauen* eine Debatte gibt. Der Stern schreibe zum Beispiel trans Frauen einen Sonderstatus zu, anstatt sie einfach auch als Frauen anzusprechen. Ich kann dieses Argument nachvollziehen und schreibe deshalb künftig Frauen ohne * und meine damit alle Personen, die sich selbst weiblich lesen.

Zur Inklusion bessere ich auch bei der Bezeichnung FLINTA nach und spreche künftig von FINTA. Das L in FLINTA meint lesbische Personen, gibt aber keinen Raum für z.B. bi- oder asexuelle Menschen. Deshalb gibt es also auch hier ein Feintuning.

Warum ich das explizit erwähne: Ich bin dankbar für eure Meldungen. Ich sehe den Newsletter auch als Forum für einen Austausch, in dem wir alle unsere Perspektiven erweitern, dazulernen und dort nachbessern, wo es nötig ist. Deshalb schickt mir Fragen, Anregungen oder Wünsche gern an feedback@herstorypod.de (Öffnet in neuem Fenster). Ich freu mich auf den Austausch!

Viel Spaß beim Lesen,

Jasmin

Enttäuscht von der Kirche: Wie verhält sich eigentlich die katholische Kirche zum Feminismus? Gar nicht, lautet die einfache Antwort: Missliebige Themen werden von obersten Würdenträger:innen ignoriert und weggeschwiegen. Gläubige in Münster hatten 2019 genug und gründeten die Bewegung Maria 2.0: Anfangs taten sie aus Protest eine Woche lang keinen Schritt in eine Kirche, dann schrieben sie Papst Franziskus einen offenen Brief mit Reformvorschlägen – auf eine Antwort warten sie bis heute. Dieses Jahr schlugen sie Thesen an Kirchtentüren. Trotzdem bezweifeln sie, dass sich die Kirche reformiert. (taz (Öffnet in neuem Fenster))

Empört über Kollegen: Serap Güler verurteilte die Nominierung von Hans-Georg Maaßen zum CDU-Bundestagskandidaten Ende April mit den Worten: „Ihr habt echt den Knall nicht gehört!“. Damit kritisierte Güler die eigene Partei: Sie ist Integrationsstaatssekretärin in Nordrhein-Westfalen und Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Prompt kam Kritik zurück. Am Lautesten von – ja, genau – dem mandatslosen Friedrich Merz. Wie Güler zu Merz‘ Kritik steht, ob die CDU ein Rassismusproblem hat und warum sie AfD-Wähler nicht für die CDU zurückgewinnen will, erzählt sie im Interview. (Die Zeit (Öffnet in neuem Fenster))

Identität ohne Grenzen: Selbstbewusst, beinahe herausfordernd blickt das australische agender Model Olly Eley auf dem Cover der Juni-Ausgabe der britischen „Elle“. In einem Essay erzählt Eley davon, sich während der Pubertät im eigenen Körper nicht verankert  zu fühlen und welche Depression dieses Gefühl verursachte. Wie die erste lesbische Beziehung keinen Frieden brachte, sondern die Erkenntnis: Das Identitätsproblem hing nicht mit der Sexualität zusammen, sondern mit der Geschlechtszuweisung. Und wie ein Moment auf einer Party in Sydney einen Aha-Moment brachte. (Elle (Öffnet in neuem Fenster))

Museum für Internethass: Chinesische Feminist:innen sammelten mehr als 1000 Hasskommentare aus dem Internet und platzierten sie Ende April auf große rote Banner gedruckt auf einem Hügel in der chinesischen Wüste. Sie bezeichnen die Aktion als temporäres „Museum für Internethass“. Sie dient dazu, den zunehmenden Missbrauch sichtbar zu machen, der chinesischen Frauen im Internet entgegenschlägt. Der Hass richtet sich gegen Feminist:innen und gegen Aktivist:innen, die auf Missstände im Land hinweisen: „Every time nationalistic sentiment runs high, a woman is cyberbullied“. (The Guardian (Öffnet in neuem Fenster))

Gemeinsam protestieren, unterstützen, heilen: Der 17. Mai ist International Day Against Homophobia, Transphobia and Biphobia(#IDAHOBIT). Diskriminierung gegen die LGBTQ+ Community ist weltweit noch immer Realität. UN Women stellt deshalb Aktivist:innen vor, die in El Salvador, Brasilien, Uganda, Ukraine, Thailand, Südasien, Nepal, Nahost und Nordafrika für Sichtbarkeit, Akzeptanz und Gleichberechtigung kämpfen. (Medium/UN Women (Öffnet in neuem Fenster))

Hör- und TV-Tipps:

🎧 Schwerwiegende Wahl: Wann sind sich Kinder und Jugendliche, die unter Geschlechtsidentitätsstörung (Genderdysphorie) leiden, wirklich sicher, dass sie ihr Geschlecht dauerhaft verändern wollen? Keira Bell begann in der Pubertät eine geschlechtsverändernde Behandlung, heute bereut sie den Schritt. Bell klagte gegen die behandelnde Klinik, weil sie sie zu schnell medizinisch statt psychologisch behandelte. Bell glaubt mittlerweile, Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsidentitätsstörung bräuchten nur eine Therapie, keine geschlechtsverändernde Behandlung – eine Meinung, die Expert:innen nicht mittragen. Ein Beitrag über das Dilemma für Eltern, Ärzt:innen und Patient:innen. (Acht Milliarden – Der Auslands-Podcast, Der Spiegel (Öffnet in neuem Fenster))

📺 Gefährdeter Rückzugsort: „The Troubles“ bezeichnet die Zeit des gewaltvollen Konflikts zwischen Katholik:innen und Protestant:innen in Nordirland. Der Jahrzehnte währende Konflikt hinterließ tiefe Traumata, politisch und wirtschaftlich ausgemergelte Städte und Dörfer. Von der Regierung alleingelassen, nahmen häusliche Gewalt und die Zahl der Selbsttötungen in der Region zu. Das Windsor Women’s Center in Belfast bietet Frauen einen Anlaufpunkt: Es übernimmt Kinderbetreuung, hilft Müttern und Frauen mit mentalen Problemen, hält Sprachkurse für Einwanderinnen und Treffen für Seniorinnen. Das Zentrum ist ein wichtiger Anlaufpunkt in Belfast – und muss doch jedes Jahr ums Überleben kämpfen. (The Guardian (Öffnet in neuem Fenster))

📺 Gefährdete Lebensgrundlage: Hilda Flavia Nakabuye ist eine ugandische Aktivistin der „Fridays for Future“-Bewegung. Sie kämpft gegen die Klimakrise in ihrem Staat. Nakabuye sorgt sich besonders um Afrikas größten See, den Viktoriasee. Der könnte Studien zufolge in den nächsten 100 Jahren austrocknen. Die Menschen in den drei Staaten, die an den See grenzen, würden damit ihre Lebensgrundlage verlieren. Doch sie tragen durch Verschmutzung mit Plastik und Überfischung auch selbst zu den Klimaproblemen bei. Ein Beitrag über Nakabuyes Engagement und die Herausforderung, Fischer:innen am Viktoriasee zum Umdenken zu bringen. (Arte (Öffnet in neuem Fenster))

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