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Ohne Mampf kein Kampf

„Du hast wirklich Glück“, sagte meine Oma einst und blickte dabei in Richtung meines Triathlon-Mannes, der gerade in ihrem Garten fleißig Laub harkte. Wohlgemerkt schon seit über einer Stunde. Laub harken gehört offensichtlich zu den stumpfen Aufgaben.

„Ja sie hat wirklich Glück und dann kauft er ja auch immer ein und kocht.“, setzte meine Mutter noch einen drauf. Ich bin wirklich eine schreckliche Ehefrau, bei mir gibt es kein Fleisch und nur Blätter, der arme Mann. So ein Spruch fehlte jetzt noch. Dass er das auch macht, damit er nicht ewig das gleiche Gelaber hören muss, daran dachten die beiden nicht.

„Er hat auch Glück mit mir“, setzte ich nach und bin ein bisschen zu laut. Sogar Omas neuer Gärtner, also mein Mann in dem Fall, drehte sich um und grinste süß. Wahrscheinlich hat er mich gehört. Aber ich komme langsam in Fahrt und bin wütend: „Wisst ihr so viel wie Robi isst, kann ja kein Mensch einkaufen. Das muss man erst mal ran schleppen und diejenige bin garantiert nicht ich.“, teile ich meiner Oma empört mit. Aber statt sich auf meine Seite zu schlagen, lachte sie nur ihr zahnloses Omi-Lächeln und tätschelte mir mitleidig den Schenkel. „Nun reg dich nicht auf mein Kind.“

Rouladen für den Schwieger-Enkel

Kein normaler Mensch kann so viel essen wie ein Ausdauersportler. Meine Oma richtete doch tatsächlich ihre Geburtstagsfeiern nach meinem drahtigen Triathlon-Mann (Öffnet in neuem Fenster) aus. „Damit er mal wieder was auf die Rippen kriegt, der Arme. Du mit deinem Kein-Fleisch-Essen-Wahn,“ sagte sie und schüttelte dabei wissend den Kopf. „Der wird dir noch weglaufen.“ Der eigentliche Grund aber war, dass keiner beim Essen so glücklich aussieht wie mein Mann. Keiner isst bis zum Schluss alle Klöße auf und tunkt noch Brot (Öffnet in neuem Fenster) in die Soße, bis wirklich nichts mehr übrig ist.

Die ganze Familie richtet sich nach meinem Mann, damit er endlich mal satt wird. Und wer an diesem Tag doch nicht zu Omas Feier konnte und darauf hoffte, dass ihm etwas mitgebracht wurde, keine Chance. Nix da. Nicht mit meinem Mann. Er isst alles oder bekommt es eingepackt. Niemand sonst hat es verdient, so viel Essen abzukriegen.

Meine Oma hat sogar meiner Mutter Rouladen mitgegeben, für ihren Schwiegersohn. Als Oma starb (Öffnet in neuem Fenster), war ich mir fast sicher, dass mein Mann den Inhalt der Tiefkühltruhe erbt.

Mit Frühstück verführt

Aber wisst ihr, es gibt auch etwas wirklich Fantastisches an so einem gefräßigen Feinschmecker-Mann: Das Frühstück. Er ist der Frühstücker. Wir sind die Frühstücker. Mit seiner Liebe zum Frühstück hat er mich rumgekriegt. Ich traf ihn in einer Zeit, als ich Liebeskummer hatte und vor lauter Herzschmerz nicht essen konnte. Nach unserer ersten gemeinsamen Nacht präsentierte er mir ein Frühstück, dass sich gewaschen hatte. Früh um 6.30 Uhr gab es frische Bäcker-Brötchen, Kaffee mit Milchschaum und allem, was das Herz begehrt.

Auf einmal hatte ich Appetit und aß, als würde ich nie wieder etwas bekommen. „Ohne Mampf kein Kampf“, pflegt er zu sagen. Ich fühlte mich wie seine Prinzessin. Ich setzte mich an seinen Tisch und blieb bis heute. Und noch immer bereitet Robi das beste Frühstück der Welt. Sein Frühstück überzeugte sogar meine Freundinnen. An manchen Tagen fährt mein Mann drei Bäckereien ab, nur damit wir alle bekommen, was wir am Liebsten essen. Für unsere Tochter Splitterbrötchen, für mich dunkle Brötchen mit vielen Körnern und alles andere für ihn selbst. Unser Wochenend-Frühstück ist eher eine Tagesveranstaltung und das Beste, was mir je passiert ist. Und dann denke ich wieder an Omas Worte, welch Glück ich doch habe.

Bleibt hungrig und stets: leicht&lebendig.

Eure Heli

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