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Kann Nachhaltigkeit ein Produktnachteil sein?

Hilft es einem Produkt, wenn es als nachhaltig deklariert wird? Einfache Antwort: Es kommt darauf an. Auf die Produktkategorie und die Zielgruppe.

Prof. Dr. Michael Fretschner und Jan Dreyer von der Nordakademie Hochschule der Wirtschaft haben in einer repräsentativen Studie untersucht, wie sich Nachhaltigkeit in der Markenkommunikation von Putzmitteln auswirkt. Gerade bei diesen Produkten schlägt der häufig Sustainability Liability Effect zu. Also Umstand, dass Nachhaltigkeit als Nachteil wahrgenommen wird: Nachhaltiges Putzmittel halten viele Verbraucher:innen als nicht so wirkungsvoll.

Die Studie der beiden Wirtschaftswissenschaftler zeigt nun, dass es unter Umständen ein Vorteil sein kann, Nachhaltigkeit zu kommunizieren. Sie untersuchten mit Hilfe einer repräsentativen Stichprobe drei Branding-Strategien für einen fiktiven Allzweckreiniger – allein gemeinsam war, dass sie damit warben, 99 Prozent aller Bakterien zu entfernen:

➡️Mit produktbezogenen Nachhaltigkeitsbotschaften: Öko-Label mit der Aussage „100 % natürliche Inhaltsstoffe“.

➡️ Mit markenbezogene Nachhaltigkeitsaussagen: Öko-Label, das auf die Marke abzielt, als Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2023“.

➡️ Mit einer Kombination aus den beiden anderen Strategien und mit beiden Öko-Labeln auf der Packung.

➡️ Darüber hinaus gab es eine Kontrollgruppe, die das Produkt ohne Label vorgesetzt bekam.

Und welche Strategie wirkte am glaubwürdigsten? Auch hier: Es kommt darauf an.

Boomer: Bei ihnen gilt „viel hilft viel“. Für sie bietet die Doppelstrategie von produktbezogenen und Markenbezogenen Nachhaltigkeitsaussagen die größte Entscheidungssicherheit.

Millennials und die Gen Z: Sie sind skeptisch gegenüber großen Versprechungen, bei ihnen gilt „weniger ist mehr“.

Die Stichprobe war repräsentativ, aber klein (200 Proband:innen). Aber sie zeigt: Einfach ist das nicht mit dem Nachhaltigkeits-Marketing. Und natürlich profitieren andere Produktkategorien stärker von einem nachhaltigen Image: Lebensmittel, Kleidung oder Mobilität. Aber wenn alle irgendwie nachhaltig sind, ist das kein Kriterium mehr, das differenzierend wirkt.

Entlastung durch Marken

Daneben gibt es einen Effekt, auf den mich Stefan Lohmeier hingewiesen hat (wie cool ist das denn, dass dieser Newsletter zur Plattform für Austausch wird!): Verbraucher:innen wünschen sich Entlastung. Alle wissen ja, dass sich etwas tun muss, aber die schmerzhaften Verhaltensveränderungen im Alltag nehmen die wenigsten auf sich. Oder nur in Teilen. Hier können Marken entlasten, die umweltfreundlichere Alternativen darstellen und ein gutes Gewissen transportieren. (Auch wenn noch viel, viel mehr passieren muss).

Zahlen dazu:

📊 91 Prozent der Befragten in einer Studie des Umweltministeriums (Öffnet in neuem Fenster)unterstützen das Ziel, die deutsche Wirtschaft umwelt- und klimafreundlichen umzubauen.

📊 Aber rund 40 Prozent haben Angst vor einem sozialen Abstieg aufgrund dieses Umbaus.

📊 Drei Viertel haben Angst, dass die ökologische Transformation die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland vergrößert.

Nachhaltige Konsumentscheidungen

Gleichzeitig gibt es einen Teil der Verbraucher:innen, die gezielt nachhaltige Produkte kaufen.

📊 In der aktuellen "Guide to Next"-Studie von Publicis Sapient (Öffnet in neuem Fenster) sind es 18 Prozent der befragten Frauen und 15 Prozent der Männer, die sich oft oder immer für Produkte entscheiden, weil sie nachhaltig sind. Die unentschiedene Mitte liegt bei 44 (Frauen) bzw. 38 (Männer) Prozent. In einer ähnlichen Größenordnung liegen die Zahlen derjenigen, die gar nicht nachhaltig einkaufen. Da gibt es also noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten.

📊 Argumente dafür, Produkte als nachhaltig zu vermarkten, liefert der Sustainable Market Share IndexTM 2022 (Öffnet in neuem Fenster). Diese Zahlen zeigen, dass Produkte, die als nachhaltig vermarktet werden, für fast ein Drittel des Wachstums von Konsumgütern (CPGs) von 2013 bis 2022 verantwortlich sind. Mit weiterem Wachstum der Marktanteile. Demnach wachsen Produkte, die als nachhaltig vermarktet wurden, doppelt so schnell wie konventionelle Produkte.

Und das ist nur ein Teil der komplexen Antwort auf die einfache Frage: Ist Nachhaltigkeit ein Produktnachteil?

 

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 Links der Woche:

Greenwashing

Das Meinungsforschungsinstitut Marketagent Marketingprofessionals in Österreich zum Thema Nachhaltigkeitsmarketing befragt. Die Hälfte Befragten wirft den 500 größten Unternehmen in Österreich Greenwashing in der ein oder anderen Farbschattierung vor. Sie wissen, wovon sie sprechen: Ein Viertel der befragten Personen war selbst involviert im Greenwashing.

https://www.derstandard.de/story/3000000197577/marketingfachleute-sehen-in-haelfte-der-grossunternehmen-greenwashing?utm_source=flipboard&utm_content=FrauMozart%2Fmagazine%2FGreen+Marketing+ (Öffnet in neuem Fenster)

Vaude

In der aktuellen Folge des Vaude-Podcasts kommt der Head of Marketing Marketing, Manfred Meindl zu Wort und spricht über New Work bei der Ourdoor-Marke:

https://open.spotify.com/episode/5wEas0QJ4tLmEghl9q1JIb?si=KmIGDvX2QEmdHg8OnE0BVA&nd=1&dlsi=98abecb1665f4e90 (Öffnet in neuem Fenster)

Optimismus

Der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix wächst exponenziell. Wer Good News braucht, wird hier fündig:

https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2023-12/fortschritt-klimaschutz-optimismus-emissionen-klimagipfel (Öffnet in neuem Fenster)

Markenpurpose

Batten & Company hat in einer Studie ermittelt, unter welchen Umständen ein Markenpurpose bei deutschen Konsumenten Wert stiftet.

https://www.batten-company.com/news/weit-mehr-als-nur-greenwashing-das-geheimnis-eines-erfolgreichen-markenpurpose/ (Öffnet in neuem Fenster)

Drama Klimaschutz

Gehaltvolle Doku, warum es mit der Nachhaltigkeit so schwierig ist. Spoiler: Es macht zu wenig Spaß!

https://www.ardmediathek.de/video/ard-wissen/drama-klimaschutz-warum-wissenschaft-und-proteste-scheitern/das-erste/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MTA2MC8yMDIzMTIwNDIyNTAvc29uZGVyc2VuZHVuZy1tZHItaW0tZXJzdGVuLTEyNA (Öffnet in neuem Fenster)

Patagonia

Älterer Artikel, der jetzt free online ist:

https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2017/marketing/patagonia-profit-unter-protest?utm_source=linkedin&utm_medium=post&utm_campaign=kollektion_ideen&utm_content=Patagonia_zitat_planet (Öffnet in neuem Fenster)

Wie nachhaltig sind Luxusmarken?

Analysten-Sicht auf die Nachhaltigkeit von Luxusmarken:

https://www.private-banking-magazin.de/portfolio-esg-so-nachhaltig-sind-gucci-luis-vuitton-und-co/ (Öffnet in neuem Fenster)

Wie können grüne Technologien skaliert werden

Kann Technik uns retten? Im Podcast von McKinsey geht es um Klimatechnologien.

https://open.spotify.com/episode/6XESo9zQqqanfFWC0eyeHg (Öffnet in neuem Fenster)

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